Seit meine Kinder sich langsam dem Erwachsen-Sein nähern, ändern sich auch ihre Fragen und Anliegen. Wollten sie früher Hilfe bei der Budgetberechnung zum Kauf des nächsten Legos, so konfrontieren sie mich heute mit kniffligeren, oft unangenehmeren Herausforderungen. Politik und das Funktionieren eines Staates sind beim älteren Monster zurzeit ein wichtiges schulisches Thema. So verglichen wir jüngst verschiedene Regierungsformen vom alten Rom bis heute. Dass die meisten Politiker korrupt waren, weiss der Kleine. Dass das heute nicht mehr so ist, davon geht er gutgläubig aus.

Gewisse Überlegung sind nicht für Kinderohren geeignet

«Früher beschissen sie, weil sie nicht gut genug bezahlt waren, oder nie genug hatten. Das müssen sie heute nicht mehr.» Hört mir mein Nachwuchs eigentlich nicht zu, wenn ich zu Hause mit Kollegen diskutierte? «Und heute ist die Administration das Problem, die Politiker haben eh nichts mehr zu melden …» Ok, er hört anscheinend doch manchmal zu und ist sogar in der Lage, Papa wörtlich zu zitieren. «Die sollten alle einmal eine Woche bei uns Arbeiten kommen, dann wüssten sie, dass die Realität nichts mit ihrem Geschwafel zu tun hat!» Stopp! Solche Sätze darf ein erwachsener, arbeitender Bürger von sich geben, aber nicht der in der Schule sitzende Nachwuchs. Ich muss dringend daran arbeiten, Überlegungen nicht so laut zu denken, dass meine Kinder sie hören können.

Denken darf man alles – es auszusprechen ist eine andere Sache

Als der Junior abschliessend noch meine Theorie zu den Stadtdächergärten und «Urban-Gardeners» zitierte, bekam ich Panik. Dass unsere in den Städten lebenden und in Büros arbeitenden Mitmenschen nichts von Landwirtschaft verstehen, weil ihnen schlicht der Bezug zur Realität fehlt, darf man zwar denken, aber es laut auszusprechen, wäre nun doch etwas zu frech.