Ein Verein Sauberes Wasser für alle um die bekannte Berner Anti-Atom-Aktivistin Franziska Herren lanciert heute in Bern wie in der BauernZeitung bereits gemeldet die Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid-und prophylaktischen Antibiotika-Einsatz».

Neuer ÖLN

Das eidgenössische Volksbegehren soll dafür sorgen, dass nur noch Bauern Direktzahlungen erhalten, die einen neu formulierten Ökologischen Leistungsnachweis erfüllen «der die Erhaltung der Biodiversität, eine pestizidfreie Produktion und einen Tierbestand, der mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann, umfasst.» (s. Initiativtext im Kasten).

Die Wasser-Initiative ist bereits die zweite ihrer Art. Im vergangenen November hat ein welsches Komitee die Unterschriftensammlung für eine Initiative gestartet, die ein Verbot von synthetischen Pflanzenschutzmitteln will.

Mühleberg-Aktivistin mit neuem Tätigkeitsfeld

Wir haben uns im Vorfeld der Lancierung mit Franziska Herren unterhalten. Sie ist Hauptinitiantin der heute lancierten Anti-Pflanzenschutz-Initiative und im Kanton Bern keine Unbekannte. Die Mutter zweier erwachsener Kinder brachte mit Kampfgenossen eine Initiative zur sofortigen Abschaltung des AKW Mühlebergs an die Urne. Sie scheiterte zwar 2014 mit 63 Prozent Nein in der Abstimmung, trug aber mit dazu bei, dass Mühleberg nun als erstes Schweizer AKW schon Ende 2019 vom Netz gehen wird.

Frau Herren, Ihre Initiative ist sehr radikal formuliert: Wer steht dahinter?

Franziska Herren: Sieben Bürgerinnen und ein Bürger. Alles Leute, die ich gut kenne. Niemand ist spezialisiert auf Landwirtschaft oder Wasser, aber uns vereint, dass wir uns mit ökologisch hergestellten Produkten ernähren wollen und dafür im Laden bereits mehr bezahlen müssen. Deshalb wollen wir via unsere Steuergelder nicht mehr so viel bezahlen für eine Landwirtschaft, die der Umwelt schadet. Deshalb müssen wir die Direktzahlungen denen vorbehalten bleiben, die in unserem Sinne produzieren.

Wie meinen Sie das, eine Landwirtschaft, die der Umwelt schadet? Die Ökologisierung derAgrarpolitik schreitet voran und die Bauern beteiligen sich sehr aktiv an diesen Programmen.

Die Realität entspricht nicht den Bildern, welche die Landwirtschaft über sich verbreitet. Die Tierproduktion funktioniert nur dank massiven Futterimporten sowie präventivem Antibiotikaeinsatz und die Güllebilanz geht schlicht nicht auf.

Präventiver Antibiotikaeinsatz ist in der Schweiz seit 1999 verboten…

Da täuschen Sie sich, viele Tierhaltungssystem funktionieren nicht ohne präventiven Antibiotikaeinsatz, zum Beispiel die Kälbermast, das hat uns das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen bestätigt. Ein anderes Beispiel ist die Milchproduktion, hier wird vielerorts zum Trockenstellen routinemässig antibiotisch behandelt, das wollen wir nicht mehr.

In Ihrem Komitee sitzen keine Bauern, haben die Ihnen abgesagt oder haben Sie gar nicht versucht, hier jemanden zu gewinnen für Ihr Anliegen?

Ich habe mit vielen Bauern gesprochen, einige von ihnen stehen auch hinter unserer Sache. Ich habe aber keinen konkret angefragt für eine Mitgliedschaft im Komitee. Viele Bauern sind in dieser Sache befangen und wir wollen keine befangenen Leute im Initiativkomitee.

Mit Ihrer Initiative fordern Sie im Prinzip ein Bioland Schweiz, was im Text fehlt ist einzig noch ein Verbot für synthetische Dünger. Warum das?

Wir wollen weder ein Bioland noch etwas verbieten, sondern sagen lediglich, dass wir diese Art von Landwirtschaft nicht mehr länger mit unseren Steuergeldern unterstützen wollen. Wir haben uns dann überlegt, was wir wegnehmen müssen, um die Situation zu verbessern. Wir haben uns für die drei wichtigsten Pfeiler entschieden: Antibiotika, Pestizide und Importfutter. Was den Kunstdünger angeht haben wir lange überlegt, aber wir haben uns schliesslich dagegen entschieden, weil wir nicht noch ein weiteres Diskussionsfeld öffnen wollten.

Leider kauft immer noch mindestens die Hälfte der Konsumenten preisbezogen ein, das heisst, sie wollen gar nicht Bio-Lebensmittel kaufen, sondern kostengünstige Massenware, aber aus der Schweiz, was empfehlen Sie diesen Leuten? Einkaufstourismus?

Ich selber kaufe sowieso vor allem direkt auf dem Hof ein, wenn immer möglich Demeterprodukte. Wir gehen aber davon aus, dass die Preise nicht ansteigen, weil die Umweltkosten zurückgehen werden. Zudem geht es gar nicht mehr um die Frage Bio oder nicht Bio, da im Falle einer Zustimmung und der Übergangsfrist von acht Jahren sowieso alles pestizid- und antibiotikareduziert produziert sein wird, was in den Läden steht, denn auch die Importe sollen diesen Standards genügen.

Was hat Sie eigentlich zu diesem einseitigen Angriff auf die Landwirtschaft bewogen?

Mein Schlüsselerlebnis war, als ich 2011 auf einem Feld eine Kuh erbärmlich muhen hörte, stundenlang. Als ich den Bauer fragte, woran das liegt erklärte man mir, dass man der Kuh soeben das Kalb weggenommen hat. Das geht doch nicht, habe ich mir gesagt und angefangen zu recherchieren. Dabei habe ich unter anderem auch rausgefunden, dass gerade dieses Wegnehmen der Kälber zu höherem Antibiotikaeinsatz führt.

Sie wissen, dass auch die allermeisten Biobetriebe Antibiotika einsetzen und den Kühen ihre Kälber wegnehmen.

Ja, das ist mir bekannt und ich hoffe, dass sich hier noch Verbesserungen machen lassen.

Interview Adrian Krebs