Obwohl es die Zeit mitten in der Kirschenernte ist, nimmt sich Doris Keller gerne Zeit und lädt zu Kaffee und Keksen ein. Gastfreundschaft wird auf dem Bühlhof spürbar gelebt. «Meinem Mann und mir ist es wichtig, dass wer unseren Hof betritt, sich willkommen und wohlfühlt», erklärt Doris Keller.
Emmentaler-Produktion
Der Haupterwerbszweig ihres Betriebes in Schocherswil TG ist die Milchwirtschaft mit rund 50 Kühen. Deren Milch wird in eine Emmentaler-Käserei in der Region geliefert. Futterbau und Obstbau sind weitere Betriebszweige. Die Bäuerin arbeitet nur ausnahmsweise im Stall. Im Sommer und Herbst besteht ihre Hauptbeschäftigung insbesondere aus dem Verkauf von Früchten ab Hof sowie auf dem Markt. Ab August wird es die Zwetschgenernte sein, die ihren vollen Einsatz verlangt.
Fünffache Mutter
Nebst der Arbeit als Bäuerin haben für Doris Keller ganz besonders ihre fünf Kinder (vier Söhne im Alter zwischen 19 und 26 Jahren sowie eine Tochter, 30 Jahre alt) erste Priorität.
Begeistert schildert die Bäuerin, wie sie es nun geniesst, Enkel zu haben und diesen möglichst viel Zeit zu widmen. Die jüngeren drei Söhne wohnen noch Zuhause, der Jüngste befindet sich noch in der Ausbildung. Seit vielen Jahren haben Kellers immer landwirtschaftliche Lehrlinge: «Diese sind für mich fast auch ein wenig wie meine Kinder», sagt Doris Keller.
Betrieb in der achten Generation
Doris Keller ist jeweils an einem halben Tag pro Woche mit einem Stand am Herisauer Wochenmarkt, wo sie hofeigene Produkte verkauft: «Ich schätze den direkten Kontakt zu den Konsumenten, hier spüre ich deren Befindlichkeit.»
Für den Marktverkauf in Herisau AR wird Doris Keller von ihrem Mann und abwechselnd von zwei ihrer Söhne unterstützt: «Dass ich inzwischen über 30 Jahre auf den Markt gehe, hängt damit zusammen, dass der Markt für uns eine Familienangelegenheit ist.» Sie führt damit eine Tradition ihrer Schwiegereltern weiter, die seinerzeit bereits ab 1947 während vieler Jahre auch auf dem Wochenmarkt Herisau ihre Produkte verkauften.
Selbst eine Bauerntochter
Doris Keller ist sehr erfreut darüber, dass sich zwei ihrer Söhne für die Landwirtschaft interessieren und den Betrieb weiterführen werden. Das sei für sie sehr motivierend, führen sie selber den Betrieb doch bereits in der achten Generation. Bäuerliche Traditionen und ein guter Familienzusammenhalt sind für Doris Keller prägende Werte, die ihr bereits in ihrem Elternhaus vermittelt wurden.
Sie wuchs mit fünf Geschwistern in Schlattingen TG in einer Bauernfamilie auf. Alle ihre beruflichen Stationen nach der Schulzeit – dazu gehören das Welschlandjahr, die Mitarbeit in einem Alters- und Pflegeheim, die Arbeit in einer Grossküche, sowie die Aushilfe in Bauernhaushalten – bezeichnet sie rückblickend als prägende und wertvolle Erfahrungen.
Früh eine Familie gegründet
Doris Keller hat sich recht jung für die Familiengründung entschieden. «Mein Mann und ich haben uns darüber hinaus bewusst dafür entschieden, unser Familieneinkommen ausschliesslich aus der Arbeit auf dem Hof zu erzielen. So war ich nie gezwungen, einer ausserhäuslichen Tätigkeit nachzugehen. Ich denke ohnehin, dass es für den familiären Zusammenhalt nicht förderlich ist, wenn einer der Partner ausserhalb des Bauernbetriebes arbeiten muss.»
Als sie Hans heiratete, besuchte sie die Bäuerinnenausbildung am Arenenberg. Diese Ausbildung werde zu Recht als eine wertvolle Lebensschule bezeichnet, findet sie. Doris Keller schildert, dass sie Ehrgeiz in einem gesunden Mass durchaus akzeptabel findet.
Kraft und Rückhalt im Glauben
Hingegen beeindrucke sie es wenig, wenn sie von Betriebsleiterpaaren erfahre, die nur für die Arbeit zu leben scheinen: «Man muss sich Grenzen setzen können. Deshalb bin ich heute umso mehr davon überzeugt, dass es nicht erstrebenswert ist, von sich und anderen immer Höchstleistungen zu verlangen und jedem (betrieblichen) Trend nacheifern zu wollen.» Ferien gönnen sich Doris und Hans Keller bevorzugt im Winter.
Für Doris Keller und ihren Mann ist der christliche Glauben die persönliche Quelle für innere Kraft und Ausgeglichenheit: «Wir finden viel Rückhalt und Kraft im Glauben. Mir ist es nach wie vor ein persönliches Bedürfnis, jeweils auch meine Kinder ins Gebet mit einzuschliessen.»
Isabelle Schwander