Was gibt es schöneres als im Frühling den Pflanzen zuzuschauen wie diese sich entwickeln? Erst noch waren die Bäume "födliblott". Kein Laub, keine Blüten waren zu sehen. Und jetzt: saftiggrün leuchten die Laubbäume. Die Obstbäume erfreuen uns mit ihren Blüten und später, sofern sie nicht ob dem Frost zu Schaden gekommen sind – mit ihren Früchten. Ich kann mich nicht sattsehen, möchte amigs die Zeit kurz stoppen. Vor allem auch, wenn die Wiesen mit den goldgelben "Söiblumen" übersät sind. Es gibt ein Jodellied: "Wo de Herrgott eusi Wält hed gmacht, hed är druf Blueme gstreut...", das hat er doch gut gemacht, der Herrgott. Denn nebst dem "Veieli" welches im Lied besungen wird hat er noch andere Wunder vollbracht. So auch die Taubnessel. Heuer ist mir vor allem die Gelbe Taubnessel, auch Goldnessel (Lamium galeobdolon) genannt, aufgefallen. Haben sie diesen Lippenblüttler schon mal näher angeschaut?
Er ähnelt der Brennnessel, brennt aber nicht. Und eben, schauen sie sich mal die Blüte an. Unglaublich wie diese quirlförmig in den Achsen der oberen Blätter angereiht sind. Für die Bestäubung hat sich die Natur, oder eben der Herrgott, was ganz besonderes einfallen lassen: Holt die Biene den Nektar tief unten aus den Blüten, senkt sich das obere Blütenblatt, berührt die Biene und los geht’s mit der Bestäubung der anderen Blüten. Grandios!

"Welche Wirkung hat eigentlich die Taubnessel?", fragte ich mich und war so ziemlich erstaunt, was ich in den Büchern las. Kräuterpfarrer Johann Künzle schrieb über die weissen, rotgefleckten oder goldigen Blüten: Alle Sorten haben die Kraft zu kühlen, Fieber, innere Hitze und Brand zu stillen. Tee von den Blättern und Blüten ist daher heilsam bei Durchfall, Blasenentzündung, Blutfluss und Ruhr. Das Öl, ausgezogen von den Blüten, leistet bei Verbrennungen dieselbe Wirkung wie das Johannisöl. Und für ein wundersames Kühlmittel empfiehlt Künzle die Taubnesselgallerte: Eine handvoll Taubnessel (Blüte und Blätter) werden zwei Stunden lang gesotten. Durch langsames Abkühlen entsteht eine dicke Gallerte, die, glatt wie ein Aal, selbst dem Messerschnitt ausweicht. In der modernen Phytotherapie nutzt man die zusammenziehende, schleimlösende und stoffwechselanregende Wirkung der Taubnessel vor allem bei Husten und zum Gurgeln bei Entzündungen im Mund und auch bei Menstruationsbeschwerden.
Für den Wintervorrat sammle ich den oberen Teil der Pflanze (Blüte und Blätter) von April bis September und lasse diese an einem luftigen Plätzchen trocknen. Das tolle Pflänzchen mache übrigens auch das Herz fröhlich und wecke die Lebensgeister.

In diesem Sinne,
Eure Chrüterhäx aeriki