Rita Mancini, Mentaltrainerin und Lebenscoach mit eigener Praxis in Bern, erklärt: «Mentale Stärke bedeutet, dass der Mensch sich – auch dann, wenn es darauf ankommt – an das erinnert, was er will.» Mittel zum Zweck ist das Mentaltraining. Der Mensch malt sich im Geiste aus, wie er in einer bestimmten Situation 
denken, fühlen und handeln will und macht sich dadurch ein Programm im Unterbewusstsein. Wie das Wort bereits sagt: Üben ist erforderlich. «Mentaltraining ist, wie die Küche zu putzen oder die Stallarbeit zu erledigen – eine einzige Durchführung reicht nicht aus. Die persönliche Entwicklung ist ein lebenslanges Projekt», so Rita Mancini.



Durch die Wiederholungen stärkt der Mensch seinen Glauben, dass er tatsächlich so handeln kann. Das Unterbewusstsein bemerkt keinen Unterschied zwischen reiner Vorstellung und echtem Tun. Gedanken und innere Bilder wirken sich zudem direkt auf den Körper aus: Wer morgens aufsteht und denkt, dass er einen stressigen Tag vor sich hat, wird sich anders fühlen als jemand, der bei demselben Tagesprogramm denkt, dass er es gut meistern wird.



Mit offenen Augen 
und Ohren ans Ziel

Der Fokus ist entscheidend, denn der Mensch sucht automatisch nach der Bestätigung seiner Überzeugungen. Wer seinen Angestellten als faul bezeichnet, sieht am Ende des Tages nur das, was nicht erledigt ist – wer seinen Angestellten hingegen als fleissig beschreibt, freut sich am Abend über die ausgeführten Arbeiten.



Die anvisierten Ziele können klein, aber auch gross sein, sei es ein entspanntes Gespräch mit der pubertierenden Tochter oder die Erweiterung des Hofs um einen neuen Betriebszweig. Wichtig ist dabei, dieses Vorhaben positiv zu formulieren, denn das Unterbewusstsein hört das Nein meistens nicht – ein Paradebeispiel dafür ist die Aufforderung, nicht an einen rosaroten Elefanten zu denken. Ausserdem sollte das Ziel in der Gegenwarts- und Ich-Form ausgedrückt werden, so, als hätte «ich» es bereits erreicht.



Die Menschen, die Rita Mancini aufsuchen, wünschen sich oft ein stärkeres Selbstvertrauen, mehr innere Ruhe oder Erfolg. Affirmationen dazu, sogenannte selbstbejahende Sätze, könnten folgendermassen lauten:

  • 
«Ich glaube an mich und an meine Fähigkeiten.»
  • 
«Ich kann meine Argumente ruhig einbringen und finde mit meinem Gesprächspartner eine für beide Seiten passende Lösung.»


Wenn sich eine Affirmation noch nicht ganz stimmig anfühlt, hilft es, den Ausdruck «immer mehr» einzubauen: Aus «Ich glaube an mich und an meine 
Fähigkeiten» wird dadurch «Ich glaube immer mehr an mich und an meine Fähigkeiten».
«Manche, vor allem grosse Ziele könnten als Spinnerei abgetan weden», räumt Rita Mancini ein, da funke der Verstand

dazwischen. «Nebst dem Kopf spielen die Gefühle eine entscheidende Rolle. Sind sie dabei, gibt es einen Weg», ist sie überzeugt. Wichtig sei, das Vorhaben hartnäckig zu verfolgen und im Alltag die Augen und Ohren offen zu halten für das, was einem begegne. Das Ziel sollte niemandem schaden, sondern zum Wohle aller beitragen.



Negative Gefühle 
nicht unterdrücken

Natürlich ist es nicht immer möglich, positiv zu denken. Manchmal bestimmen Wut, Trauer oder andere Gefühle den Gemütszustand. «Das Dümmste ist, zu denken, dass man nicht wütend sein darf – denn dadurch sabotiert man sich unnötig selbst», stellt Rita Mancini klar. Unterdrückte Gefühle seien wie eine verschleppte Grippe. Sie zuzulassen sei wichtig, und danach könne man zum positiven Denken zurückkehren.



Für Rita Mancini ist das Mentaltraining kein Allerheilmittel, aber ein Instrument wie beste Freunde, Sport, gesundes Essen oder erholsamer Schlaf. Mit all dem kann der Mensch sein Leben angenehmer und erfolgreicher gestalten.

Miryam Azer