Ende Mai besuchte Christoph Schmidt, Hotelier des «Schweizerhofs» in Flims, mit seiner jungen Familie den Biobauernhof von Barbara und Sep Candinas in Sumvitg. Im Juli fand der Gegenbesuch statt. Und den Candinas gefiel es, hinter die Kulissen des Viersternhotels schauen zu dürfen. Die Besuche fanden innerhalb der Aktion «Bauer sucht Hotelier» statt, die Agrotourismus Graubünden ins Leben gerufen hatte.
Beeindruckt vom perfekt funktionierenden Betrieb
Wie Sep Candinas betonte, ist er beeindruckt vom perfekt funktionierenden Betrieb des Romantikhotels mit 48 Zimmern und 76 Betten, 30 Angestellten und einem Restaurantbetrieb mit 100 Plätzen und der Bar mit 40 Plätzen.
Ganz offen hat ihm Schmidt Einblick in seinen Familienbetrieb gewährt und zahlreiche Fragen beantwortet. Neben interessanten und lehrreichen Schnuppereinsätzen blieb der Bauernfamilie genügend Zeit, um die herzliche Gastfreundschaft und das Ambiente der Belle Epoque zu geniessen. Wie die Candinas verrieten, hatten sie ein wunderbares Zimmer mit der sensationellen Aussicht auf die Tschingelhörner.
Einblicke gewonnen und Parallelen entdeckt
Als das Beste an der Aktion «Bauer sucht Hotelier» nennen beide das gegenseitige Kennenlernen und die neue Bekanntschaft. Sie konnten die Herausforderungen des anderen Be
triebs besser verstehen lernen und bekamen einen Einblick in die täglich anfallenden Arbeiten.
Trotz der vielen Arbeit – im «Schweizerhof» fand gerade ein Hochzeitsessen statt – fanden beide Familien Zeit für geselliges Beisammensein und interessante Gespräche. Sie fanden viele Parallelen und sahen auch vieles, was sie so noch nicht kannten.
Mit Liebe und Herzblut und in vierter Generation
Sowohl Sep Candinas wie auch Christoph Schmidt führen ihre Familienbetriebe in vierter Generation und erledigen ihre Arbeit mit viel Liebe und Herzblut. Wie unschwer zu erkennen war, ist die Sympathie gegenseitig, und die Bekanntschaft könnte andauern. «Sicher muss man den Kontakt pflegen, wenn man sich nicht aus den Augen verlieren möchte», so der Biobauer, der erklärt, einige Tipps mit auf den Weg bekommen zu haben.
«In der Küche und im Restaurant sahen wir einiges, womit wir unseren Cateringservice, den wir anbieten, optimieren können.» Der Cateringdienst unter dem Dach der Genossenschaft Amarenda bietet soweit möglich Produkte vom Bauernhof. Rund 35-mal pro Jahr werden sie beauftragt, einmal konnten sie sogar ein Apéro für 600 Personen organisieren.
Freude an der Gastgeberrolle
Wenn die Candinas Caterings für grössere Anlässe vorbereiten, brauchen sie natürlich Helfer. «Wir haben nur temporäre Helfer, das ist natürlich nicht zu vergleichen mit dem Betrieb des ‹Schweizerhofs›, wir sind keine Profis wie sie», betonen die Landwirte.
Im Gespräch mit dem Schweizerhof-Küchenchef Michael Locher hätten sie erfahren, dass sie ihre Sache schon richtig machen. Das Wissen des Berufskochs hingegen, sei enorm. Die Gastgeberrolle gefällt dem Paar, vor allem aber dem Bauern. Seine Frau, die nebenbei in einem Teilzeitjob als Primarlehrerin arbeitet, bevorzugt es, zu organisieren und in der Küche zu arbeiten.
Fürs Hochzeitessen packte sie kräftig in der Küche mit an, und die Hilfe ihres Mannes beim Geschirrspülen war sehr willkommen. «Wenn ich nochmals anfangen würde, wäre die Hotellerie wohl mein Berufsziel», verrät die Bäuerin. Mit einem Blick zu ihrem Mann fügt sie jedoch an, dass es so, wie es gelaufen sei, schon richtig sei. Dank ihrem Catering hätten sie eine gute Mischung gefunden.
Alle Angestellten wissen genau, was zu tun ist
«Bevor wir nach Flims kamen, war ich schon nervös», gibt der Biobauer zu. Im Verlauf des Tages habe sich die Nervosität jedoch gelegt und die Lust, so viel wie möglich zu sehen, habe dominiert. «Unsere Aufgabe ist es, den Erwartungen unserer Gäste zu entsprechen, sie sollen sich bei uns zu Hause fühlen, und damit dies gelingt, müssen wir empathisch sein», so Hotelier Schmidt. «Wir fühlen uns hier sehr zu Hause und haben festgestellt, dass jeder Angestellte genau weiss, was zu tun ist, es gibt klare Anweisungen, alles funktioniert und jeder zeigt 100-prozentigen Einsatz für das Wohl der Gäste», loben die Candinas.
Hotelgäste besuchen den Bauernhof
Ob die beiden Familien in Zukunft zusammenarbeiten werden, ist noch nicht entschieden. Bei ihren Besuchen wurde jedoch viel philosophiert, und es gibt einige realisierbare Ideen. So kann sich der Hotelier zum Beispiel vorstellen, mit seinen Gästen den Hof zu besuchen, auch Candinas sind von dieser Idee begeistert. Die Gäste könnten den Betrieb besichtigen, eine feine Mahlzeit geniessen, einen Ausflug in die Region unternehmen und vielleicht sogar im Stroh schlafen. Ob die Ideen konkretisiert werden, wird sich noch zeigen. Auf alle Fälle sind die Türen für weitere Besuche beiderseits offen.
Susi Rothmund