Die Abstandsauflagen sind eine klare Folge davon, dass immer wieder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im Wasser gefunden werden», sagt Ronald Wohlhauser. Er ist Spezialist für 
Applikationstechnik bei Syngenta. «Natürlich sind es immer auch mal wieder Mittel aus Haus und Garten. Aber wo ein Rübenherbizid herkommt, muss man nicht diskutieren.»

Und die Landwirtschaft muss aufpassen: Heute ist die Analytik so gut, dass sie ein Millionstel Gramm Pflanzenschutzmittel in einem Liter Wasser nachweisen kann. Das ist ein Tausendstel Gramm in 1000 Litern Wasser. «Wenn heute ein Landwirt beim Wenden mit dem Balken über einen kleinen Bach schwingt und ein paar wenige Tropfen ins Wasser fallen, sind die auch noch nach einigen Kilometern bachabwärts nachweisbar. Diese Kleinstmengen können wir uns meist gar nicht mehr vorstellen.»

Angaben auf Kanister beachten

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat im November 2013 die «Weisungen betreffend der Massnahmen zur Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln» erlassen. Demnach ist für jedes Pflanzenschutzmittel vorgeschrieben, welcher Abstand zu Gewässern, Spazierwegen und ökologischen Ausgleichsflächen eingehalten werden muss.

Die Abstandsauflage beträgt in den Ackerkulturen meistens 6 m oder 20 m. In den Spezialkulturen können sie jedoch auch 50 m oder 100 m betragen. Die Angaben dazu findet man auf dem Pflanzenschutzmittel-Kanister unter der Bezeichnung SPe 3. In der kleinräumigen Schweiz sind 100 m Abstandsauflage praktisch nicht umsetzbar. Im Extremfall kann damit nur noch das halbe Feld mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden.

Anders als in Russland, wo Wohlhauser neulich unterwegs war. «Auf einem Betrieb mit Parzellen um die 1000 ha spielen 20 m Pufferzone keine Rolle. Aber in der Schweiz ist es zentral, dass wir technische Möglichkeiten haben, um diese Abstandsauflagen zu verkleinern.» In den Feldkulturen sind es vorwiegend Antidrift-Düsen, luftunterstützte Spritzbalken und Bandspritzung mit oder ohne Spritzschirm. 

Mehr Möglichkeiten bei Spezialkulturen

In den Spezialkulturen sind die Möglichkeiten vielfältiger. Auch hier gibt es 
Antidrift- und Injektordüsen. Bei den Gerätschaften können beispielsweise Tangentialgebläse oder Vegetationsdetektoren mit horizontaler Luftstromlenkung eingesetzt werden. Auf der Ebene der Parzelle geht es um geschlossene Hagelnetze oder zusammenhängende Vegetationsgürtel rund um die Anlage.

Wichtig bei den Spezialkulturen ist auch die Durchführung der Spritzung. Hier geht es zum Beispiel um die Luftmenge, die maximal  20 00 m3/h 
betragen soll oder darum, dass die 
äussersten fünf Reihen nur gegen
innen gespritzt werden. Detailliertere Information zu den Auflagen 
im Bereich Spezialkulturen finden sich in den erwähnten Weisungen des BLW.

Vertrauen in die neue 
Technologie ist wichtig

Wohlhauser empfiehlt den Landwirten, auf Antidrift-Düsen umzurüsten. «Dazu mit 200 bis 400 Litern Wasser und zum richtigen Zeitpunkt spritzen. Damit ist man in der Schweiz in 95 Prozent auf der sicheren Seite.» Aber gerade die Antidrift-Düsen sind in der Schweiz nicht so verbreitet, wie Wohlhauser es gerne hätte.  

«Der Praktiker will vor allem, dass seine Mittel Wirkung zeigen. Früher sagte man, die Wirkung sei gut, wenn man eine grosse Spritzwolke sieht.» Heute sieht man im Idealfall nichts, da braucht es Vertrauen in die Technologie. «In Schulungen können wir die Zusammenhänge vermitteln und die neuen Düsen vorführen.» Dabei wird mit wassersensitivem Papier gearbeitet, um das Spritzbild zu zeigen. «Zentral ist, dass die Landwirte sehen, dass die Wirkung vorhanden ist.»   

In der Schweiz wird meist mit 
Wassermengen zwischen 200 und 400 Litern gefahren. Weltweit sieht das anders aus. «Auf Betrieben mit mehreren Tausend Hektaren werden oft nur noch an die 100 Liter pro Hektare ausgebracht. Da kommt man schon an die Grenzen der Wirksamkeit. Insbesondere, wenn es Kontaktmittel sind», so Wohlhauser.

«Die Standard-Flachstrahl-Düse 
ist im Bezug auf die biologische Wirkung eine Topdüse», will Wohlhauser richtig verstanden werden. «Aber heute ist Umwelt- und Gewässerschutz mindestens so wichtig. Also müssen wir Düsen einsetzen, die 
im mittel- bis grosstropfigen Bereich arbeiten.» Wie die Antidrift-Düse.

Nach bestem Wissen 
und Gewissen

«Wir sitzen alle im gleichen Boot», 
so der Applikationstechniker. «Wir wollen alle, dass die Mittel möglichst lange auf dem Markt bleiben. Und man muss sich überlegen: Was passiert, wenn weiterhin Rückstände 
im Wasser gefunden werden?» Diese Frage stellt Wohlhauser jeweils auch an Feldtagen und Schulungen. «In Holland gibt es Kontrollen, die vom Helikopter aus gemacht werden», nennt er ein Beispiel. Man müsse sich immer fragen, was die Konsequenz vom eigenen Verhalten sei.

«Leider sind gewisse wichtige Zusammenhänge in den Köpfen vieler Leute falsch gespeichert», so Wohlhauser. «Viele Landwirte glauben, dass hoher Druck dazu führt, dass das Mittel besser in den Bestand eindringt. Das ist leider falsch.» Vielmehr ist es gerade umgekehrt. «Die Physik lehrt uns, dass höherer Druck zu kleineren Tropfen führt. Diese dringen wegen der kleineren kinetischen Energie schlechter in den 
Bestand ein», erklärt der Spezialist. «Wer also will, dass das Mittel gut in den Bestand eindringt, muss gröbere Tropfen produzieren und muss daher mit dem Druck runter.»

«Bei Fehlern von Einzelnen haftet die gesamte Landwirtschaft», sagt Wohlhauser. Die nachweisbaren Spritzmittelmengen sind heute so klein, dass ein Fehltritt ausreicht, um die Landwirtschaft erneut in die Schlagzeilen zu bringen. «Und da-
neben gibt es Profis, die alles richtig machen und entsprechend dokumentieren. Die nachweisen könnten, dass zuverlässig gearbeitet worden ist. Aber darüber spricht man nicht. Es wird leider nur über die Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft generell gesprochen.»

Katharina Scheuner

Die «Weisungen betreffend der 
Massnahmen zur Reduktion 
der Risiken bei der Anwendung von 
Pflanzenschutzmitteln» können unter 
www.blw.admin.ch unter Themen/Produktionsmittel/Pflanzenschutzmittel/Informationen 
zuhanden der Anwender heruntergeladen werden.