Die Adresse von Daniela Stoll verleitet gerne etwas zum Schaudern. Sie wohnt auf dem Bisenfeld in Riffenmatt BE. «Bise» ist der kalte Nordwestwind und «e Riff» im Bernbiet die Bezeichnung für Bodenfrost. Sitzt man aber im warmen, sonnendurchfluteten Wintergarten, sind weder Windhauch noch Kälte zu spüren.

«Hier ist es uns allen wohl, und gerne sitzen wir da nach Möglichkeit zusammen», meint Daniela Stoll. Mit «uns» meint sie vor allem ihre Familie, das sind Ehemann Werner und die vier Kinder Christian (18), Tobias (16), Livia (15) und Fabienne (11). Aber auch Gäste sind stets willkommen.


Haare schneiden fürs Wohlbefinden


Viel Zeit, um in ihrem behaglichen Daheim die Hände in den Schoss zu legen hat Daniela Stoll nicht. Zu vielfältig sind ihre Aufgaben sowie ihr Engagement auf dem Landwirtschaftsbetrieb und in der Gesellschaft.


Dass sie einmal Bäuerin würde, war ihr nicht in die Wiege gelegt. Früh schon entdeckte sie ihre Vorliebe für gepflegtes, schönes Haar, den Beruf der Coiffeuse zu ergreifen lag darum nahe. «Haare schneiden gehört zu meinem Leben. Andere gehen in den Garten zur Erholung, ich schneide Haare, und mir geht es gut», hält Daniela Stoll mit einem Lachen fest.

Wo die Liebe hinfällt

Schon während der Lehrzeit schätzte sie den Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen sehr. Darum war es nicht verwunderlich, dass sie nach der Lehrzeit von einer Bekannten eine Anstellung in Ittigen BE angeboten bekam. Dort roch es etwas mehr nach Stadtluft, aber die Haare wurden nicht anders gepflegt.

Bald schon eroberte der Bruder ihrer Kollegin ihr Herz, und die junge Coiffeuse verliebte sich, ganz ungeplant, in einen Landwirt.


Platz für Jugendliche in schwierigen Lebenslagen


1992 besuchte Daniela Stoll den Sommerkurs der bäuerlichen Haushaltungsschule in Münsingen BE. Drei Jahre lang lebte das junge Paar danach in Embrach ZH, wo Daniela Stoll als Coiffeuse arbeitete. Im Jahr 1996 läuteten die Hochzeitsglocken für Daniela und Werner Stoll und seither ist das Bisenfeld ihr Daheim.


Auf dem Familienbetrieb in der Bergzone II ist Milchwirtschaft der Haupterwerbszweig. Daniela Stoll hilft vor allem beim Heuen mit, beim Zäunerichten und wenn «Not am Mann» ist auch im Stall. Bei der Arbeit mit den Kühen sind die Schwiegereltern stark engagiert, sie ha
ben einen klar definierten Aufgabenbereich. Das entlastet die Betriebsleiterfamilie und ermöglicht Werner Stoll, als Postautochauffeur zu arbeiten.


Auch Daniela Stoll nutzt den Freiraum. «Seit 2011 finden Kinder, denen es nicht so gut geht, bei uns einen Platz, und wir versuchen den Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen wieder eine Perspektive zu vermitteln», erklärt sie.

Sie arbeitet dabei als Partnerfamilie mit dem Wohn-, Schul- und Therapieheim WG-Guggisberg 77B zusammen. «Es ist eine Herausforderung und sehr spannend. Man lernt viel dabei, es braucht aber auch eine emotionale Distanz», stellt Daniela Stoll fest.


Turnen mit Seniorinnen und Netzwerke pflegen


Viele Erfahrungen machen kann sie auch in ihrer Tätigkeit als Leiterin im Pro-Senectute-Altersturnen in Riffenmatt und Schwarzenburg. Sie schätzt die Kontakte zu den aktiven Seniorinnen zwei- bis dreimal im Monat sehr. Diese Aufgabe im Team erfüllt sie und sie spürt einmal mehr das tragende Netzwerk.


Und seit «ewig und drei Tagen» schneidet sie auch immer wieder Haare. War sie bis 2007 als Angestellte tätig, schätzt sie seither die Selbständigkeit. Gerne widmet sie sich der Haarpflege in ihrem eigenen Haus, so ist sie flexibel. Dies ist bei ihren

verschiedenen Engagements nötig. Denn auch die Kinder brauchen sie. Eines ist beispielsweise im Leistungssport tätig, was viele zusätzliche Fahrten zum Training erfordert.

Daneben pflegt Daniela Stoll regelmässig ihre Netzwerke. Da sie etwas abgelegen wohnen, ist es ihr wichtig, die Kontakte zu erhalten, dazu gehört auch ein «Mittwochkaffee» oder ein «Lismerchränzli». «So schöpfe ich immer wieder Kraft, meine Lebensaufgaben zu bewältigen, aber auch die Zeit zu geniessen», erkennt Daniela Stoll dankbar.


Barbara Heiniger