Vor 39 Jahren hat Christoph Holenstein seinen ersten Appenzeller-Käse hergestellt. Damals war er 16 Jahre alt, hatte eben erst seine Lehre angetreten. Es folgten weitere Ausbildungen: KV-Lehre, Weiterbildung an der Molkereischule Rütti sowie in den Jahren 1985 bis 1989 das Studium am damaligen Land­wirtschaftlichen Technikum in Zollikofen. Am 27. März dieses Jahres ist Holenstein, inzwischen 55 Jahre alt geworden, von den Gesellschaftern zum Direktor der Sortenorganisation Appenzeller gewählt worden.

Eine bereits vertraute Umgebung angetroffen

Beim Antritt seiner neuen Stelle hat Christoph Holenstein eine ihm bestens vertraute Umgebung angetroffen. Bereits von 1989 bis 2010 hatte er mehr als 20 Jahre bei der Sortenorganisation Appenzeller gearbeitet, als Marketingleiter und als Stellvertreter des Direktors. Danach folgte eine wertvolle Horizonterweiterung im Käsehandel als Standortleiter der Emmi in Gossau SG und Wittenbach SG. Und jetzt ist Holenstein seit einigen Wochen wieder zurück am alten Ort seines Wirkens; allerdings als Direktor in einer neuen Funktion. Die Verbundenheit mit dem Appenzeller-Käse sei offenbar grösser, als er es selbst habe wahrhaben wollen, kommentiert Holenstein seine Rückkehr zum alten Wirkungsort.

Nationalbank sorgte für die grösste Herausforderung 

Christoph Holenstein hat die neue Stelle nach einer unruhigen Phase angetreten. Sein Vorgänger war bis zur Kündigung nur gut zwei Jahre im Amt. Im Herbst 2013 sorgte ein Streit zwischen Käsereien und Milchbauern für rote Köpfe und Schlagzeilen. Es ging um die Verteilung einer Erhöhung des Verkaufspreises im Detailhandel um 70 Rappen pro Kilogramm auf die Produzenten und die Verarbeiter. Doch für die grösste Herausforderung an die Sortenorganisation Appenzeller – und an die gesamte Branche – sorgte die Nationalbank im Ja­nuar mit ihrem Entscheid, die Untergrenze des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro von 1,20 Franken nicht mehr zu stützen. 

Die Sortenorganisation Appenzeller ist exportorientiert. Sie setzt rund 60 Prozent der Produktion ihrer 52 Käsereien rund um den Säntis im Ausland ab. Den Löwenanteil in Deutschland, gefolgt von Frankreich. Der Inlandanteil der Verkäufe in der Grössenordnung von 40 Prozent entspricht je nach jährlichen Schwankungen zwischen 3800 und 4000 Tonnen Käse. 

Exporte um 1,7 Prozent zurückgegangen

Bis vor wenigen Tagen galt ein Kurs von knapp 1,05 Franken zum Euro. Damit hat sich für ausländische Käufer der Preis für Appenzeller um 15 Prozent verteuert. Unter diesen Voraussetzungen haben sich die Verkäufe im Export im 1. Quartal 2015 gehalten, über sechs Monate betrachtet sind sie um 1,7 Prozent zurückgegangen. Im Urteil von Holenstein ist dies ein gutes Resultat. Es sei darauf zurückzuführen, dass die Marke Appenzeller in Deutschland beliebt, gut eingeführt und bekannt sei. Bis jetzt sei der Appenzeller noch in keinen Läden aus dem Regal genommen worden. Allerdings sei die Situation ab April vereinzelt harziger geworden, konstatiert Holenstein. 

Dies mag daran liegen, dass die Preise für Appenzeller ab Ende Januar nicht sofort erhöht wurden und dass einzelne Händler im Ausland noch Käse an Lager hatten. Deshalb bleibt offen, ob diese Verkaufszahlen gehalten werden können. 

Die Situation im Inland sieht Christoph Holenstein weniger dramatisch. Im Detailhandel würden sich die Preise für ein Kilogramm Appenzeller je nach Kanal in einer Bandbreite zwischen 15 und 25 Franken bewegen. Für ein Qualitätsprodukt wie den Appezeller sei dies für die Konsumenten in der Schweiz ein erschwinglicher Preis. 

Währungsverlust nur teilweise weitergegeben

Die vergleichsweise gute Situation des Appenzellers in einer schwierigen Marktlage liegt für Holenstein darin, dass die Sorte die Verkaufspreise im Export leicht gesenkt hat. Sie gibt nur 8rozent des Währungsverlusts an die Käufer im Ausland weiter. Das führt dazu, dass sich für die rund 1000 bis 1100 Appenzeller-Milchproduzenten der Milchpreis um 4 bis 6 Rappen reduziert hat. Er bewegt sich laut Holenstein damit aber immer noch in der Grössenordnung von gut 70 Rappen pro Kilogramm. Die bezahlten Preise würden aber zwischen den Käsereien und Landwirten ausgehandelt. Neben der Reduktion des Verkaufspreises hat Appenzeller zudem die Produktion leicht gedrosselt. 

Dies hat allerdings zu einem unerwünschten Nebeneffekt geführt. Weil trotz gedrosselter Appenzeller-Produktion nicht weniger Milch auf dem Markt ist, steigt der Druck durch Imitatkäse, und die Konkurrenz zwischen den Anbietern verschärft sich. Diese Entwicklung sei alles andere als geeignet, den Milchpreis zu stützen, stellt Christoph Holenstein fest.

Auf dem bisherigen Weg mit Erfolg in die Zukunft führen

Christoph Holenstein hat seine neue Aufgabe mit dem Ziel angetreten, die Marke Appenzeller unter schwierigen Umständen auf dem bisherigen Weg und mit den bisherigen Werten in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dabei sollen alle Beteiligten an der Wertschöpfungskette möglichst gleichmässig am Erfolg partizipieren. Zu den Werten des Appenzellers gehören auch die gelebte Tradition und das Brauchtum des Appenzellerlandes. Solche Werte fliessen auch in die Werbung ein. 

So werden die drei knorrigen Appenzeller in traditioneller Tracht weiterhin in Werbespots beharrlich und durch alle Böden das Geheimnis der Appenzeller Kräutersulz verteidigen. Schauspieler Uwe Ochsenknecht kann sich da bemühen, wie er will. Die drei Appenzeler lassen ihn ins Leere laufen. Aber auch auf Kanälen wie Youtube markiert die Sortenorganisation Appenzeller mediale Präsenz. 

Das Produktversprechen einhalten

Ein weiteres zentrales Anliegen von Christoph Holenstein liegt darin, dass das Produkt­versprechen eingehalten wird. Die einzelnen Appenzeller-Laibe sollen erst dann in den Handel kommen, wenn deren Reifegrad stimmt. Der silberne Appenzeller Classic muss mildwürzig, fein sein; der goldene Surchoix vollwürzig rezent und der schwarz-goldene Appenzeller Extra extrawürzig und rezent.

Christian Weber


Christian Weber