Was viele sich wünschen, hat die Interessengemeinschaft IG Anbindestall fertig gebracht. Am Freitag hatten sie ein Treffen mit dem Bundesrat Guy Parmelin auf dem Bio-Hof der Familie Rudolf und Susanne Stucki in Schangnau BE organisiert. Mit dem Besuch wollten sie dem Bundesrat beweisen, dass auch ein Anbindestall viele Vorteile hat und sich die Kühe darin wohlfühlen können. Der Betrieb Stucki, hoch oberhalb von Schangnau, ist ein typischer Emmentaler-Betrieb mit Milchwirtschaft und Viehzucht. Im Stall stehen zirka 25 Kühe plus Nachzucht. Der Betrieb ist knapp 30 ha gross.
Könnte nicht schöner sein
Das Wetter ist fantastisch, das Panorama könnte nicht schöner sein. Auf der linken Seite ist die Schrattenfluh, geradeaus thront der Hohgant. Endlich fährt die schwaze Limousine vor den Hof und Guy Parmelin steigt zusammen mit seiner Entourage aus dem Auto. Also Entourage ist ein wenig übertrieben: Kein Bodyguard ist zu sehen, sondern nur Frau Zippora Segessenmann vom Generalsekretariat und Urs Wiedmer, Kommunikationschef von Parmelins Departement. Nun schlüpft Parmelin in seine Gummistiefel und zieht ein Mäntelchen an - jetzt sieht er fast so aus wie ein Viehhändler, der bei Stuckis eine Kuh kaufen möchte.
Im breiten Oberländer-Dialekt
Die vielen Leute, die extra auf den Bio-Hof gekommen sind, warten gespannt was Guy Parmelin zu sagen hat. «Jetzt muss ich noch Hochdeutsch sprechen», meint Konrad Klötzli, Präsident der IG Anbindestall etwas verlegen. «I gugge itze o bi das no cha», sagt er im breiten Oberländer-Dialekt. Und ob er das noch kann: Der gewiefte Bergbauer hat den Bundesrat schnell um den Finger gewickelt und marschiert mit ihm durch den Stall. «Schauen Sie Herr Bundesrat wie schön es hier die Kühe haben», so Klötzli. Auch Beat Haldimann, Vize-Präsident der IG, nutzt die Chance und zählt die Vorteile eines Anbindestalls auf.
Selber Kühe gemolken
Auf dem 10-minütigen Fussmarsch von der Scheune zum Wohnhaus, nutzte Konrad Klötzli die Chance und erklärte dem Bundesrat, dass man die Anbindehaltung gegenüber dem Laufstall nicht benachteiligen sollte. «Herr Parmelin, das müssen Sie doch sagen, dass es die Kühe bei Stuckis schön haben». Und jetzt kommts, mit dem wohl niemand gerechnet hat: «Wissen Sie, ich habe bis 2011 selber noch in einem Anbindestall Kühe gemolken», sagt Guy Parmelin mit französischem Akzent auf Deutsch. Nun roch Klötzli die Lunte und fragte den Bundesrat gleich an, ob er denn nicht Mitglied bei der IG Anbindestall werden möchte. «Als Bundesrat darf ich nicht befangen sein. Vielleicht nachher, wenn ich nicht mehr im Amt bin», gibt Parmelin zur Antwort. «Wir haben mit Christoph Blocher und Markus Ritter schon zwei prominente Mitglieder, da würden Sie doch auch sehr gut dazu passen», meinte Klötzli.
Ein Treffen mit dem BLW
Bei der gemeinsamen Diskussion, unterbreitete man dem Bundesrat noch einmal, dass man bei den Raus- und BTS-Beiträgen und deren Anforderungen die Anbindehaltung nicht benachteiligen sollte. Hier erhoffe man vom Bundesrat doch einige Zugeständnisse. Vor allem die vorgesehene 26-Tage Raus-Regel im Winter, stosst der IG sauer auf. Guy Parmelin liess sich mit seiner Antwort aber nicht weit aus dem Fenster hinaus und sagte nur: «Für solche Entscheidungen ist das Parlament zuständig, ich kann da als Bundesrat wenig Einfluss dazu nehmen». Trotzdem hat sich der Austausch zwischen der IG und dem Bundesrat gelohnt: So verspricht Parmelin ein Treffen mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und der IG Anbindestall zu organisieren. Beim BLW könne die IG dann ihre Anliegen deponieren. «Wir nehmen das gerne an», sagt Konrad Klötzli abschliessend.