Hansjörg von Känel ist passionierter Handmähder und Hersteller von Handsensen. Etwa 30 verschiedene Arten von Sensen gibt es in seiner Werkstatt in Gunzwil LU. Früher hatten die Bauern in jeder Region ihre eigenen Sensen, zum Beispiel die Appenzeller-, die Zürcher Oberländer- oder die Emmentaler Sense. Das Handwerk des Sensenmachers ist heute fast ausgestorben. Wörbe, wie man die Stiele nennt, und die Sensenblätter werden heute zum allergrössten Teil industriell hergestellt. Von Känel verwendet zwar auch industriell hergestellte Wörbe, aber manchmal baut er in Handarbeit einen Worb nach, den er auf einem alten Foto sieht. Er will wissen, wie sich damit mähen lässt.

«Mähen ist ein Vergnügen»

Handmähen muss keine Plage sein. Früher haben die Mähder während ihrer Arbeit häufig gesungen, was heute noch in Ländern wie der Slowakei oder Polen vorkomme. „Das Mähen ist für mich Vergnügen“, erzählt der Handmähder. Es muss ohne Kraftaufwand gehen. Wenn andere am Abend müde sind, dann kann der rüstige Rentner noch frisch weitermähen, bis er mit einem „Juchz“, einem Freudenruf, seine Arbeit schliesslich beendet. Neben der Mähtechnik kommt es beim Mähen auch auf das Gewicht der Sense an. Die leichteste Sense in der Werkstatt ist eine Appenzeller Sense, die mit dem Blatt nicht ganz ein Kilogramm schwer ist. So eine Sense lässt sich auch von Frauen leicht handhaben. „Wir können es kaum erwarten, bis das Gras gross genug ist“, fügt sein „Lehrling“ Lydia Iurt hinzu. Sie wurde an einem Kurs des Handmähders vom Mähvirus angesteckt und lernt nun selbst das Sensenhandwerk.

Richtig dengeln

Eine Gruppe von Handmähfreunden ist in die Werkstatt von Von Känel gekommen, darunter ein Landwirt, ein Gärtner, aber auch ein Arzt. Leute, die Freude an der Natur und an prächtigen Blumenwiesen haben und die eine Wiese möglichst schonend und ohne maschinellen Lärm mähen wollen. Speziell wollen sie lernen, wie man eine Sense richtig dengelt. Jeder holt sich einen Dengelhammer und einen Dengelbock und sucht sich einen Platz in der Werkstatt, um sein mitgebrachtes Sensenblatt zu schärfen. Sitzend halten die „Schüler“ ihr Sensenblatt auf den Dengelamboss und schlagen mit dem Hammer auf die flache Schneide. Dadurch wird die Schneide nicht nur immer dünner, sondern das Metall wird immer härter. Das ist der Vorteil des Kaltschmiedens. Würde man das Metall mit einem Winkelschleifer schärfen, würde es erhitzt und dabei weicher werden. Dengeln benötigt Konzentration. „Jeden Hammerschlag solltest Du sehen“, sagt der Meister. Das Metall sollte an der Schneide nur noch ein Zehntel Millimeter dick sein. Fährt man mit dem Fingernagel unten der Schneide hindurch, sollte der Nagel sichtbar sein. Schön senkrecht soll der Hammer auf die Schneide fallen. Dazu muss der Arm locker sein und am Körper anliegen. Ein guter „Dengeler“ kann während des Dengelns ein Ei unter dem Arm halten, ohne dass er es zerdrückt oder es fallen lässt. Dengeln lohnt sich. Mit einer gut gedengelten Schneide lassen sich 40 Streiche mähen, bevor man wieder wetzen muss, sagt Lydia.

Worb muss passen

Auch mit dem schärfsten Sensenblatt lässt sich nicht gut mähen, wenn der Worb nicht zur Körpergrösse passt. Stellt man die Sense vor sich auf, sollte in der Regel der obere Griff, Gürbi oder Zwiebel genannt, bis zum Kinn reichen. Nimmt man das Gürbi unter die rechte Achsel, sollte bei ausgestrecktem Arm die Hand den unteren Griff, in der Fachsprache Häuchli genannt, erfassen können. „Das sind Grundregeln“, sagt der Worbmacher, aber auch hier keine Regel ohne Ausnahme. Je nach Körperbau, Ansichten und Gewohnheiten des Mähders, können beim Gestalten des Worbes Worblänge, Griff-Formen und Abstände angepasst werden. Durch die Vielfalt der traditionellen Worbarten in der Schweiz, wären wunderbare Anpassungsmöglichkeiten an Mähderin und Mähder sowie ihre Bedürfnisse vorhanden, doch leider verschwindet die Vielfalt. Man kann sich nur wünschen, sagt Von Känel, dass traditionelle, fachkundige Worbmacher, wie zum Beispiel Willi Koller aus Haslen AI, ihre hohe Worbmacherkunst weitergeben können.

Die Sense singen hören

Schliesslich muss das Sensenblatt im richtigen Winkel am Worb befestigt werden. Mit einem Schweissgerät erhitzt der Sensenbauer das Eisenstück zwischen Sensenblatt und Ankerschraube, das sogenannte Hammenteil, um es etwas biegen zu können. Nun ist die Sense mähbereit. Da die Schneide sich beim Mähen abnützt, muss sie während des Mähens immer wieder geschärft werden. Dazu fährt man den Wettstein gleichmässig von der Bartecke des Blattes zur Spitze, wobei man den Stein eher flach zur Schneide hält. Der Mähder trägt den Wettstein in einem am Gürtel aufgehängten Wettsteinfass. Dieses ist mit Wasser und am besten einem Schuss Essig gefüllt. So bleiben die Poren des Wettsteins offen und er zieht besser. Wer das Mähen beherrscht, hört nun die Sense singen. Das jedenfalls sagen die Handmäher in Frankreich.

Michael Goetz, lid