Als  sicheres und schnelles Hilfsmittel zur Flüssigkeitstherapie und elektrolytischen Behandlung von Kälbern wird er bezeichnet. Der Drencher. Anbieter von Agrarzubehör verkaufen ihn zu Tiefstpreisen. Für Fr. 22.30 ist er zu haben. Derzeit sogar in der Aktion, statt wie vorher, für Fr. 27.90. Fragt man bei Tierärzten nach, scheint klar: Drenching gehört aber in die Hände des Tierarztes. Den Tieren wird dabei ein Schlauch (Schlundsonde) durch das Maul über die Speiseröhre bis in den Pansen gelegt. Eine wertvolle medizinische Massnahme bei kränkelnden Tieren, die an Flüssigkeitsmangel leiden. Gerade bei Mutterkuhkälbern könne das eine entscheidende Massnahme sein, da ein Tier oft nicht mehrmals am Tag mit einem Schoppen beim Trinken unterstützt werden könne. Aus Sicherheitsgründen. Denn Mutterkühe verteidigen ihre Kälber meist vehement, auch wenn diese kränkeln. 

Hohe Tierarztkosten

Für Tierhalter sind Kälber, die aufgrund ihres Gesundheitszustands zusätzlich Flüssigkeit benötigen, teils ein häufiges Thema. Braucht es zur Betreuung einen Tierarzt, entstehen zusätzliche Kosten, die von den geltenden Preisen für die tierischen Produkte auf dem Markt meist nicht abgegolten werden können. Der Tierhalter ist gezwungen, dem Tier und damit schliesslich sich selbst zu helfen. Eine Massnahme ist das Drenchen. Der Schweizerische Tierschutz warnt aber vor den Gefahren, die durch unsachgemässes Drenchen entstehen können (siehe unten).

Drenchen kann Leben retten, es aber auch kosten, dann nämlich, wenn Verletzungen entstanden durch falsche Anwendung oder Qualitätsmängel am Drencher, die das Tier zusätzlich schwächen. Bei der Firma Hauptner-Instrumente GmbH kann auf die Frage, ob die Nachfrage nach solchen Geräten steigt und ob Rückmeldungen bestehen, dass es zu Verletzungen kommt, derzeit nicht Antwort gegeben werden. Die zuständige Person sei ferienabwesend, heisst es bei Hauptner. 

Drenchen an Ausstellungen

Ein nicht unbedeutender Nebenschauplatz ist das Drenchen von Tieren an Ausstellungen. Dort werden ausgewachsenen Kühen, je nach Füllungszustand des Pansens, meist zwischen 50 und 80 Liter Flüssigkeit (Wasser) in den Pansen gepumpt, wie Tierärztin Julika Fitzi vom Schweizerischen Tierschutz erklärt. Dadurch fülle sich der Bauch, der Labmagen bleibe an seiner Stelle und der Rahmen der Kuh scheine grösser und wohlproportionierter. «Die Anpassung der Körperform dürfte man wohl insbesondere bei Tieren, die auf Grund der Belastungen an den Ausstellungen nicht gut gefressen oder getrunken haben oder denen gar das Wasser abgestellt oder rationiert wurde und die in der Folge einen verhältnismässig leeren Pansen und eingefallenen Bauch haben, antreffen», weiss Fitzi.

Nicht beobachtet

Lucas Casanova, Direktor Braunvieh Schweiz, hat schon davon gehört, aber persönlich das Drenching an Ausstellungen nie beobachtet. «Nach unserer letzten nationalen Ausstellung Bruna wurde uns ein Bild zugespielt, welches ein Rind mit einem mit Stroh verstopftem Tränkebecken zeigte» (unser Bild), erklärt Casanova. Es sei das erste Mal gewesen, dass er mit dieser Fragestellung direkt konfrontiert wurde. «Wir sind darauf der Sache nachgegangen und haben den Aussteller und das Betreuungsteam mit dieser Beobachtung konfrontiert. Offenbar spielte das Rind mit der Zunge und benetzte sich kurz vor dem Auftritt im Ring mit Wasser», erklärt Casanova den Vorfall. 

Auch Pascal Monteleone, Direktor von Holstein Switzerland, verneint die Frage, ob ihm Fälle von Drenching in der Schweiz bekannt seien. Holstein Switzerland thematisiere daher das Drenching auch nicht direkt. Die Vorbereitung der Ausstellungskühe unterstehe dem Reglement der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Rinderzüchter (ASR). Dieses verbiete übrigens das Drenchen von Ausstellungstieren. Monteleone ist sicher, dass mit dem Sanktionsschema im Rahmen des ASR-Reglements klar gegen Missbräuche an Ausstellungen vorgegangen werden kann. 

Verbot wurde beibehalten

Etwas deutlicher als seine beiden Kollegen äussert sich Matthias Schelling, Direktor Swissherdbook. «Drenching als Methode, um mehr Kapazität vorzutäuschen, ist schon lange bekannt. Bereits im ersten ASR-Ausstellungsreglement von 2001 war Drenching explizit verboten. Dieses Verbot wurde über alle Überarbeitungen beibehalten», erklärt Schelling auf Anfrage der BauernZeitung.

Gesunder Menschenverstand

In der aktuellen Fassung sei aufgrund von Gerüchten betreffend Wasserentzug, die mitunter kursierten, die Präzisierung dazugekommen, dass die Wasserversorgung bedarfsgerecht zu erfolgen habe, ergänzt Schelling. In der alten Fassung war festgehalten, dass das Wohlbefinden der Tiere jederzeit sichergestellt werden müsse, so der Swissherdbook-Direktor, und ergänzt: «Für mich war damit allerdings bereits in der alten Fassung das Tränken miteingeschlossen.» Neben dem gesunden Menschenverstand und dem ASR-Ausstellungsreglement würde bereits die Tierschutzverordnung regeln, dass Tiere ausreichend getränkt werden müssten, so Schelling. Verantwortlich dafür, dass diese Regeln und Gesetze eingehalten werden, seien die Tierhalter und Tierausstellungsorganisationen, die Swissherdbook immer wieder auf diese Punkte aufmerksam mache, wie der Direktor ergänzt.

Simone Barth