Sie ist das Schweizer Taschenmesser der Sämaschinen: die «Krummenacher SSK2». Mit wenigen Handgriffen lässt sie sich innerhalb von 20 Minuten an verschiedene Kulturen anpassen – von Getreide über Sonnenblumen und Mais bis hin zu Zuckerrüben. An der Agrama wurde sie dafür mit dem «Swiss Innovation Award 2024» ausgezeichnet.
Die BauernZeitung hat mit Pius Krummenacher, Inhaber und Geschäftsführer der Krummenacher Saattechnik AG, über sein neuestes Erfolgsmodell gesprochen.
Herr Krummenacher, herzlichen Glückwunsch zum gewonnenen Award. Haben Sie mit dieser Auszeichnung gerechnet?
Pius Krummenacher: Vielen Dank! Wir waren zugegebenermassen überrascht. Ehrlich gesagt, hätten wir nicht gedacht, dass wir gewinnen.
Was ist das Besondere an der Maschine? Wie ist sie entstanden?
Ihre Vielseitigkeit. Sie ist modular aufgebaut und die einzelnen Säscharen lassen sich ohne Werkzeug ausbauen. Mit derselben Maschine kann so zum Beispiel Getreide im Abstand von 12,5 cm, Soja im Abstand von 37,5 cm oder Zuckerrüben und Mais im Abstand von 50 und 75 cm gesät werden. Zur Entstehung muss ich etwas über die Firmengeschichte erzählen.
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Bitte, erzählen Sie.
Ich wuchs auf einem Bauernhof auf, war der Jüngste und lernte Landmaschinenmechaniker. Während eines Aufenthaltes in Kanada sah ich, wie Landwirte mit grossen, pneumatischen Sämaschinen arbeiteten. Zurück in der Schweiz wollte ich etwas Ähnliches bauen. Ich war frisch aus der Lehre, entwickelte einen Prototyp und stellte ihn 1986 einigen Landwirten in der Region vor. Diese Maschine kam auch während der Überschwemmungen im Urnerland erfolgreich zum Einsatz. Agroscope Reckenholz veröffentlichte Fotos in einem Fachartikel darüber – die ersten Bestellungen folgten prompt.
Wie war die Anfangszeit für Sie?
Herausfordernd, aber spannend. Ich arbeitete Tag und Nacht an der Serienproduktion. Meine Freunde halfen oft mit, wir arbeiteten bis tief in die Nacht und gingen danach noch in den Ausgang.
Wie viele Maschinen verkauften Sie im ersten Jahr?
Etwa 20 Stück. Der Verkauf lief dabei fast ausschliesslich über Mundpropaganda. Fünf Jahre lang musste ich keine Werbung schalten. Erst nach sieben Jahren stellte ich meine Maschine an einer Messe aus. Es gab nur einen Maschinentyp, mit dem ich die Schweizer Landwirte belieferte. Viele dieser Maschinen von 1986 sind noch heute im Einsatz und wir erhalten weiterhin Anfragen für Ersatzteile, die wir nach wie vor liefern können.
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Wie sieht der Absatz heute aus?
Die Verkaufszahlen sind stark gestiegen. Wir gehen gezielt auf Kundenwünsche ein und liefern unsere Maschinen inzwischen in die ganze Welt, unter anderem nach Chile, Japan und Neuseeland.
Viele Landmaschinenhersteller kämpfen mit sinkenden Absätzen. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Auch wir spürten das, gerade bei unseren Kunden im Ausland. Während der Corona-Pandemie bestellten viele von ihnen panikartig Maschinen, wir kamen mit dem Ausliefern kaum nach. Dann kam die Teuerung und die Maschinenpreise stiegen an. Der Krieg in der Ukraine brachte weitere Unsicherheiten: Erst stiegen die Getreidepreise, dann sanken sie wieder, als die EU die Grenzen für ukrainisches Getreide öffnete. Seit etwa einem Monat erholt sich die Situation bei uns deutlich. Unsere ausländischen Kunden haben wieder normale Lagerbestände, die Nachfrage ist gut und wir liefern wie gewohnt aus.
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Zurück zur Sämaschine: Wie haben Sie sie weiterentwickelt?
Die erste Maschine war für die Grassaat gedacht, meist in Kombination mit einer Säwalze. Zehn Jahre später folgten die Messerscharen für die Getreidesaat. Mit dem Aufkommen von Gründüngungen brauchte es ein System, das die Samen gleichmässig und mit genügend Druck in den Boden bringt. Das erreichten wir mit Scheibenscharen. Eine wichtige Lücke blieb jedoch bestehen.
Die Maisssaat?
Genau. Viele Landwirte bauen für ihr Vieh noch etwas Mais an. Bisher mussten sie dafür entweder jemanden engagieren, oder eine separate Maschine kaufen. Mein Ziel war, dass ein Landwirt die meisten Kulturen mit nur einer Maschine säen kann. Ich nahm eine bestehende Maschine, probierte aus und passte sie an. Schliesslich entwickelte ich ein Scharsystem, bei dem sich die Reihenzahl werkzeuglos verstellen lässt.
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Welche Herausforderungen gab es bei der Konstruktion?
Der knappe Platz am Scharbalken. Wir mussten ihn effizient nutzen, um alle 32 oder wahlweise 24 Doppelscheibenscharen unterzubringen. Gleichzeitig sollte die Maschine möglichst leicht und kompakt bleiben.
Welche Spezifikationen sind bei der SSK2 besonders gefragt?
Am häufigsten liefern wir Maschinen mit drei Metern Balkenbreite und 24 Säscharen im Abstand von 12,5 cm aus. Es gibt aber auch Modelle mit 2,5 Metern Balkenbreite für Gemüsebaubetriebe. Im Welschland ist bereits eine sechs Meter breite Maschine im Einsatz.[IMG 12]
Und was ist der Preis?
Die Preise beginnen – je nach Ausführung – bei 24 000 Franken für eine Säeinheit mit Kreiselegge. Für viele Kunden ist der Preis jedoch zweitrangig. Sie suchen eine vielseitige und leichte Maschine, mit der sie möglichst viele Kulturen säen können.
Woran arbeiten Sie derzeit? Kommt demnächst eine neue Maschine heraus?
Bis Ende Jahr bringen wir unsere Isobus-Steuerung auf den Markt. Die Elektronik wurde von uns entwickelt und ermöglicht es, mit der gleichen Hardware zwei bis drei Sägeräte gleichzeitig anzusteuern.
Und langfristig?
Wir sehen, dass unsere Kunden zwei bis drei Samenarten gleichzeitig säen und dabei verschiedene Ablagehorizonte nutzen möchten. Beispielsweise soll ein Samen an der Oberfläche angedrückt und ein anderer tiefer in den Boden abgelegt werden. Wir haben bereits zwei Prototypen, die das ermöglichen, und verfolgen diesen, aber auch weitere Trends aufmerksam weiter.