Die siebenjährige Angelika ist ganz aufgeregt, sie möchte unbedingt mit ihrer Tracht aufs Foto für die Zeitung. Wenig später rückt Bernadette Hegglin ihrer Jüngsten die Bluse zurecht und knöpft das Hut-Band richtig an. Kurz darauf lächeln die beiden unter dem Vordach ihres Bauernhauses in die Kamera. Ihr Stolz auf das traditionelle Kleid ist beiden deutlich anzumerken.
Schulzeit in der Stadt
Dieses Gefühl drückt Bernadette Hegglin mit einem Zitat ihres Vaters aus: "Die Tracht ist das Kleid der Heimat." Sie findet es schön, dass man gleich sieht, woher jemand kommt und zeigt das auch selbst gerne. Als einzige von drei Schwestern – insgesamt wuchs sie mit sieben Geschwistern auf – wohnt die sechsfache Mutter noch im Kanton Zug. Der Gedanke, sich in die Stoffe eines anderen Kantons zu kleiden, scheint ihr befremdlich: "Ich weiss nicht, ob ich eine fremde Tracht tragen könnte."
Auf einem stadtnahen Bauernhof aufgewachsen mit Schulbesuch in der Stadt, bekam die Zugerin das negative Klischeebild der Bäuerin deutlich zu spüren. Und doch liess sie sich in ihrer Meinung von klein auf nicht beirren: "Bäuerin ist (m)ein Traumberuf." Viel Platz, unvergleichliche Wohnqualität und ein grosser Garten zur Selbstversorgung bereiten der 45-Jährigen täglich Freude. Noch obendrauf in einem über 200-jährigen, traditionellen Zuger Bauernhaus. "Als ich meinen Mann kennenlernte, wusste ich ja nichts davon. Es passt aber sehr wohl zu mir", lacht die Frau mit den dunklen Locken. Hier kann sie ihre Träume verwirklichen und sorgt gerne für Blickfänge im und rund ums Haus.
Viele Erinnerungsstücke
Der Estrich sei ein wahres Museum, erzählt Hegglin, die alten Gerätschaften hätten auch schon als Bühnenbilder für Trachtenabende gedient. Ein Erbstück ist auch ihre Festtagstracht. "Eine alte Frau, die mein Vater kannte, machte mir eine grosse Freude. Ihre eigenen Nachkommen hatten kein Interesse an der Tracht." Ihre Werktagstracht hingegen nähte Bernadette Hegglin selber, in der Bäuerinnenschule unter Anleitung einer Trachtenschneiderin. Zu diesem Kleidungsstück hat sie denn auch den grössten Bezug, wie sie selber sagt.
Grosse Überraschung
Nach dem Haushaltslehrjahr wollte die Bauerntochter Gärtnerin werden. Mehr durch Zufall gelangte sie zur Bäuerinnenschule in Ilanz GR. Danach absolvierte sie die gewünschte Gärtnerinnenausbildung und erlangte später auch noch den Fachausweis als Bäuerin. Nun lebt sie mit ihrem Mann, vier Söhnen und zwei Töchtern auf einem gut 40 ha grossen Milchwirtschaftsbetrieb. Dieser liegt eingebettet in die grünen Hügel der Moränenlandschaft zwischen Menzingen und Neuheim.
Während des Gesprächs läutet plötzlich die Türglocke, Bernadette Hegglins Mutter schaut zufällig kurz vorbei. Es erklingt Gelächter von beiden Seiten, dann der Kommentar: "Meine Mutter hat mich noch nie in der Festtagstracht gesehen, das wollte sie schon lange mal." Leider seien die Gelegenheiten zum Tragen dieser Kleidung rar. Das Unspunnenfest im Herbst bietet eine solche und trotz aufwendigem Transport liebäugelt Hegglin damit, zwei Trachten mitzunehmen. Die Werktagstracht zum Tanzen und die prunkvolle Festtagstracht für den Umzug am Sonntag.
ag
Die BauernZeitung Zentralschweiz und Aargau stellt in einer Serie die Trachten der Kantone Aargau, Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri und Zug vor.