Eigentlich hätte der Kanton Luzern Ende Juni informieren und damit definitiv bestätigen wollen, dass hier ab 2022 obligatorisch alle zumutbaren Flächen mit dem Schleppschlauch zu güllen sind. Zumal dies der Luzerner Regierungsrat schon im Juni 2020 im Massnahmenplan II Luftreinhaltung, Teilplan Ammoniak, beschlossen hatte und inzwischen auch abgeklärt wurde, dass diese Rechtsgrundlage genügt hätte.

Kein Luzerner Sonderzug

Luzern wäre neben Thurgau der zweite Kanton mit einem solchen Obligatorium gewesen, und zwar unabhängig der Diskussionen auf nationaler Ebene und im Parlament um die Motion Hegglin. Diese bezweckte das vom Bundesrat schon Anfang 2020 im Rahmen der Luftreinhalteverordnung auf 2022 beschlossene Obligatorium wieder zu kippen und die finanzielle Anreizstrategie weiterführen.

Viele Bauern, nicht nur Luzerner, hatten bis zuletzt auf ein Ja zu dieser Motion gehofft. Es kam bekanntlich anders, und das vom Parlament am 17. Juni schweizweit auf 2022 bestätigte Obligatorium dürfte Luzern entgegenkommen. Zumindest fällt nun die Befürchtung weg, die Luzerner Bauern müssten einmal mehr Auflagen hinnehmen, die anderswo noch nicht gelten.

Koordinierter Vollzug

Der Vollzug wird weitgehend national geregelt. So auch der Einsatz in Hanglagen bis 18 Prozent Neigung oder die Ausnahme von Kulturen wie Hochstammbäume der Qualitätsstufe II. Gemäss Luftreinhalteverordnung haben die Kantone die Möglichkeit, im Einzelfall weitere Ausnahmen vom Obligatorium zu gewähren, wenn dies technisch oder betrieblich begründet ist.

Laut Hannah Hofer vom Schweizer Bauernverband werden die bisher bekannten nationalen Umsetzungsbestimmungen nicht ausreichen. Insbesondere nicht im Übergangsgebiet zwischen Tal und Hügel oder auch im Berggebiet. Auf Anfrage der BauernZeitung bei den kantonalen Landwirtschaftsämtern teilt stellvertretend Andreas Egli vom Landwirtschaftsamt Nidwalden mit, dass alle Zentralschweizer Kantone Wert legen auf eine koordinierte Umsetzung und man werde dies auch gemeinsam kommunizieren. Die Konferenz der Landwirtschaftsämter (Kolas) Zentralschweiz treffe sich am 7. Juli. Bis dahin brauche es noch einige Abklärungen, auch zu den Bundes-Vollzugshilfen. Man sei sich bewusst, dass ein grosser Informationsbedarf bestehe. Allerdings sei vielen Bauern schon lange bewusst gewesen, dass ein Obligatorium auf 2022 kommen könnte. «Allfällige Ausnahmen vom Obligatorium sind wohl nur sehr begrenzt möglich und sollen in der Zentralschweiz einheitlich gehandhabt werden», betont Egli.

Engpässe absehbar

Bereits letzten Herbst wollte der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV) vom Kanton wissen, wie denn ein allfälliges Obligatorium umgesetzt würde. Vor allem wenn aufgrund von Lieferengpässen bis im Jahr 2022 nicht alle Betriebe, die einen Schleppschlauch einsetzen müssten, dies auch könnten. Franz Stadelmann von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) liess damals verlauten, dass die Anforderung im Rahmen des ökologischen Leistungsnachweises bereits 2022 überprüft werde. Allerdings sei vorgesehen, im Jahr 2022 den Nichteinsatz als Mangel zu erfassen, aber noch von einer Kürzung von Beiträgen abzusehen.

Ziel 70 Prozent der Gülle

Das Potenzial für vermehrten Einsatz des Schleppschlauches sei in der Innerschweiz sehr wohl noch vorhanden, erklärt Andreas Egli. In den letzten Jahren sei die so begüllte Fläche nur noch langsam gestiegen, das Obligatorium werde den Druck erhöhen. Im Kanton Luzern werde schätzungsweise die Hälfte der Gülle derzeit mit dem Schleppschlauch ausgebracht, erklärte Thomas Meyer von Lawa gegenüber der BauernZeitung im April. Die Zielgrösse des Bundes liegt bei mindestens 70 Prozent.

Auch im Aargau ist die so begüllte Fläche in den letzten Jahren nur langsam gestiegen, der prozentuale Anteil liegt mit deutlich über 60 Prozent aber höher als in der Zentralschweiz. Im Aargau sollen die Bauern demnächst über den Newsletter von Landwirtschaft Aargau über den Vollzug informiert werden. 

 

Schleppschlauch überbetrieblich einsetzen

Der Einsatz von emissionsmindernden Ausbringverfahren mache Sinn, erklärt Raphael Heini vom Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV). «Das Image der Landwirtschaft kann verbessert werden, Gerüche und Ammoniakemissionen werden reduziert.» So könne auch der Wirkungsgrad der Gülle erhöht werden. Heini hat einige Anbieter von Gülletechnik in der Region befragt, wie sie für das Obligatorium gerüstet seien. Die Hochdorfer Technik AG habe sich seit zwei Jahren intensiv vorbereitet und sei für eine grosse Nachfrage gewappnet. Auch andere Firmen wie Wälchli Brittnau oder Hadorn seien bereit, je nach Modell muss mit Lieferfristen gerechnet werden. Der LBV geht deshalb davon aus, dass wohl aufgrund der grossen Nachfrage nicht zeitgerecht genügend Geräte geliefert werden können.

Den Betriebsleitern wird geraten, auf den überbetrieblichen Einsatz von Schleppschlauchverteilern zu setzen. «Durch die bodennahe Ausbringung besteht ein längeres Zeitfenster», erklärt der frischgebackene Agrotechniker Heini. Oft werde ein Schleppschlauch von drei Betrieben eingesetzt, Flächen bis 90 ha seien so durchaus möglich. So sinken die Kosten und es könnten auch grössere Geräte angeschafft werden. Eine Maschinengemeinschaft sei aber klar zu regeln und eine Person müsse die Verantwortung haben. Raphael Heini macht ein Beispiel: Die begüllte Fläche der drei Betriebe wird zusammengezählt. Die Grundkosten (Anschaffungskosten) werden auf die Flächen aufgeteilt. Ein Landwirt ist für den Unterhalt zuständig und bekommt von den andern zwei Kollegen jährlich 100 Franken Entschädigung. Reparaturen werden von einem Landwirt bezahlt, die Rechnungen gesammelt und unter den drei Beteiligten aufgeteilt. Ende Jahr wird abgerechnet.