Biestmilch, auch Vormilch, Kolostralmilch oder Erstmilch genannt, ist hinsichtlich Nährstoffzusammensetzung ideal auf die Bedürfnisse des neugeborenen Kalbes abgestimmt.

Sie enthält gegenüber der Normalmilch mehr Trockenmasse. Diese zeichnet sich vor allem durch den hohen Eiweissgehalt mit den lebensnotwendigen Schutzstoffen und durch einen höheren Gehalt an Mineralstoffen und ­Vitaminen aus. Für das neugeborene Kalb ist diese Milch von grosser Bedeutung: Es bekommt damit die nötigen Schutzstoffe für sein Immunsystem.


Respektvoll mit der Biestmilch umgehen


«Manchmal gibt es Kühe, die sehr wenig Biestmilch geben», sagt Annina Mengiardi aus Ardez. Sie ist Bauersfrau und Hauswirtschafslehrerin. «Darum friere ich immer eine gewisse Reserve dieser Milch ein, damit ich sie, wenn dies nötig ist, unseren neugeborenen Kälbern geben kann.»   


Abgesehen davon habe sie so auch Biestmilch, um ihre Gerichte zu backen oder zu kochen, sagt Annina Mengiardi weiter. Um aus der Biestmilch Gerichte  herzustellen, ist es ratsam, die Biestmilch des vierten oder fünften Gemelks zu verwenden. «In dieser Milch sind dann nämlich keine Rückstände mehr enthalten», präzisiert Mengiardi.  


Jedes Biestmilch-Menuwird  zum Spezialgericht


«Bei uns zu Hause wird jedes Biestmilch-Menu zum Spezial-Menu», sagt Annina Mengiardi. Diese Gerichte seien früher eine willkommene Abwechslung auf dem Menuplan gewesen. Dies nicht unbedingt wegen ihrer Konsistenz. «Doch bei Lebensmittelknappheit war jede Abwechslung willkommen.» Die Zeiten haben sich jedoch geändert – und mit ihr auch der Konsum der Biestmilch: Diese muss man heutzutage beim Bauer vorbestellen.


Annina Mengiardi hat die alte Tradition des Verarbeitens der Biestmilch von ihrer Grossmutter erlernt. «Ich habe immer wieder grosse Freude, der Familie, aber auch Bekannten spezielles Biest-Brot, Gebäck oder einen Frucht- oder Käseauflauf aufzutischen», sagt Annina Mengiardi. «Eigentlich ist es fast traurig, dass eine uralte Tradition, die früher ganz normal war, heute fasziniert und nicht mehr selbstverständlich ist.»  


Zum Beispiel 
Apfelauflauf mit Biestmilch



Annina Mengiardi verrät eines der alten, traditionellen Rezepte um ein süsses Gericht aus Biestmilch herzustellen, das vor allem Kinder lieben:

  • Den Boden einer Auflaufform mit kleinen, trockenen Brotwürfeln oder «Guetzliresten» aus­legen.
  • Zwei Äpfel schälen und mit der Röstiraffel raspeln.
  • Eine Handvoll Rosinen zu­geben und die Masse auf die Brotwürfel geben.
  • Ein Liter Biestmilch (vierte oder fünfte Melkung), drei Suppenlöffel Weissmehl, drei Suppenlöffel Zucker, ein Teelöffel Backpulver und zwei Prisen Salz vermischen und vorsichtig über die Masse geben.
  • 
Im vorgeheizten Backofen (200 Grad) etwa 45 Minuten backen. Vor dem Servieren den Auflauf mit Zucker und Zimt bestreuen und danach warm geniessen.

Martina Fontana