Neben den teilweise weiter gehenden Demeter-Richtlinien bilden die Bestimmungen von Bio Suisse mit ihrem bekannten Knospe-Label den allgemein anerkannten Biostandard für die Schweizer Biolandwirtschaft. 5'884 Biolandwirtschaftsbetriebe produzieren mittlerweile nach den Richtlinien von Bio Suisse, 195 davon als Neuumsteller.

424 Biobetriebe vermarkten ihre Produkte nicht mit dem Knospe-Label. Im Schweizer Biomarkt spielen sie allein schon durch die geringe Zahl eine untergeordnete Rolle. Im Detailhandel gelten zudem zumindest beim Bezug aus der Schweizer Landwirtschaft die Bio Suisse-Bestimmungen als Standard, selbst dann wenn die Bioprodukte nicht unter dem Knospe-Label vermarktet werden.


Im Vergleich zum Biomarkt in der EU wird die dominierende Rolle der Knospe in der Schweiz oft als wesentlicher Unterschied betont. Tatsächlich kommt in vielen EU Ländern der gesetzlichen Basisregelung – der EU-Bioverordnung – eine wesentlich grössere Rolle zu. Gleichzeitig haben jedoch Biolabels mit vergleichbaren Anforderungen auch in vielen EU-Ländern eine lange Tradition. In Deutschland etwa die Biolabels Naturland, Bioland oder Demeter, um nur einige Beispiele zu nennen.

Glaubwürdige Bioprodukte – funktionelle Biozutaten

Seit dem 1. Januar 2014 verlangt Bio Suisse zusätzlich die Verwendung von Bio-Gelatine und Bioreisstärke, mit Auswirkungen etwa bei der Fleischverarbeitung oder bei Süssartikeln. Generell fordern die Bio Suisse-Richtlinien, soweit das entsprechende Marktangebot vorliegt, die Verwendung von Biozutaten mit funktionellen Eigenschaften, bzw. den Einsatz biozertifizierter Zusatzstoffe. Seit Jahren ersetzt z.B. biozertifiziertes Acerolapulver die synthetisch erzeugte Ascorbinsäure (E 300).


Die Bio Suisse-Zielsetzung auf schonende und naturbelassane Verfahren zu setzen, ist auch richtungsweisend für weitere Biostandards und Vermarktungskanäle und damit die gesamte Bioverarbeitungsbranche. Die Entwicklung hin zu glaubwürdigen Biorezepturen ohne – auch erlaubte - Ausnahmen ist nicht auf die Schweiz beschränkt und kann auch im Export ein wichtiger Erfolgcharakter bilden.

Flugverbot für Halbfabrikate

Seit Jahren verbieten die marktbestimmenden Schweizer Biostandards den etwa bei Frischfrüchten ansonsten üblichen Flugtransport. Konsequenterweise verbieten die Bio Suisse-Richtlinien den Flugtransport nicht nur für Roherzeugnisse, sondern auch für Halbfabrikate für die Bioverarbeitung. Dies war bereits bisher so, die Richtlinien regeln diesen Punkt jedoch klarer ersichtlich hervor.


Die Transportregelungen bilden ein wichtiges Nachhaltigkeitskriterium bei der Ergänzung der bereits hoch stehenden ökologischen Biogrundanforderungen. Dies mit Grund: Der Energie- bzw. CO2-Aufwand ist beim Flugtransport tatsächlich überproportional nicht-nachhaltig.

Wichtig sind gleichzeitig auch die sozialen Kriterien. Mit dem Projekt "Faire Handelsbeziehungen" will Bio Suisse soziale Kriterien in der ganzen Wertschöpfungskette integrieren, nicht nur bei Bioimporten, sondern auch unter den Handelspartner in der Schweiz.

Gegenseitige Anerkennung


Die Schweizer Bioanforderungen stehen in engem Verhältnis zu den Bestimmungen der EU-Bioverordnung. Seit vielen Jahren gilt zwischen der Schweiz und der EU eine gegenseitige Anerkennung. Der Biohandel ist dadurch wesentlich erleichtert, aber nicht ganz so hürdenfrei wie etwa zwischen zwei EU-Mitgliedsländern.

Von weiteren Anerkennungsverfahren wie zwischen der EU und USA kann die Schweiz zudem nicht direkt profitieren. Diese Rahmenbedingungen werden sich wohl auf längere Zeit nicht ändern. Für 2014 ist sogar eher mit durch die EU verfügten administrativen Zusatzaufwänden zu rechnen.


Bezüglich der Zertifizierungsabläufe und der staatlichen Vollzugsmassnahmen bestehen zudem teilweise grosse Unterschiede.

Bio Suisse-Tochter übernimmt Knospe-Importzertifizierung

Sollen die Bioimporte zusätzlich mit der Knospe ausgezeichnet werden, muss dies in einem separaten Verfahren geprüft werden. Diese Aufgabe kommt International Certification Bio Suisse AG (ICB) in enger Zusammenarbeit mit Bio Suisse-anerkannten Zertifizierungsstellen wie bio.inspecta und IMO zu. ICB ist eine Tochterfirma von Bio Suisse, welche die Aufgaben der früheren Bio Suisse-Importanerkennung übernommen hat.

Die Auslagerung der Zertifizierung ausländischer Betriebe nach Bio Suisse-Richtlinien hat zum Ziel, die Qualität dieser Zertifizierung weiter zu verbessern, die Akkreditierung der Schweizerischen Akkreditierungsstelle für diesen Bereich zu erlangen und damit die Glaubwürdigkeit der Bio Suisse-zertifizierten Produkte weiter zu stärken.

Reform EU-Bioverordnung – Auswirkungen unklar

Vor dem Hintergrund diverser Vollzugs-Problemfälle ist die EU-Kommission derzeit bestrebt, auch im Biobereich ihre Handlungsfähigkeit zu zeigen und die Wirkung und Sicherheit bei der Praxisumsetzung und Überwachung zu optimieren. Der politische Debattier- und Entscheidungsprozesse zu dieser Reform ist erst am Anlaufen. Wie sich dieser Reformprozess auf die Schweiz auswirkt, lässt sich bis auf weiteres nicht abschätzen.


Die Vorschläge der EU-Kommission stossen bei den Bioorganisationen der EU und weltweit auf ebenso grossen Widerstand wie bei den Zertifizierungsverantwortlichen. In der Kritik stehen nicht Optimierungen des Regelungs- und Vollzugssystems an sich. Gefordert ist jedoch ein praxisorientiertes Vorgehen, dass die jahrelangen Erfahrungen aller Involvierten berücksichtigt und der Eigenverantwortung der Biovermarkter genügend Spielraum einräumt.

Peter Jossi, lid

Der Autor ist selbstständiger Berater für Ernährungswirtschaft