«Die bedeutendsten Quadratmeter im Kuhstall.» Unter diesem Titel stand der Strickhof-Milch-Tag vom 23. Januar. Bei tendenziell stets grösser werdenden Betrieben und bei ständigen Veränderungen am Markt müssten Milchbauern schnell reagieren und für den Erfolg auf ihrem Betrieb kämpfen. Das sagte Roger Bolt in seiner Begrüssung. In der aktuellen Situation ergebe die gängige Redewendung «ich gebe mein Bestes» keinen Sinn, hielt der Leiter des Fachbereichs Tierproduktion in der beruflichen Weiterbildung am Strickhof fest.

Es genüge nicht, sein Bestes zu geben. Es gehe vielmehr darum, «das zu unternehmen, was zwingend ist», sagte Bolt in Anlehnung an Winston Churchill. Eine berufliche Weiterbildung ermögliche gezielte Entscheidungen, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.

Rückschlüsse von der Theorie auf die Praxis


Den Anfang dieser beruflichen Weiterbildung machte ein auf den ersten Blick eher wenig praxisnah wirkendes Referat von Martina Jakob vom Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam-Bornim (D) zur Bedeutung der Arbeitsorganisation. Der eher theoretische Eindruck dieser Ausführungen rührte vor allem daher, dass sich die Refe­rentin zum Teil auf die in Deutschland erheblich grösseren landwirtschaftlichen Betriebe bezog. Die nachfolgenden Referate von Praktikern zeigten aber, dass diese aus den Ausführungen von Martina Jakob sehr wohl Rückschlüsse auf ihren eigenen Betrieb ziehen konnten.


Der Aufwand pro Kuh schwankt erheblich


Wie Martina Jakob ausführte, schwanken die Arbeitsstunden pro Jahr für eine Milchkuh je nach Betrieb zwischen 15 und 48 Stunden. Diese enorme Differenz zeige, dass im Bereich der Arbeitsorganisation ein riesiges Einsparpotenzial vorhanden ist. «Die Betriebe wachsen und wachsen, aber die Arbeitsorganisation wächst nicht automatisch mit», stellte die Referentin fest. Die Schwachstelle sei häufig die Tierbeobachtung. Diese sei aber wichtig, um Milch- oder Tierverluste sowie hohe Behandlungskosten zu vermeiden. In Laufställen würden jene Tiere am meisten Arbeit verursachen, die vorübergehend von der Herde separiert würden und sich im Abkalbe-, Kranken- oder Behandlungsbereich befänden, stellte die Referentin fest.


Arbeiten und Arbeitsabläufe klar definieren


Die Referentin empfiehlt, unabhängig von der Betriebsgrösse die Zuständigkeit der einzelnen Mitarbeiter in einem Organigramm festzuhalten, um Aussagen der Art «ich wusste gar nicht, dass ich dafür auch noch zuständig bin» zu vermeiden.

Weiter sollen die Arbeitsabläufe klar umschrieben, strukturiert und standardisiert sein. Es sollte geregelt sein, wer über welche Weisungsbefugnisse verfügt und wer wen in welcher Funktion vertritt. Martina Jakob hob die Wichtigkeit einer motivierenden und positiven Kommunikation zwischen Angestellten und Betriebsleiter hervor und regte regelmässige Teambesprechungen an. Bei Entscheidungsfindungen, von denen Mitarbeitende betroffen sind, sollen diese wenn möglich miteinbezogen werden.

Arbeitstagebuch kann auf Mängel hinweisen


Die Referentin riet dazu, eine schriftliche Tagesplanung aufzustellen und über ein Arbeitstagebuch zu erfassen, welche Arbeit wie viel Zeit verursacht hat. Eine Tagesplanung erlaube eine systematischeres, blockweises und zielgerichtetes Handeln. Ein Arbeitstagebuch könne Hinweise auf Mängel in der Arbeitsorganisation aufdecken. «Eine gute Arbeitsorganisation ist eine Investition in die Zukunft», stellte die Referentin abschliessend fest.

Vor allem bei der Expansion eines Betriebs spiele sie bereits bei der Planung eine zentrale Rolle. Eine gute Arbeitsorganisation bringe eine höhere Milchleistung durch gesunde Kühe, erlaube eine leichtere Einarbeitung neuer Mitarbeiter und sei nicht zuletzt auch eine Gesundheitsvorsorge: Sie ermögliche es, dass man nicht ständig Überstunden leiste und an die Grenze der eigenen Leistungsfähigkeit stosse.

Den Besuch des Veterinärs gut vorbereiten


Lukas Rediger führt auf seinem Betrieb eine wöchentliche Teamsitzung durch. Wie der fachliche Leiter des Fachbereichs Dienstleistungen und Beratung für Milchproduzenten am Strickhof erläuterte, ist diese Sitzung mit Blick auf den Tierarztbesuch vom Freitag jeweils auf den Donnerstag angesetzt. Dieser Termin erlaube es, Vorkehrungen wie etwa das Separieren der kranken Tiere zu treffen, um den Besuch des Veterinärs effizient abwickeln zu können.

Problemtiere rasch erkennen und aus der Herde nehmen

Als zentralen Quadratmeter in seinem Kuhstall bezeichnete Lukas Rediger seine unmittelbare Arbeitsumgebung. So ist ihm etwa seine Herdenmanager-Weste mit vielen Taschen wichtig. In diesen kann er Utensilien verstauen, für Arbeiten, die er sofort erledigen will: Etwa ein Markierstift, um ein bestimmtes Tier zu kennzeichnen, ein Fiebermesser, Gummihandschuhe usw. Diese Weste ermögliche es, in kurzer Zeit ohne Stress das Richtige 
zu tun. Weitere wichtige Quadratmeter in einem Stall sind für Rediger ein separater Anfütterungbereich für hochträchtige Kühe  – und zwar ohne automatischen Mistschieber.


Wie Rediger ausführte, liegt in einem grösseren Betrieb mit Melkroboter das Augenmerk vor allem auf Tiere vor beziehungsweise nach dem Kalben sowie auf Problemtiere. Stichworte sind da etwa Mastitits, Stoffwechsel- und Klauenprobleme. Um solche Tiere zu identifizieren, gelte es einige wenige Angaben aus der Datenmenge, die der Melkroboter liefert, regelmässig und gezielt auszuwerten. Es sind dies etwa die Zwischenmelkzeiten, die Milchleistung, Zellzahlen, der Verkehr an Kraftfutter.  Sind Problemtiere erkannt, müssen sie rasch aus der Herde genommen und behandelt werden.

Roboter und Melkstand auf einem Betrieb


Josef Schelbert, Landwirt aus Baar ZG, stellte ein eher ungewöhnliches Stallkonzept vor, das im Zuge von Betriebsvergrösserungen historisch gewachsen ist – und funktioniert. Schelbert arbeitet mit einem Melkroboter und einem Melkstand.

Nach seiner Philosophie «ist ein Melkroboter zum Melken da.» Und so laufen alle Tiere, die gesund sind und über eine hohe Milchleistung verfügen, über den Melkroboter. Kühe vor und nach dem Abkalben, aber auch kranke und Problemtiere werden sofort von der Herde getrennt und kommen in den Stall mit dem Melkstand. Dieses System hat auch den Vorteil, dass leistungsstarke Kühe mit nicht idealen Zitzen gemolken werden können. Und wenn es bei einer Kuh Probleme mit der KB gibt, kann der Muni in der Melkstandgruppe diese Arbeiteit übernehmen.

Christian Weber