Mit lautem Getöse landet ein grosser Jet von Osten her auf dem Flughafen Kloten, gleich darauf startet einer mit noch mehr Lärm Richtung Norden. Auf dem Betrieb Sandbüel, an leicht erhöhter Lage und da­rum mit Sicht auf den Flugplatz ist es zum Glück nicht immer so lärmig. «Der Wind bestimmt die Lande- und Startbahn, je nachdem haben wir mehr oder weniger Lärm. Ausserdem gibts 
immer wieder Pausen im Flugverkehr. Dank der Lage geniessen wir oft imposante Sonnenauf- und -untergänge und hin und wieder wunderbare, perfekte Regenbogen», meint Bettina Burri, und blinzelt einer eben abgehobenen Maschine hinterher.

Haarige 
Zukunftspläne

Bettina Burri ist im Aargau auf einem Bauernhof aufgewachsen und hat nach der Schule Damen- und Herren-Coiffeur gelernt. «An der Abschlussprüfung musste ich auch einen Herrn rasieren, so richtig mit dem Messer», erinnert sie sich schmunzelnd. Später habe sie in einem Coiffeur­salon am Unispital gearbeitet und sich auf Zweithaare spezialisiert. «Unsere Kunden waren auch Patienten, nach Operationen im Haarbereich, während oder nach einer Chemotherapie. Diese Spezialisierung ist wenig bekannt, weil man heute gut gemachte Haarteile kaum mehr von eigenem Haar unterscheiden kann. Das ist kein Vergleich mit billigen Toupets oder Perücken, die verrutschen oder künstlich wirken und unprofessionell geschnitten sind», erklärt die Spezialistin.

Ursprünglich plante Bettina, irgendwann zu Hause einen kleinen Coiffeursalon aufzubauen. «Unterdessen habe ich meine Pläne geändert», verrät sie. Ins helle Zimmer im Erdgeschoss ist Flurina, die ältere Tochter, eingezogen. Sie kommt im Sommer in die erste Klasse, die 5-jährige Annina kommt dann im Kindergarten zu den Grossen. «Wenn Yannik in zwei Jahren in den Kindergarten kommt, ist es vielleicht Zeit für mich, in kleinen Schritten zu meinem Erstberuf zurückzukehren, vielleicht als Stör-Coiffeuse», erklärt sie.

Freundinnen fürs Leben

Vor 15 Jahren hat Bettina Burri die Bäuerinnenschule im Kloster Fahr besucht. «Das war eine sehr gute Zeit, ich habe viel gelernt und möchte diese Zeit nicht missen. Ich geniesse es sehr, dass ich den Kontakt zu meinen 23 Mitschülerinnen aus verschiedenen Regionen der Schweiz jedes Jahr an einem Treffen auffrischen kann. Wir profitieren viel von diesem Austausch unter uns Gleichgesinnten. Und wir dis­kutieren auch über die eigene Betriebswirtschaft und über ­umstrittene Bereiche der Agrarpolitik. Die Grundkenntnisse dazu haben wir uns im Fahr angeeignet.»

Vor etwa fünf Jahren haben Burris drei Offenfront-Stallbauten erstellt, daneben Wohnhaus, Werkstatt und Remisen-Gebäude. Mit den gegen Osten oder Westen geneigten Pultdächern  umgrenzen die Bauten den grosszügigen Hofplatz. Konzipiert war der Stall für Mutterkühe und Mastmuni. Unterdessen haben sie die Mutterkuhhaltung fast ganz aufgegeben, ein paar Simmentalerkühe und ein paar Hochlandrinder weiden an den steilen Hängen auf Extensivwiesen. In den Ställen werden auf 160 Plätzen Muni gemästet. Die Tiere werden als Fresser zugekauft. Mit der Umstellung steigt der Bedarf an Silomais. Nach sorgfältigem Abwägen habe Burris sich entschieden, Hochsilos aufzustellen. Den Ausschlag dazu gab unter anderem die grosse Anzahl Tauben und Krähen rund um den Betrieb und der Ärger über kaputte Siloballen und verschmutztes Futter.

Schwierige gesundheitliche Situation

Grund für die Betriebsumstellung war die verminderte Leistungsfähigkeit von Bettinas Mann, Felix. Vor eineinhalb Jahren erlitt er eine Hirnblutung und musste operiert werden. Nach dem Reha-Aufenthalt verschrieben die Ärzte starke Medikamente, die Nebenwirkungen schränkten die Lebensqualität stark ein. Unterdessen konnte er die Medikamente absetzen. «Jetzt ist er wieder so wie früher, aber davor war es schwierig. Weil er im Stall arbeitete, sah es aus, als sei alles wie vorher.» Die Situation war belastend für die Bäuerin, für die ganze Familie. «Yannik war 15 Monate alt, er hat wohl sehr da­runter gelitten, dass Papi in dieser Zeit so anders war und ich wegen der schwierigen Situation wenig Zeit für ihn hatte. Ich bin dankbar für die Hilfe und Unterstützung meiner Schwiegereltern», erzählt sie.    

Margreth Rinderknecht