"Heute lassen wir die Katze aus dem Sack", sagt Fredi Klee aus Oberegg AI bei der Vorstellung des neuen Getränkes in der Brauerei Locher in Appenzell. Drei Jahre hat es gedauert, bis es marktreif war.

Viel Obst blieb liegen

Es habe ihm wehgetan zu sehen, wie das Mostobst häufig liegen blieb und verfaulte, sagt Klee. Bei einem Produzentenpreis von netto 10 bis 12 Franken je 100 Kilo Birnen lohnte es sich nicht mehr, die Birnen aufzulesen und zur Mosterei zu fahren. Als Folge fällten die Bauern alte Hochstammbäume.

Fredi Klee liess dies keine Ruhe. Denn er wusste nicht nur um den Wert des Obstes, sondern erkannte auch die Bedeutung der Hochstammbäume für die Biodiversität und die Kulturlandschaften.

«Wir haben eine gute Harmonie gefunden»

Die Brauerei Locher ist bekannt für ihre grosse Vielfalt an Bierspezialitäten vom "Quöllfrisch" bis zum Hanfblütenbier. Bei Geschäftsführer Karl Locher fand Klee offene Ohren für sein Anliegen,. "Wir haben Hunderte Degustationen gemacht", sagt Locher.

Es galt die richtige Mischung aus Bier und Süssmost zu finden. Ausschlaggebend waren am Ende die Frauen: Sie zogen den süssen Geschmack des Süssmostes dem Biergeschmack vor. Doch das sprudelnde Getränk deswegen als Frauengetränk zu bezeichnen, ginge zu weit. "Ich bin überzeugt, wir haben eine gute Harmonie gefunden", sagt Locher.

Die ganze Ernte abgenommen

Die Brauerei Locher kann den Süssmost weiterverarbeiten, aber ihn nicht selber pressen. Dazu fand Klee mit der Mosterei Kobelt in Marbach einen Partner. An zwei Annahmestationen liefern die Produzenten das Obst ab, das in Marbach gepresst und als Konzentrat zur Brauerei geliefert wird. "Die Brauerei hat uns die ganze letztjährige Ernte abgenommen", sagt Klee. Das waren rund 85 Tonnen. Der Getränkehersteller ist optimistisch und hat den Lieferanten schon die Abnahme der diesjährigen Ernte zugesichert.

Landwirte und Gewerbe ziehen am gleichen Strick

Da das meiste Obst aus Oberegg stammt, einer innerrhodischen Enklave im Ausserrhodischen, fördert der Kanton Appenzell Innerrhoden das Projekt. Er unterstützt die Landwirte bei der Realisierung und finanziert eine mobile Waage für die Obstannahme.

Früher habe der Staat alles geregelt, sagt Stefan Müller, Landeshauptmann von Innerrhoden. Heute müssten die Produzenten selbst vermehrt für den Absatz ihrer Produkte sorgen.

Das führt zwar zu mehr Aufwand, bietet aber Chancen für neue Wertschöpfung. Das Projekt ist eine Win-Win-Situation. Der Interessengemeinschaft Appenzeller Obst ist es gelungen, Obst zu verkaufen, ohne einen Rückbehalt für die Überschussverwertung abliefern zu müssen. Die Brauerei Locher kann ein neues Nischenprodukt vermarkten.

Nun gilt es, das Getränk in der Bevölkerung bekannt zu machen.  "Alle müssen Werbung machen", ermuntert der Braumeister Hans Sonderegger die Obstlieferanten. "Ihr müsst es machen wie die Bauern früher, die ihren Most selbst getrunken haben."

Michael Götz, lid