Ein Hausbau ist meines Wissens in der Schweiz eine sehr aufreibende Angelegenheit. In Nicaragua scheint es mir trotz der einfacheren Bauweise die reinste Strapaze. Jaime ist nebst Bauer Bauführer, Transportunternehmer und Arbeiter zugleich. Leider konnte ich Jaime von Matagalpa aus nicht unterstützen, geschweige denn jetzt von der Schweiz aus. Geplant ist der Einzug bei unserer Rückkehr nach Nicaragua.
Ursprünglich wollten wir nur zwei Zimmer mit den nötigen Konditionen neben dem Haus aus Holzlatten bauen, damit wir möglichst schnell gemeinsam im Zentrum des Geschehens wohnen konnten. Nun wird es ein Haus mit 2 Zimmern, einer Wohnküche, einem Wohnzimmer, WC und Dusche. Falls wir zu einem späteren Zeitpunkt ein grösseres Haus bauen würden, stände das kleine Juan, dem Neffen von Jaime, mit seiner Familie zur Verfügung.
Jaime hat zum Glück einen guten – ich nenne ihn mal – Polier gefunden. Er übernimmt die Leitung der Arbeiten von der Armierung über die Wasser-, Abwasser-, Stromleitungen und Dachdecken bis zum Platten verlegen. Er arbeitet exakt, ist zuverlässig und ehrlich. Jaime hat mit ihm einen Preis für die gesamte Arbeit ausgehandelt. Alles Material muss Jaime selbst organisieren.
Erstaunlicherweise hat dieser Polier weder lesen noch schreiben gelernt. Für die Planung scheint mir dies eine sehr wichtige Fertigkeit. Wir werden sehen, ob er das Arbeitsvolumen richtig eingeschätzt hat. Aber auch die Planung von einer Woche zur anderen ist für den Polier eine Herausforderung. Z.B. Die Bestellung der notwendigen Materialien für die kommende Woche.
Es kam vor, dass er Jaime abends um 17 Uhr anrief, es fehle Sand für den nächsten Tag. Wenn wir nicht möchten, dass die Arbeiten stillstehen, heisst das Nachtarbeit. Sand holen bedeutet beispielsweise: mindestens einen zusätzlichen Arbeiter organisieren, mit dem Pickup an den Fluss fahren, Sand schaufelweise in Säcke füllen, aufladen und auf der Finca abladen. Da die wenigsten Leute ein Auto fahren können, ist Jaime stets im Einsatz.
Bei einer anderen Gelegenheit, wollte Jaime zwei ruhige Tage bei uns in Matagalpa verbringen, als er Meldung vom Polier erhielt, es sei nur noch eine von zwei Schaufeln zu finden. Entweder kann Sand vom Fluss in Säcke geschaufelt oder beim Haus kann Beton gemischt werden. Eine halbe Stunde später ein weiterer Anruf, es habe keine Säcke mehr, um Sand aufzuladen. Jaime musste an diesem Tag noch das Material in der Stadt organisieren und zur Finca fahren.
Im Moment ist er gerade dabei, mit einem Spezialisten einen Baum der Finca zu fällen für die Herstellung der Dachsparren. Schon bald wird das Dach mit einem roten Wellblech bedeckt sein und die Feinarbeiten können beginnen.
Mirka Lötscher
Über die Bloggerin
Mirka Lötscher ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Ihre Ausbildung als Ing. Agronomin führte sie zu einer Arbeitsstelle am Inforama Bern. Seit bald fünf Jahren ist sie mit dem 41-jährigen Jaime aus Nicaragua verheiratet. Er ist ebenfalls Agronom und für die ersten gemeinsamen Jahre in die Schweiz gekommen. Die beiden haben einen Sohn im Kleinkindalter, Dario.