Viele Nahrungsmittel, die je nach Saison regelmässig gegessen werden, enthalten natürliche Giftstoffe. Sie schützen die Pflanze zum Beispiel vor dem Gefressenwerden. Für den Menschen können sie je nach konsumierter Menge gefährlich werden. Sehr giftig sind beispielsweise ungekochte Busch- oder Stangenbohnen, die gelben Schmalzbohnen wie auch die Hülsenfrüchte. Sie dürfen auf keinen Fall roh konsumiert werden. Die rohen Hülsen und Kernen enthalten das Eiweiss Phaseoline (oft wird die Abkürzung Phasin verwendet), welche die Fähigkeit besitzen Zucker zu binden. Dieses Eiweiss wird als Lektin bezeichnet. Dadurch verklumpen die roten Blutkörperchen und die Gefässe werden verstopft. Diese Eiweisse docken an den Zellen der Darmschleimhaut an und beeinträchtigen dadurch die Darmfunktion. Die Symptome der Vergiftung beginnen ein bis drei Stunden nach dem Genuss vom rohen Gemüse. Starkes, zum Teil blutiges Erbrechen, Magenkrämpfe, Durchfälle, Schüttelfröste und Krämpfe sind die Zeichen der Vergiftung. Vorfälle von Vergiftungen bei Kindern mit dem grünen Gemüse werden dem Toxikologischen Zentrum jedes Jahr gemeldet. Erste Massnahmen zur Linderung der Vergiftungssymptome ist viel Wasser oder Tee trinken – auf keinen Fall Milch! Sowie die Einnahme von medizinischer Aktivkohle.
Kochen zerstört die giftigen Eiweisse
Durch das Kochen der Bohnen von mindestens 15 Minuten bei 75 °C werden die giftigen Eiweisse zerstört. Sie befinden sich nicht im Kochwasser. Deshalb können rohe Bohnen in Eintöpfen und Suppen mitgekocht werden. Tiefgekühltes Gemüse muss gekocht werden. Das Blanchieren von einigen Minuten reicht nicht aus um das Lektin abzubauen.
Hülsenfrüchte wie Kichererbsen, Borlottibohnen, Feuer- oder Käferbohnen usw. enthalten denselben giftigen Stoff. Vor dem Kochen die Bohnenkernen während zwölf Stunden in Wasser einweichen, das Einweichwasser weggiessen und in frischem Wasser während anderthalb bis zwei Stunden kochen. Keimlinge aus Kichererbsen müssen vor der Verwendung blanchiert werden um die Lektine abzubauen. Dies reicht aus, weil durch den Keimvorgang bereits ein Abbau der unerwünschten Stoffe erfolgte.
Äpfel helfen beim Nachreifen von Obst und Gemüse
Grüne oder ausgekeimte Kartoffeln enthalten den Giftstoff Solanin. Dieser Stoff ist generell in unreifen Nachtschattengewächse wie Auberginen, Peperoni, Peperoncini oder Tomaten enthalten. Bei allen erwähnten Fruchtgemüse enthalten der Stiel und der Stielansatz den Giftstoff. Grüne Tomaten enthalten einen sehr hohen Anteil an Solanin. Konfitüre von der letzten Tomatenernte ist für viele ein besonderer Genuss. Da von dieser Köstlichkeiten nicht grosse Mengen verzehrt werden, ist der Konsum der grünen Tomatenkonfitüre unbedenklich. Werden die unreifen Früchte süss-sauer eingelegt, besteht eine grössere Gefahr der Vergiftung. Diese enthalten ca. 90 Prozent des Solaningehaltes. Das Nachreifen der unreifen Früchte in Zeitungspapier, zusammen mit zwei bis drei Äpfeln ist zu empfehlen. Die Äpfel verströmen das Gas Ethylen, welches das Reifen von Obst und Gemüse fördert. Die grünen Tomatensorten wie «Green Zebra» oder «Evergreen» enthalten, wenn sie ausgereift sind, wie ihre roten, orangen, weissen oder dunkelvioletten Verwandten kein oder nur Spuren von Solanin.
Solanin ist wasserlöslich und hitzebeständig
Bei den Kartoffeln die grünen und/oder gekeimten Stellen grosszügig wegschneiden. Durch das Schälen wird ein weiterer Anteil des Giftstoffes entfernt. Das bittere, wasserlösliche, hitzebeständige Solanin wird beim Kochen nicht zerstört sondern ist nach dem Kochen im Kochwasser oder Bratfett enthalten. Solanin ist weniger giftig als Phasin. Eine Menge von 400 mg Solanin ist für eine erwachsene Person tödlich. 25 mg, soviel ist in einer unreifen Tomaten von 80 g enthalten, kann zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen führen. Vermehrt werden blaue oder rote Kartoffeln auf dem Markt angeboten wie «blaue St.Galler» oder «rote Emma», die ihre Farbe durch den Sekundären Pflanzeninhaltsstoff Anthocyane erhalten. Dieser Inhaltstoff schützt die Zellen vor schädlichen Einflüssen. Um den wertvollen Wirkstoff zu erhalten, werden die Kartoffeln mit der Schale gekocht. Um den Gehalt an Solanin zu reduzieren ist das Schälen der gekochten Knollen empfehlenswert. Rhabarbern, Spinat, Mangold bzw. Krautstiel, Buchweizen, Sauerampfer, Sellerie, Randen, Stachelbeeren usw. enthalten Oxalsäure. Diese Säure verbindet sich mit dem Kalzium des Körpers woraus Nieren- oder Blasensteine entstehen können. Im Weiteren greift die Säure den Zahnschmelz an. Um den Kalziumabbau im Körper zu verhindern werden die genannten Lebensmittel bzw. Kräuter mit Milchprodukten wie Quark, Jogurt, Frischkäse, Hüttenkäse oder einer Creme kombiniert wie zum Beispiel eine Rhabarber-Götterspeise mit Vanillecreme und Zwieback oder eine Spinatwähe mit Eier, Milch, Käse und Rahm oder Krautstiele mit einer Béchamelsauce überbacken.
Steinfrüchte enthalten Blausäure
Der Oxalsäuregehalt ist in jungem, geschältem Gemüse geringer. Durch Kochen wird ein weiterer Teil der Säure unschädlich gemacht und aus der Pflanze herausgelöst.
In Steinfrüchten (in den Kernen der Früchte), Mandeln, Leinsamen usw. ist der Giftstoff Blausäure enthalten, der zu den Nervengiften zählt. Dieser wird durch längeres Kochen oder keimen der Samen, zum Beispiel gekeimte, geschrotete Leinsamen, abgebaut. Werden Kirschen mit Steinen tiefgekühlt, müssen diese innerhalb von sechs Monaten aufgebraucht werden, da der Gehalt an Blausäure in den Früchten stark ansteigt. Bei all den beschriebenen Giftstoffen gilt der Grundsatz: die Dosis entscheidet über die Giftigkeit eines Produktes!
Andrea Schütz-Wicki,
dipl. Ernährungs- und Vitalstofftherapeutin
2