Die Landwirtschaft polarisiert. Gerade in diesem und im nächsten Jahr wird das Thema Landwirtschaft hoch oben auf der politischen Agenda stehen. Die Agrarpolitik 2022+ und die anstehenden Initiativen könnten die landwirtschaftliche Praxis stark verändern und die Betriebsführung noch anspruchsvoller machen.

Betriebsleitung soll sich weiterbilden

Es liegt auf der Hand, dass angesichts der Dynamik und Komplexität in und rund um die Landwirtschaft die Forderung aufkommt, dass sich Betriebsleitende permanent weiterbilden müssen. Das lebenslange Lernen ist ein oft genanntes Stichwort. Um Pflanzenschutzmittel einsetzen zu dürfen, soll man künftig regelmässige Weiterbildung besuchen müssen, um auf dem Grünen Teppich zu stehen ebenso, und im Bundesamt für Landwirtschaft denkt man laut über betriebswirtschaftliche Module für den Bezug von Direktzahlungen nach. Bahnt sich da ein neuer Trend an?

Kurse über Produktionstechnik oder Betriebswirtschaft sind weniger beliebt

Die Nachfrage nach Bildungsgängen wie Betriebsleiterschule oder Agrotechniker HF ist ungebrochen hoch. Bei Weiterbildungskursen und Tagungen füllen sich bei uns im Kanton Bern vor allem Angebote im Biolandbau, in alternativen Heilmethoden oder auch Diskussionen mit hochkarätigen Referenten und Angebote zu Selbstversorgung gut, während die klassischen Kurse zu Produktionstechnik oder Betriebswirtschaft und -führung nur schwer zustandekommen. Damit eine vielseitige, ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Landwirtschaft erhalten und weiterentwickelt werden kann, braucht es Betriebsleitende und Bäuerinnen, die in verschiedenen Bereichen top à-jour sind und die ihre Betriebe auf neue Herausforderungen ausrichten können. Eine solide Grundbildung und eine darauf basierende höhere Berufsbildung sowie später der regelmässige Besuch von Weiterbildungsangeboten leisten einen wichtigen Beitrag zu einer erfolgreichen Betriebsführung. Natürlich braucht es zum Erfolg auch noch viele andere Faktoren.

Weiterbildung ist im Trend

Viele Landwirte und Bäuerinnen bilden sich aus eigenem Antrieb ständig weiter und bringen ihre Betriebe vorwärts. Vielleicht liesse sich die Aussage «wir bilden uns regelmässig weiter» sogar über Produkte vermarkten? Die Zeichen zeigen aber auch in Richtung «Weiterbildungspflicht». Ich bin der Meinung, dass derzeit wohl ein neuer Trend entsteht: Die Landwirtschaft entdeckt die regelmässige Weiterbildung. Viele Trends beginnen im Kleinen, in Projekten, in ersten Tests auf privater und dann öffentlicher Basis. Sie entwickeln sich, werden verfeinert und werden irgendwann grossflächig verbreitet. Die Überlegungen des Bundes zu den Ausbildungsanforderungen für Direktzahlungen gehen bereits in diese Richtung. Ist der Schritt hin zur Anforderung einer regelmässigen Weiterbildung für den Direktzahlungsbezug nur noch eine Frage der Zeit? Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht, der Steuerzahler und Gesetzgeber erwartet Nachhaltigkeit auf allen Ebenen und könnte eine regelmässige Weiterbildung einfordern. Damit würde das Schicksalsjahr 2020 noch um eine einschneidende Episode reicher.