Viele Bankkonten von Bauernpaaren lauten auf den Ehemann. Meist hat die Bäuerin die Vollmacht. So lange nichts passiert, sprich kein Todesfall eintritt, ist das kein Problem. Stirbt aber der Landwirt, wird es schwierig. In Diskussionen ist oft zu hören: «Meine Frau hat ja die Vollmacht, da kann sie doch über das Konto verfügen und Geld abheben, wenn es nötig ist.» Ja, so lange der Vollmachtgeber am Leben ist. Stirbt er, sieht die Situation – mindestens vorübergehend – anders aus.
Nennen wir die Bäuerin Barbara. Vor drei Jahren verlor sie ihren Mann. Sie erzählt: «Beim Laden einer Kuh erlitt er einen Herzinfarkt. Einfach so. Ohne Vorankündigung. Es war nie ein Thema, dass sein Herz geschädigt war.» Barbara und Othmar hatten sich sehr geliebt. «Für mich und die Kinder war es schlimm, dass von der Polizei zuerst noch abgeklärt werden musste, ob der Tod ohne Fremdeinwirkung eintrat. Natürlich war noch ein Viehhändler beim Aufladen dabei, aber das war doch ein uns bekannter, ehrlicher Mann. Schon dieses Misstrauen machte mir Mühe. Weiter traf es mich, als mir mitgeteilt wurde, dass zur Aufnahme des Inventars des Toten sowie zur Sicherung des Erbes «seine» Konten gesperrt werden. Ich verstand die Welt nicht mehr! Wir lebten im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung; ich verwaltete das Geld, machte die Buchhaltung und verfügte über alle Vollmachten – und konnte nun nicht über unser gemeinsames Geld verfügen.»
Die Bäuerin glaubte sich «im falschen Film» und fragte einen Juristen nach der Rechtslage. Er erklärte, dass es korrekt sei und die Behörde richtig reagiert habe. Der Bäuerin machte zu schaffen, dass mit der Sperrung der Konten Misstrauen gegenüber ihr suggeriert wurde. «Ich würde doch nie das Erbe unserer Kinder schmälern.» Auch wenn ihr das geglaubt wurde – die Konten wurden gesperrt, bis alle notwendigen Abklärungen getroffen waren. Das dauerte nicht nur Tage oder Wochen. Nein, es waren acht Monate.
Den Kindern die Zukunft offen lassen
Die nächsten Monate waren sehr schlimm für Barbara und ihre Kinder. «Der plötzliche Tod von Othmar rüttelte an uns, mir fehlte der Boden unter den Füssen. Ich vermisste meinen Mann sehr. Er fehlte mir überall. Dazu kamen die vielen betrieblichen Entscheidungen, die ich zu treffen hatte. Konnte ich den Betrieb allein weiterführen, bis unsere Kinder urteilsfähig waren und selber entscheiden konnten, ob sie den Betrieb dereinst übernehmen wollten?»
Barbara erzählt, dass dies eine der schwierigsten Entscheidungen in ihrem Leben gewesen sei. Sie tauschte sich mit der landwirtschaftlichen Beratung, mit ihrer Herkunftsfamilie, ihren Freunden aus. Irgendwann war ihr klar, dass sie den Betrieb verpachten musste. Sie sah keinen anderen Weg. «So versperrte ich meinen noch schulpflichtigen Kindern ihre Zukunft nicht.» Aus verschiedenen Gründen musste der Betrieb noch ein halbes Jahr mit Hilfe eines Angestellten geführt werden. Der Angestellte musste seinen Lohn haben, Rechnungen standen an. Und Barbara hätte gerne ein paar Weihnachtsgeschenke gekauft. «Aber unsere Bankkonten waren blockiert. Das war schrecklich.»
Mit der Bank konnte dann wenigstens abgemacht werden, dass die anfallenden Rechnungen bezahlt werden konnten. Jedes Mal sei sie sich jedoch dumm vorgekommen, wenn sie Rechnungen zur Zahlung hatte. «Es war für mich, wie wenn der Bankangestellte entschied, ob ich nun ein neues Paar Stallhosen benötigte oder nicht Das war entwürdigend.»
Das Thema Vorsorge muss besprochen werden
Die Erfahrung, die Barbara machte, kennen andere Bäuerinnen, die nicht über ein eigenes Konto verfügten und deren Mann starb, ebenfalls. Damit das nicht passiert, ist ein Konto nötig, das auf den eigenen Namen lautet. Empfehlenswert ist es, bei der Heirat mindestens ein Konto auf den eigenen Namen weiterlaufen zu lassen – und selbstverständlich darauf zu achten, dass mindestens «ein paar Tausend Franken» darauf sind.
So ist die Überbrückung sichergestellt, bis alle wichtigen Fragen geklärt und die gemeinsamen Konten wieder zugänglich sind. Bäuerinnen, die auf dem Hof mitarbeiten und Lohn beziehen, sollten den Lohn unbedingt auf ein Konto überwiesen bekommen, das auf ihren Namen lautet. Genau das Gleiche gilt, wenn eine Bäuerin selbständig AHV abrechnet: unbedingt ein eigenes Konto führen. Wenn die Bäuerin für die Mitarbeit auf dem Hof weder Lohn erhält noch selber AHV abrechnet, soll sie ebenfalls ein Konto anlegen, das auf ihren Namen lautet. Das hat nichts mit «Emanzentum» zu tun – es ist lediglich sinnvolle, ja zwingende Vorsorge für den Todesfall des Ehegatten.
Das Thema Vorsorge ist in vielen Familien ein Tabuthema. Aber: Niemand muss sterben, weil er vorgesorgt hat. Wenn die traurige und schlimme Situation aber eintritt, fallen einige Sorgen weg, wenn gut vorgesorgt wurde. Zur Vorsorge gehört neben einem eigenen Bankkonto beispielsweise auch, dass eine Risikoversicherung abgeschlossen wurde, die in dieser Situation Leistungen ausrichtet.
Agnes Schneider Wermelinger, Landw. Beratung Uri