Obwohl Sohn Christoph mittlerweile den Hof Chnülle übernommen hat, lässt Niklaus Furrer das Thema Ziegenmilch nicht kalt. Mit dem Milchverarbeiter Emmi geht er hart ins Gericht: "Der Respekt vor der einheimischen Produktion scheint abhanden gekommen zu sein."
Als sich Emmi vor drei Jahren erstmals an einem holländischen Milchverarbeiter beteiligt habe, seien die besorgten Schweizer Produzenten beschwichtigt worden. In seiner Funktion als Präsident der Emmi-Ziegenmilchlieferanten habe Furrer das Versprechen erhalten, dass kein holländischer Käse importiert werde.
Wachstum fordert Opfer
Vom neuen Kaltbach "Le Chèvre" mit ausländischen Wurzeln habe er aus dem Emmi-Magazin erfahren. Fast zeitgleich sei seine Frau beim Einkaufen auf das Produkt gestossen, eine Herkunftsbezeichnung hätten sie beide in der aufgelegten Broschüre jedoch nicht finden können. Vom Vorgehen der Emmi ist Furrer zwar enttäuscht, jedoch keineswegs erstaunt.
Als er vor gut zwanzig Jahren mit Ziegenmilch angefangen habe, sei Emmi beim Preis noch führend gewesen, berichtet Furrer. Mit der Übernahme der Westschweizer Fromagerie Bettex Ende 2010 sei der Preis auf einen Schlag um 20 Rappen pro kg gesunken. Nach längeren Streitigkeiten konnten wieder rund 10 Rappen gut gemacht werden, momentan liegt der Durchschnittspreis bei Fr. 1.14 pro kg.
"Leider konnten wir uns mit den welschen Kollegen nicht zusammenschliessen, sie waren im Gegensatz zu uns zufrieden mit der Vergütung", beschreibt Niklaus Furrer die Problematik, welcher die Produzentenorganisation gegenüberstand. Diese Uneinigkeit führte schlussendlich zum kompletten Machtverlust, sodass die Emmi-Verwaltung die Mengenverteilung nun in den eigenen Händen hat.
Fragliche Mengensteuerung
"Das Unternehmen war wohl auch etwas zu euphorisch. Bis zur letzten Vorstandssitzung wurden wir immer darin bestärkt, mehr zu melken. Der Grund für die plötzliche Zurückhaltung scheint mir nun auch bekannt zu sein", schildert der Milchproduzent seine Wahrnehmungen.
Das Qualitäts-Argument, wie es die Emmi-Marketing-Abteilung verlauten liess (siehe Artikel vom 28. Oktober), will der Landwirt nicht gelten lassen. Zumindest der Rohstoff, die Milch, könne in der Schweiz nicht schlechter sein als die holländische. Die Marktlage für Ziegenkäse schätzt Klaus Furrer nach wie vor positiv ein, solche Importe seien aber eine grosse Konkurrenz zu den Schweizer Produkten.
Auch wenn Emmi-Sprecherin Sibylle Umiker in Bezug auf die Importmenge relativiert, befürchtet Niklaus Furrer doch eine grössere Verdrängung der einheimischen Marke "Le petit chevrier". Während deren Käse "Surchoix de chèvre" bei Coop zu einem Preis von Fr. 33.10 pro kg verkauft wird, ist der Premiumkäse "Le Chèvre" – laut Furrer übrigens qualitativ einwandfrei – mit Fr. 35.– pro kg nur wenig teurer.
Auch positive Seiten
Im Allgemeinen fühlt sich Furrer vom Milchverarbeiter unehrlich behandelt, an die Versprechungen mag er erst gar nicht mehr glauben. Doch warum wird dann die Milch vom Chnülle-Hof noch immer in Kaltbach verarbeitet? "Man muss auch die Vorteile sehen: Die Abnahmegarantie und dadurch Planungssicherheit, die uns Emmi bietet, wäre bei einem kleineren Partner schwieriger." Für eine Produzentenorganisation von solcher Grösse wäre es sowieso praktisch unmöglich, einen neuen Verarbeiter zu finden.
Früh auf Nische gesetzt
Bereits 1992 stieg Niklaus Furrer mit rund 20 Tieren in die Ziegenmilchproduktion ein. Da er von seinen 20 Kühen schon vorher Sbrinz-Milch abgeliefert hatte, war die silofreie Fütterung auch bei den Ziegen gegeben. Mit dem Neubau des Stalls im Jahr 2010 konnte er die Herde auf knapp 50 Stück vergrössern, die Milchliefermenge beträgt durchschnittlich 45 000 kg pro Jahr.
Die Futtergrundlage ist mit rund 12 ha Betriebsgrösse eher knapp, weshalb Furrers von einem benachbarten Ackerbau- und Schweinebetrieb noch Kunstwiesen bewirtschaften. "Für die Milchziegenhaltung ist nicht jeder geeignet, es braucht das nötige Flair für diese sensiblen Tiere", ist Niklaus Furrer überzeugt. Die Fütterung und Beobachtung sind für ihn elementar für eine erfolgreiche Ziegenhaltung. Umsteiger sollten sich vorher gut erkundigen, rät der erfahrene Züchter.
ag