So etwas hat man in Constantine VD wohl noch nicht allzu oft erlebt. Eine lange Wagenkolonne mit einem Bundesrat an der Spitze schlängelte sich durch die engen Strässchen in den Rebbergen. In den Beständen von Winzer Pierre Gentizon wollte sich Agrarminister Johann Schneider-Ammann ein Bild der Frostschäden machen. 

Wallis und Nordwestschweiz verheerend betroffen

Was sich hier schon auf einem einzigen Betrieb zeigte sind die grossen Unterschiede. Während auf der ersten Parzelle, welche die Delegation mit Behördenvertretern, Verbandsmanagern und Journalisten besichtigten rund die Hälfte der Traubenanlagen zerstört waren, kann Gentizon auf dem nicht weit entfernten zweiten Rebhang auf einigermassen anständige Erträge hoffen. Das bestätigte sich auch auf dem Obstbetrieb von Jean-Daniel Reuille in Cudrefin VD, wo die Karawane einen weiteren Stopp machte. Er bezifferte seine Verluste in den Kirschen auf rund einen Drittel.

Ganz anders sieht es im Wallis aus, wo gemäss Schätzungen des ebenfalls anwesenden Direktor des Landwirtschaftsamts, Gerald Ayer der Jahrgang 2017 auf hunderten von Hektaren bereits der Vergangenheit angehört, weil es ihn gar nie geben wird. Auch in den Walliser Aprikosenhainen waren die Auswirkungen verheerend, Ayer schätzt die Verluste auf 2/3 der Ernte.

"In solchem Ausmass hat der Frost noch nie zugeschlagen"

Auch der Schweizer Obstverband (SOV) wusste Schneider-Ammann mit krassen Zahlen zu beeindrucken, obwohl laut Direktor Bruno Jud die Schätzungen erst im Verlaufe des nächsten Monats genauer möglich sind. Zurzeit schätzt der SOV die zu erwartenden Ernteausfälle gesamtschweizerisch auf 78 Prozent bei Kirschen, auf 67 Prozent bei Zwetschgen und auf 51 bei den Aprikosen. Auch Äpfel (27%) und Birnen (35%) haben hohe Ausfälle zu verzeichnen. In Franken ausgedrückt prognostiziert der SOV einen Verlust von 101,6 Millionen Franken.

Neben dem Kanton Wallis scheint es auch die Nordwestschweiz besonders hart getroffen zu haben. SOV-Vorstandsmitglied Hansruedi Wirz aus Reigoldswil erklärte, bei Zwetschgen und Birnen sei "praktisch mit einem Totalschaden zu rechnen". 

SOV-Direktor Gregor Bregy erklärte, in solchem Ausmass habe der Frost noch nie zugeschlagen. "Zudem leiden die Betriebe heute stärker unter solchen Ereignissen, weil sie stärker spezialisiert sind", so Bregy. Für hart getroffene Obstproduzenten könne dieser Elementarschaden in die Liquiditätskrise führen, da sie 15 Monate lang mit ihren intensiven Kulturen kein Geld verdienten. Die Lage werde dadurch erschwert, dass die Schäden praktisch nicht versicherbar sind.

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Lehmann empfiehlt Betriebshilfedarlehen und "Fonds Suisse"

Bundesrat Schneider-Ammann zeigte sich beeindruckt vom Ausmass der Schäden und lobte die Bauern dafür, dass sie nicht als erstes die hohle Hand beim Staat gemacht haben. Diese kommt aber voraussichtlich noch zum Zug, wie der ebenfalls anwesenden Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft erklärte.

Neben Swissness-Ausnahmebewilligungen für Importe wegen fehlendem Rohstoff und Lockerungen beim Jahrgangsmix (Es soll dem 17-er Wein mehr 16-er beigemischt werden dürfen) sollen die Folgen mit Betriebshilfedarlehen gemildert werden können. Zudem verwies Lehmann auf mehrere bestehende Fonds, wie etwa der "Fonds Suisse", welcher seit über 100 Jahren bei Elementarschäden hilft. 

akr