Der Alpenrhein bildet im St. Galler Rheintal unter anderem die Grenze zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein. Die Dämme entlang dieses 26 Kilometer langen Abschnitts des Rheins sind rund 150 Jahre alt. Sie sollen das Umland vor Hochwasser schützen. Und zwar von Hochwassern, wie sie laut Statistik alle 300 Jahre vorkommen. Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die Dämme nicht in allen Abschnitten in der Lage sind, diese Aufgabe zu erfüllen. So sickert etwa Wasser durch die Dämme oder diese werden von Wasser unterströmt. Das sorgt für Instabilität am Dammbauwerk bis hin zu einem Dammversagen.
Hoher Handlungsbedarf
Die Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass auf einer Strecke von fünf Kilometern des Flusslaufes die Dämme auf beiden Seiten des Rheins nicht einmal in der Lage wären, einem Hochwasser standzuhalten, wie es statistisch gesehen alle 100 Jahre einmal vorkommt. Die Sanierung dieser Dammabschnitte soll rasch an die Hand genommen. Das legten die Verantwortlichen des Fürstentums und des Kantons St. Gallen kürzlich an einer Medienorientierung dar.
Die Zeit drängt
Es handelt sich dabei auf St. Galler Seite um den Damm auf dem Rheinabschnitt zwischen Sevelen und Buchs. Auf Seite des Fürstentums betrifft dies den Abschnitt in Triesen. Die Planungen für diese Massnahmen mit höchster Priorität sollen bereits im Laufe des kommenden Jahres aufgenommen und allenfalls umgesetzt werden. Ziel ist es, die Dämme in diesen beiden Abschnitten innert fünf Jahren zu sanieren. Auf Schweizer Seite sollen die entsprechenden Baubewilligungsverfahren rasch aufgenommen werden. Parallel zur Sanierung der Dämme prüfen der Kanton St. Gallen und das Fürstentum Liechtenstein auch Massnahmen, um die ökologische Qualität des Rheins zu verbessern.
Ohne Aufwertungen läuft gar nichts
Das können neben Aufweitungen des Flusses auch Bauten wie etwa Fischunterstände innerhalb des Flusses sein. Diese Massnahmen sollen unter Berücksichtigung der Ziele des Entwicklungskonzeptes Alpenrhein der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein realisiert werden. «Auf der Schweizer Seite des Rheins sind reine Dammsanierungen ohne eine ökologische Aufwertung des Wasserlaufs rechtlich nicht möglich». Das sagte Daniel Dietsche, der Rheinbauleiter der Kantons St. Gallen, an der Medienorientierung.
Entsprechende Machbarkeitsstudien für eine Flussaufweitung in Sevelen und Vaduz sowie ein Vorprojekt im Raum Schaan-Buchs-Eschen würden nun zusammen mit dem Fürstentum Liechtenstein eingeleitet. Bis diese auf der politischen Bühne spruchreif sind, dürfte es allerdings noch einige Zeit dauern. Dietsche hebt hervor, dass die Realisierung solcher ökologischer Aufwertungen von vielen Faktoren abhängt. So befinden sich etwa im Bereich des Abschnitts Schaan-Buchs-Eschen auf Schweizer Seite eine Hochspannungsleitung auf dem Damm, eine Erdgashochdruckleitung im Dammfussbereich und ein Kompostierwerk zwischen Hochwasserdamm und Autobahn.
Gestaffeltes Vorgehen
Dietsche plädiert angesichts dieser komplexen Ausgangslage dafür, in diesem Abschnitt ökologische Massnahmen wie Flussausweitungen zeitlich gestaffelt vorzunehmen: Zuerst auf der Liechtensteiner und erst danach auf der Schweizer Seite. Damit stünde mehr Zeit zur Verfügung, um die Raum- und Nutzungskonflikte auf der St. Galler Seite zu lösen.Das umgekehrte Vorgehen zieht Daniel Dietsche im Abschnitt zwischen Sevelen und Vaduz in Betracht. Zwischen Hochwasserdamm und Autobahn stehe da noch Raum zur Verfügung, so dass man auf Schweizer Seite eine einseitige Aufweitung bauen könnte.
Die Kosten für die Sanierung des insgesamt rund 26 Kilometer langen Dammabschnitts auf der Schweizer Seite werden insgesamt auf etwa 60 Millionen Franken geschätzt. Jene für das Fürstentum werden auf 90 Millionen Franken veranschlagt. Bei den Dammabschnitten, bei denen der Sanierungsdruck weniger hoch ist, sollen die Ertüchtigungen in einem Zeitraum von 20 Jahren realisiert werden.
Weitere Prüfungen
Der Kanton St. Gallen prüft nicht nur die Dämme entlang der Grenze zum Fürstentum Liechtenstein, sondern zusätzlich auch sämtliche Dämme oberhalb dieser Strecke bis nach Bad Ragaz an der Grenze zum Kanton Graubünden und unterhalb bis nach Rüthi. Diese Untersuchungen sollen zeigen, ob zusätzliche Dammabschnitte ertüchtigt werden müssen. Dietsche geht aufgrund der ersten Ergebnisse davon aus, dass nach dem heutigen Wissensstand der Handlungsbedarf eher kleiner ist als an der Grenze zum Fürstentum Liechtenstein.