Zwar hat sich die durchschnittliche Fläche pro Landwirtschaftsbetrieb in der Schweiz während der letzten 30 Jahre nahezu verdoppelt, sie liegt aber nach wie vor bei weniger als 22 Hektaren. In Deutschland sind die Dimensionen ganz anders. Die Preisträger(innen) des jährlich von «Agrarheute» verliehenen Ceres Awards machen das sehr deutlich. Dennoch können die Porträts der Landwirt(innen) aus unserem Nachbarland als Inspirationsquelle auch für die Schweiz interessant sein: Sie zeigen verschiedene Wege zum Erfolg und was je nach Gegebenheit auf einem Landwirtschaftsbetrieb alles im Bereich des Möglichen liegt.

Nach 10 Jahren Bank auf den Bauernhof

[IMG 2]Der Gewinner in der Kategorie Manager, Gesamtsieger und damit deutscher Landwirt des Jahres 2022 ist Benedikt Bösel. Der 37-Jährige hat laut dem Beschreib des Ceres Awards zehn Jahre als Investmentbanker gearbeitet. Da ihn der – gut bezahlte – Job aber nicht erfüllt habe, übernahm der den 3'000 Hektaren grossen elterlichen Naturland-Betrieb (Naturland ist ein internationaler Verband für ökologischen Landbau aus Deutschland). Der studierte Financier und Agrarökonom hält seine 150 Rinder ganzjährig draussen, lässt sie mobil schlachten und vermarktet das Fleisch an Restaurants. Ein Team aus 30 Mitarbeitenden unterstützt den Betriebsleiter.

Zum Betrieb gehören eine Baumschule und eine Kompostierungsanlage, die Humus liefert für die sandigen Böden in Brandenburg. Mit eigenen Bäumen will Bösel seine Agroforstflächen bestücken. Der betriebseigene Wald, der zwei Drittel der Fläche bedeckt, soll von einem Kiefern-dominierten Bestand zu einem resilienteren Mischwald umgebaut werden.

Gewinner Kategorie Rinderhalter: Mit dem Kindergarten in den Stall

Der Betrieb von Frieder Meidert aus Bayern ist auf Rindermast und Viehvermarktung ausgelegt. Im mit dem bayrischen Tierwohlpreis ausgezeichneten Stall sind regelmässig auch Kinder zu Gast, denn ein Integrationskindergarten betreibt bei Meidert einen Bauernhofkindergarten. Beim Füttern von Kälbern, Schweinen und Hühnern wird den Kleinen auf praktische Weise Wissen über die Landwirtschaft vermittelt.

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Gewinner Kategorie Junglandwirt: Nudeln auch im Lohn

Innert zweier Jahre hat der 33-Jährige Stefan Golze den Betrieb seiner Eltern vom Neben- zum Vollerwerb ausgebaut. Heute hält er 55 Fleischrinder, 400 Mastpoulets und 1'200 Legehennen. Neben der Fleisch- und Eierproduktion ist eine Nudelmanufaktur zu einem wichtigen Standbein geworden. Teigwaren stellt Golze auch im Lohn für andere Landwirte her.

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Gewinner Kategorie Biolandwirt: Mit Süsskartoffeln etabliert

Sönke Strampe vermarktet sein Bio-Gemüse bevorzugt regional. Den rentablen Anbau konnte er mit der Lancierung seiner eigenen Marke, «Sönkes Süsskartoffeln», etablieren. Neben dem Windengewächs baut der Biolandwirt Dinkel und Kleegras an und bietet über die Plattform «Crowdfarming» den direkten Paketversand seiner Ware für den Endkunden an. Strampe ist offen für untypische Anbauverfahren, für die er auch mal Maschinen entsprechend umbaut.

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Gewinnerin Kategorie Unternehmer: Ziegenkäse aus dem Vulkangebiet

Die Vulkaneifel trägt ihren Namen zurecht, denn in der Region waren früher tatsächlich Vulkane aktiv. Das dortige Klima und der Boden sollen den Ziegenkäse von Manuela Holtmann einzigartig machen. Der Betrieb der Unternehmerin hat früher – wie in der Eifel üblich – Milchvieh gehalten, wurde 1995 aber komplett auf die Ziegenhaltung mit eigener Käserei umgestellt. Heute kann die Kundschaft Ziegen adoptieren und bekommt dafür verschiedene Käsespezialitäten. Ausserdem werden Kurse für die Käseherstellung angeboten.

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Gewinner Kategorie Ackerbauer: Mit regenerativem Anbau die Böden verbessern

Valentin Seiringer ist 23 Jahre jung, aber schon vor vier Jahren in den biologischen Ackerbaubetrieb eingestiegen. Der Humusaufbau hat für ihn oberste Priorität und er setzt dafür auf die regenerative Landwirtschaft. Konkret bedeutet das in seinem Fall, dass er pfluglos vorgeht, den Boden nur oberflächlich bearbeitet und seine Flächen bewachsen hält. Mit diesem Konzept will Seiringer die humusarmen Böden seines Betriebs wieder fruchtbarer machen, dabei aber auch betriebswirtschaftlich erfolgreich sein.

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Gewinner Kategorie Energielandwirt: Hier wird alles verwendet

Das 4 ha grosse Gewächshaus von Rainer Carstens enthält Tomaten und wird mit der Abwärme seiner Biogasanlage geheizt. Diese wird ausschliesslich mit Gemüseresten und Grasschnitt betrieben und liefert zusätzlich Strom für 7'000 Haushalte. Das entstehende Gärsubstrat kommt anschliessend als Biodünger für Gemüse zum Einsatz und die Abluft aus der Vergärung dient – in gereinigter Form ins Gewächshaus geleitet – demselben Zweck.

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Gewinner Kategorie Geschäftsidee: Direktvermarktung dank regionalem Vogelfutter

Unter dem Namen «Piepschmatz» verkauft Christoph Brandtner Vogelfutter aus der Region in mittlerweile rund 60 Partner-Märkte. Der Betriebsleiter und Lohnunternehmer löst mit seiner Idee das Problem von Ackerbauern, die im Gegensatz zu z. B. Winzern ihr Produkt nicht ohne Weiteres direktvermarkten können. Dank «Piepschmatz» bleibt die Wertschöpfung grösstenteils bei den Produzenten.

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Gewinner Kategorie Geflügelhalter: 75'000 Hennen und Mitsprache für Mitarbeitende

Holger Hogt wollte seinen Betrieb mit Ackerbau und Milchvieh breiter aufstellen und ist daher vor drei Jahren in die Eierproduktion eingestiegen. Von seinen 75'000 Legehennen leben die meisten in Freilandhaltung. Die Mitarbeitenden, dank derer die vielen Betriebszweige am Laufen gehalten werden können, haben bei Hogt ein gewisses Mitspracherecht, was die Zukunft des Hofs angeht. Ausserdem werden sie gezielt gefördert.

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Gewinner Kategorie Schweinehalter: Kreislaufprinzip inklusive Hofschlachtung

410 Sauen und 3'000 Mastschweine hält Andreas Sprengel, dazu betreibt er Ackerbau und eine Biogasanlage. Die Gülle wird per Leitungssystem zum Vergären eingeleitet, Wärme und Strom nutzten Sprengels für die Versorgung der Ställe und Wohngebäude. Die Tiere leben in einem geschlossenen System, haben aber Zugang zu einem Aussenklimastall, Stroh, Wühl- und Spielmaterial. Die Verarbeitung geschieht zum Teil auf dem Betrieb in der eigenen Hofschlachterei. Fleisch- und Wurstwaren werden via Hofladen und Hofcafé vermarktet.

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20'000 Euro für den Gesamtsieger
Ein Kategorien-Gewinn ist beim Ceres Award, der von der Fachmedienmarke «Agrarheute» verliehen wird, mit 1'000 Euro dotiert. Der Landwirt des Jahres bekommt 20'000 Euro. Im Finale sind jeweils 30 Landwirt(innen), die sich umfangreich für die Teilnahme bewerben mussten und im Vorfeld von einer Fachjury auf ihren Betrieben besucht werden. Zur Preisverleihung findet jeweils eine grosse Gala in Berlin statt. Laut den Veranstaltern waren in diesem Jahr rund 500 Gäste aus Landwirtschaft, Politik, Industrie und Verbänden anwesend, auch der deutsche Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.