BauernZeitung: Die «BauernZeitung» besuchte mehrere Bauernfamilien und fragte, wie sie auf die Auswirkungen der neuen Agrarpolitik (AP) mit dem Wegfall der Tierbeiträge reagieren. Die Betriebsporträts wurden am 3. und 10. Januar

in der «BauernZeitung» veröffentlicht. Können Sie die von den Bauernfamilien geäusserten Sorgen, die den Betrieben wegen der AP 2014–17 entstehen, verstehen?

Daniel Felder: Ja, absolut. Die Resultate der bisherigen Berechnungen zeigen sehr unterschiedliche Ergebnisse. Für viele Betriebe wird es wohl nicht möglich sein, das bisherige Direktzahlungsniveau zu halten. Das ist natürlich problematisch wenn man bedenkt, dass es um die wirtschaftliche Situation auf vielen Betrieben bereits heute nicht zum Besten steht.


Wie können die Betriebe die Herausforderungen der neuen AP meistern?

Felder: Wichtig ist, sich mit dem neuen Direktzahlungssystem zu beschäftigen, die Berechnungen für den eigenen Betrieb zu machen und die Resultate anschliessend umfassend zu analysieren. Nur so ist es möglich, ein brauchbares Resultat zu erhalten und die notwendigen Schritte einzuleiten. Ich staune immer wieder, wie sich einzelne Betriebsleiter von der Negativ-Polemik rund um die neue AP vor-einnehmen lassen, ohne die Berechnungen für ihren Betrieb gemacht zu haben. Ich höre sehr oft Aussagen wie: «Mein Betrieb verliert so und so viel Tausend Franken Tierbeiträge.» Tatsache ist doch, dass jeder Betrieb mit raufutterverzehrenden Tieren Tierbeiträge verliert. Man kann doch nicht nur einzelne Beitragstypen des alten und des neuen Systems vergleichen, deshalb muss die Berechnung für den Gesamtbetrieb gemacht werden.


Welche Fragen stehen im Mittelpunkt?

Felder: Wie hoch waren die gesamten DZ im alten System, und wie hoch werden die DZ ohne betriebliche Anpassungen 2014 sein? Nur das gibt eine brauchbare Aussage! Ich rate aber den Betriebsleiterfamilien grundsätzlich, sich einmal zu überlegen, wie sie die nächsten Jahre gestalten wollen. Haben sie noch Freude an dem, was sie machen? Verdienen sie noch Geld damit? Wenn ja, dann sind sie auf dem richtigen Weg, wenn nein, dann müssen sie etwas verändern.


Woher kommt bei vielen Bauern das Gefühl, dass es mit der neuen AP mehr Verlierer als Gewinner gibt?

Felder: Die Ausgestaltung wie auch die Umsetzung der AP 2014–17 sind aus meiner Sicht nicht in jedem Bereich optimal verlaufen. Beispiel Landschaftsqualitätsbeiträge: Ein bedeutendes Instrument der AP 2014–17 ist nach der Einführung des neuen Systems auf Jahresbeginn 2014 immer 
noch nicht fertig ausgearbeitet. Das verunsichert die bäuerliche Basis. Ausserdem bin ich der Meinung, dass 
das BLW sich selber und 
auch der Landwirtschaft mit dem Instrument der Übergangsbeiträge keinen Gefallen getan hat. Was mit der Abfederung vom alten auf das neue System gut gemeint war, entwickelt

sich zum Bumerang. Für viele Betriebe ist nicht klar, wie die

innerhalb von acht Jahren weg-fallenden Übergangsbeiträge kompensiert werden können.


Milchproduzent Martin Hübscher aus Islikon ZH verliert einen Sechstel der Direktzahlungen. Wie soll der Betrieb Hübscher auf die neue Situation reagieren?

Felder: Ich kenne den Betrieb nicht, hatte jedoch viele ähnlich gelagerte Betriebe in der Beratung. Für intensive Milchproduktionsbetriebe im Talgebiet zeigen die Berechnungen tatsächlich sehr oft einen Rückgang der DZ auf. Eine Kompensation mit neuen Programmen ist ohne Umstellung in der Produktionsstrategie fast nicht möglich.


Die Familie Häfliger 
aus Triengen LU mit den Schwerpunkten Schweinezucht und Milch
produktion macht die Streichung der Tierbeiträge Sorgen (56 Muttersauen und Milchproduktion 550 00 kg Käsereimilch). Der Betrieb Häfliger verliert durch die neue AP rund 30 00 Franken 
an Raufutter- und TEP-Beiträgen. Was empfehlen Sie der Familie Häfliger?  

Felder: Interessant wäre in diesem Fall zu wissen, wie sich die Veränderungen der neuen AP auf den Gesamtbetrieb auswirken. Wie gesagt, den Vergleich zwischen einzelnen Beitragstypen finde ich sehr heikel. Auch für Familie Häfliger wird es wohl schwierig, das bestehende Niveau zu halten, ohne an Produktionsvolumen einzubüssen. Solche Betriebe müssen sich aber vor Augen führen, wie hoch der Anteil DZ an den gesamtbetrieblichen Leistungen sind. Im Talgebiet machen die DZ oftmals weniger als 20% der Leistungen aus, der Produkteverkauf hat einen viel höheren Stellenwert. Für solche Betriebe gilt es nun, sich fortan wieder vermehrt auf die Produktion zu konzentrieren. Einige Rappen weniger Milchproduktionskosten haben einen viel grösseren Effekt als die krampfhafte Optimierung des neuen DZ-Systems.


Wie können die Betriebe, die ihren Tierbestand aufgestockt haben, den Abbau der deutlich tieferen Direktzahlungen kompensieren?

Felder: Die Kompensationsmöglichkeiten sind auf vielen Betrieben ähnlich: Ausschöpfung der Produktionssystembeiträge (z. B. graslandbasierte Produktion) oder Optimierungen in der Biodiversität. Ich könnte nie mit gutem Gewissen einem Bauern mit Fokus auf die Produktion empfehlen, mehr Ökoflächen zu machen. Das hat Auswirkungen auf die Futter
produktion und somit Einbussen beim Verkauf von Milch und Fleisch zur Folge. Was aber in vielen Fällen einen Sinn ergibt, ist die Aufwertung von Ökoelementen.


«Wir verlieren 7000 Franken», stellt die Bergbauernfamilie Jaun aus dem Berner Inner­eriz fest. Die Familie fasst die 
graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion ins Auge. Was könnte ein solcher Umstieg bringen?

Felder: Für Milchproduktionsbetriebe, welche die Auflagen für die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion ohne grössere Umstellungen in der Fütterung erreichen können, ist das absolut sinnvoll. Etwas weniger Kraftfuttereinsatz oder weniger Mais in der Ration stellt auf vielen Betrieben nicht gleich das ganze System auf den Kopf. Betriebe, die jedoch von diesen Eintretenskriterien weit entfernt sind, weil sie z. B. mit einer TMR füttern, müssen hier nicht lange überlegen. Das hat in den meisten Fällen keinen Sinn.


Wie können Biobauern ihre Betriebe unter den neuen Rahmenbedingungen weiter optimieren?

Felder: Die Ausgangslage ist dieselbe wie bei den übrigen Betrieben. Ich bin nicht der Meinung, dass Biobetriebe mit der neuen AP viel besser fahren. Die Zahlungen, die an die biologische Produktion gekoppelt sind, machen bei Grünlandbetrieben nur einen kleinen Anteil aus. Aus meiner Sicht sind Biobetriebe aber häufig offener für Neuerungen. Man ist sich gewohnt, nicht den einfachsten Weg zu gehen und erkennt in Veränderungen immer auch positive Aspekte, so wie es sie zweifellos auch bei der AP 2014–17 gibt.


Interview Anton Haas

Daniel Felder ist Lehrer und Berater am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung in Schüpfheim LU.