In der Kadi ist zurzeit nicht viel los. Die Förderbänder und die riesige Fritteuse der Langenthaler Traditionsfirma stehen still. Die Kartoffeln der letzten Ernte sind alle zu Pommes Frites verarbeitet.

Während bei der Kadi die Pommes-Produktion eine Pause macht, wächst auf den Feldern die nächste Ernte heran. Im Boden von Hans Gränicher gedeiht diese prächtig. "Diesen Frühling war das Wetter am Pflanztermin perfekt", sagt der Landwirt aus Berken BE zufrieden. Das war deshalb so wichtig, weil Gränicher beim Setzen etwas eingeschränkt war. Er muss dabei auf den Mondkalender schauen.

Nach zusätzlicher Richtlinie

Ende März und Ende April waren 2019 die Zeitfenster, in denen er die Kartoffeln in den Boden bringen durfte. Dann steht der Mond jeweils in den Tierkreiszeichen Stier, Jungfrau oder Steinbock. Das sind sogenannte Wurzeltage, die ideal sind, um neue Pflänzchen zu säen oder zu setzen.

Auf den Mond schauen normalerweise vor allem Demeter-Produzenten. Gränicher bewirtschaftet seinen Hof jedoch nicht nach diesen Richtlinien, sondern nach denjenigen von IP Suisse. "Vom Mondkalender habe ich nicht viel Ahnung", gibt er zu. Als langjähriger Kadi-Produzent wurde er angefragt, ob er für die "Vollmond Frites" Kartoffeln anbauen möchte. Die Firma setzt zusätzliche Richtlinien fest, die Gränicher bei der für ihn neuen Produktionsweise unterstützen und leiten.

 

Die Firma für die Pommes

Rund 27 000 Tonnen Kartoffeln verarbeitet die Kadi jährlich. Aus etwa der Hälfte entstehen Pommes Frites. Der Rest wird unter anderem für Püreeprodukte oder Rösti verwendet. Die Kadi gibt es seit 1951. Damals startete sie in Langenthal BE als «Kartoffelflockenfabrik». Später wurde in Dietikon ZH ein Zweigbetrieb eröffnet. Dort wurden 1966 die ersten Schweizer Pommes Frites hergestellt. Heute wird nur noch in Langenthal produziert. Die Hauptproduktionszeit liegt zwischen August und April, wenn die Kartoffeln vom Sonntagabend bis am Samstagmittag im Drei-Schicht-Betrieb verarbeitet werden. Die Kadi liegt an dritter Stelle der Schweizer Produzenten von tiefgekühlten Kartoffelspezialitäten. «Wir produzieren nicht riesige Mengen und exportieren fast nichts. Unsere Stärken sind Regionalität, Nachhaltigkeit und Qualität», sagt Yvonne Richard von der Kadi.

 

Aufgaben bleiben gleich

Die "Vollmond Frites" wurden letzten Herbst von der Kadi lanciert. "Der Mond hat einen grossen Einfluss auf die Pflanzen. Achten wir bei den Kartoffeln auf seinen Zyklus, ergibt das ein natürlich gutes Produkt", sagt Yvonne Richard. Sie ist die Leiterin Verkauf und Marketing sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Kadi. Von ihr stammt die Idee mit den "Vollmond Frites". Diese Idee wird in der Praxis so umgesetzt, dass die Kadi den Produzenten ein Zeitfenster für das Setzen und eines für die Ernte bekannt gibt. Schliesslich werden die Kartoffeln bei Vollmond zum Endprodukt verarbeitet.

Zwischen Pflanzen und Ernten bleiben für Gränicher die Aufgaben gleich, er behandelt seine Agria wie gewohnt. Ein zusätzlicher Aufwand ist praktisch nicht vorhanden. Er erhält auch keinen höheren Preis für seine Kartoffeln. Da er sich aber für Marketingzwecke bereit erklärt hat, den Medien zur Verfügung zu stehen, wird er für diesen Aufwand entlohnt. "Ich mache mit, weil ich schon vorher im Einklang mit der Natur produziert habe. Das ist jetzt einfach ein weiterer Aspekt", erklärt der Landwirt.

Nachhaltig und regional

Diese Vollmond- sei auch eine Marketing-Geschichte, sagt Yvonne Richard. "Wir bedienen damit die Nachfrage nach Produkten, die im Einklang mit der Natur hergestellt werden. Ausserdem stillen wir das Bedürfnis der Menschen, zurück zu den Wurzeln zu finden." Die Geschichte der "Vollmond Frites" knüpfe an Traditionen und überliefertes Wissen an. Schliesslich habe der Mond einen nachweislichen Einfluss auf die Natur, erklärt Richard.

Nebst dem Vollmond punkten die Frites damit, dass die beiden einzigen Produzenten im Umkreis von zehn Kilometern zur Produktionshalle liegen. "Die Rückverfolgbarkeit und die Nähe zu den Bauern ist so gegeben", betont Richard. Das alles ermöglicht der nachgelagerten Gastronomie, eine Geschichte zu ihren zubereiteten "Vollmond Frites" zu erzählen. Das lässt sich gut verkaufen – auch wenn der Preis, verglichen mit Kadis Verkaufsklassiker "Super Frites", um 15 Prozent höher liegt. Diese Preisdifferenz kommt durch die nachhaltige Verpackung, die gesonderte Lagerung und Produktionszeit, das Schweizer Sonnenblumenöl sowie die Abnahmegarantie für die Landwirte zustande. Die besonderen Kartoffeln seien aus all diesen Gründen sehr viel mehr als bloss ein Werbegag, betont Richard: "Ich bin überzeugt, dass wir damit ein qualitativ hochwertiges, nachhaltiges Produkt verkaufen."