Die Wohnküche im Bauernhaus im Höchhuser in Wyssachen BE ist heimelig und der grosse Tisch lädt ein, um
daran zu verweilen. Es hat Platz genug, damit die Kinder etwas spielen und die Erwachsenen
einen Kaffee trinken können.
Einen solchen gönnt sich Marianne Hess zwischendurch gerne. Dazu hält sie ihren drei Monate alten Sohn Andrin
Michael in den Armen. Die fünfjährige Elena ist derweil fleissig am Puzzlezusammenfügen, beobachtet von der dreijährigen Laura. Vom Glückskleeblatt fehlt in solchen Momenten die sechsjährige Leandra, die schon den grossen Kindergarten besucht.
Vom Flachland ins Hügelgebiet
Marianne Hess ist mit sieben Geschwistern als Bauerntochter im bernischen Oberaargau aufgewachsen. «Das Dorf Aarwangen liegt an der Aare im Flachland, was mir damals viel besser gefallen hat, als die Hügellandschaft hier in Wyssachen», stellt sie lachend fest. Nach der Schulzeit lernte sie Schnittblumen- und Topfpflanzengärtnerin. Die Natur und das Arbeiten mit Tieren mochte sie schon immer gerne, doch Bäuerin zu werden konnte sie sich wegen des Verkaufs und Schlachtens der Tiere nicht vorstellen.
«Do suechi mir e Puur»
Manchmal lässt sich im Leben aber nicht ganz alles planen, und so bekam Marianne Hess auf Umwegen als junge Berufsfrau in Wyssachen eine Anstellung. «Ich fühlte mich in diesem Ort sofort wohl und geborgen, es herrschte ein wenig heile Welt», sinniert Marianne Hess. Das Bimmeln der Glocken und das Pfeifen der Vögel zu hören, dabei einen Moment innezuhalten, dass tut einfach der Seele gut! «Do suechi mir e Puur, hie bini u hie blibeni, isch mir klar worde», hält Marianne Hess rückblickend fest. Sie fand ihn in Peter Hess, Zimmermann und Landwirt. Seit der ersten Begegnung sind einige Jahre vergangen, und die junge Familie hat den Landwirtschaftsbetrieb im Höchhuser von den Eltern übernommen.
Eine Kuh mit besonderen Rechten
Auf dem zehn Hektaren grossen Betrieb sind die Milchwirtschaft, Schweinezucht und -mast zentral. Im Stall stehen ausschliesslich reine Simmentalerkühe mit Hörnern. «Die Viehzucht ist ein wichtiger Bestandteil und der Verkauf von Zuchttieren ein weiteres Standbein. Somit sind auch die Viehschauen ein wichtiges Ereignis im Jahr. Allerdings brauchte es einige Zeit, bis mir die eher kräftigen Kühe gefallen haben, nun bin ich begeistert», meint Marianne Hess. Damit der Verkauf der Tiere ihr weniger Mühe bereitet, besitzt sie ihre eigene Lieblingskuh, die etwas mehr Rechte erhält. Es ist darum auch nicht verwunderlich, dass jedes der Kinder auch schon ein «Chueli» als sein eigenes betrachtet.
«Die Schwiegereltern sind noch aktiv, meine Mithilfe im Betrieb ist zurzeit nicht gross. Mit den vier Kindern sind es ausgefüllte Tage. Unsere Laura braucht mit ihrer Behinderung (Down-Syndrom) zudem etwas mehr Zeit und Geduld, aber sie wird ihren Weg sicher genauso machen, wie Leandra, Elena und Andrin Michael», ist Marianne Hess überzeugt.
Die Generationen halten zusammen
Sie findet es wunderbar, dass sie in eine Familie geheiratet hat, in welcher der Zusammenhalt gross ist. Durch die Woche wird gemeinsam zu Mittag gegessen, drei Generationen sitzen am Tisch, und zuweilen finden sich auch Gäste ein. «Meine Schwiegermutter Annemarie hilft mir in so vielen kleinen und grossen Dingen wie Wäsche aufhängen, die Treppe wischen, Kinder hüten, oft bemerke ich einige Sachen erst viel später», sagt Marianne Hess dankbar. Immer mit Hilfe rechnen kann sie auch bei Tante Hanni, wenn sie jemanden zum Kinderhüten braucht.
Im Volleyballverein aktiv
Einmal pro Woche geht Marianne Hess nach Aarwangen als Trainerin und «Mädchen für
alles» in den Volleyballverein. Schon in der fünften Klasse fing sie mit dem Ballsport an. Als eine Mitbegründerin des Vereins liegt es ihr nun sehr am Herzen, dass die Jugend im Dorf eine Möglichkeit hat, sich sportlich aktiv zu betätigen. «I chas eifach nid la si», gibt Marianne Hess zu und tankt beim Volleyball auch Kraft für ihren Alltag. Ihre Mutter in Aarwangen übernimmt in dieser Zeit die Betreuung von Andrin, solange er gestillt wird. «Das isch so lieb vo mim Mueti, u hät si das nid bi jedem Ching übernoh, hätti scho lang müesse höre», sagt Marianne Hess dankbar.
Ebenfalls einen Halt fürs Leben und ein festes Netzwerk findet sie bei den sonntäglichen Predigtbesuchen in der Freien Evangelischen Gemeinde Sumiswald. Viel Freude, Abwechslung und spannende Sachen erlebt sie täglich im Familienleben.
Barbara Heiniger