Ohne Direktzahlungen kann kaum ein Bauer existieren. Da tut jede Kürzung weh. Dass aber, wie es im Aargau passiert ist, einem Betrieb gleich die ganzen Leistungen gestrichen werden, ist aussergewöhnlich. Grund für die 130 000-Franken-Sanktion war ein als unglaubwürdig beurteiltes Auslaufjournal für Rindvieh. Matthias Müller, Leiter der Aargauer Abteilung Landwirtschaft, bestätigt gegenüber der BauernZeitung einen entsprechenden
Hinweis. Es handle sich um einen krassen und sehr speziellen Ausnahmefall.

Auch in Bern und Waadt

Ein Einzelfall ist das aber nicht. So sind heuer etwa in den Kantonen Bern und Waadt je zwei Betrieben die gesamten Direktzahlungen gestrichen worden. Die höchste Sanktion lag bei 33 000 beziehungsweise 43 000 Franken und damit deutlich unter dem Aargauer Fall.

Im Kanton Luzern wiederum sind laut Franz Stadelmann vom kantonalen Landwirtschaftsamt Lawa keine Extremfälle von Sanktionen bekannt.

Aufgrund des krassen Aargauer Falls stellt sich die Frage, ob dieser auf das neue zentralisierte Sanktionsregime zurückzuführen ist. Seit 2015 wird mit dem neuen Anhang 8 der Direktzahlungsverordnung bestraft, zuvor arbeitete man mit einem Katalog der kantonalen Landwirtschaftsdirektorenkonferenz.

Das neue Regime hat gemäss übereinstimmenden Aussagen der Ämter zu keiner Zunahme
der Sanktionierungen geführt. Im Kanton Aargau wurden die Beiträge 2015 um 410 000 Franken gekürzt, knapp ein halbes Prozent und weniger als im Jahr zuvor. Insgesamt erhielten 2640 Betriebe rund 137 Mio Franken Direktzahlungen.

Im Kanton Bern wiederum erhielten heuer 2412 Betriebe Sanktionen im Umfang von
knapp 2,4 Mio Fr. und damit ebenfalls unter einem halben Prozent der Gesamtsumme. Das sind zwar rund 1000 Betriebe mehr als im Vorjahr, die Zunahme sei aber vor allem darauf zurückzuführen, «dass die Kontrollen erst im Jahr 2016 im vom Bund verlangten Umfang realisiert werden konnten», so Markus Richner, Leiter der Abteilung Direktzahlungen im Berner Amt.

Im Kanton Luzern bewegten sich die Kürzungen laut Stadelmann im Rahmen der Vorjahre.
Von den 4336 Direktzahlungsbetrieben mussten deren 550 Kürzungen im Umfang von total
437 000 Franken in Kauf nehmen,0,2 Prozent der Beiträge.

Politische Vorstösse geplant

Übereinstimmend wird auch festgestellt, dass die Gründe häufiger im Tierbereich liegen.
Hintergründe seien laut Matthias Müller häufig überforderte Betriebsleiter. «Die Verhältnismässigkeit sollte aber dennoch gewahrt werden», findet Müller.

Diese Meinung vertritt auch der Bauernverband Aargau. Der aktuelle Fall im Aargau werde
wohl zu politischen Vorstössen führen, ist für Geschäftsführer Ralf Bucher klar. Er plädiert dafür, die Direktzahlungsverordnung anzupassen. «Kontrollen und Sanktionen sollen sein, aber bitte vernünftig». Es könne doch nicht sein, dass wegen relativ geringen
Verstössen im Tierbereich oder konkret beim Auslauf, sämtliche Leistungen, auch die ökologischen, eines Betriebes gestrichen würden.

Josef Scherer, Adrian Krebs

Mehr zum Thema in der BauernZeitung vom 16. Dezember