«Manchmal habe ich Angst, dass die Polizei kommt und mich büsst, weil ich einen Jutz nehme», sagt Werner Aebersold. Der Landwirt aus dem Berner Oberland sitzt am Tisch mit seinen beiden Berufskollegen Hanspeter Fuss und Ferdinand Oehrli. Die drei verbindet nicht nur die Berglandwirtschaft und die Viehzucht, sondern auch die Leidenschaft des Singens, des Jutzens. Zusammen mit dem «Touristiker» Simon Zmoos, wie die drei Bauern den vierten im Bunde fast liebevoll nennen, bilden sie das Jodlerquartett Männertreu Teuffenthal.Die BauernZeitung hat die drei Landwirte getroffen und mit ihnen über ihren neusten Streich, die CD «Uf em Grat», gesprochen.

Keine CD-Taufe am 1. April

Singen ist derzeit verboten. Ausser Profis darf niemand üben, geschweige denn Konzerte geben. Für viele mag das wenig einschneidend klingen. Nicht so für Männertreu Teuffenthal. Denn Singen ist für sie Ausdruck des Lebens. «Mir fehlt die Singerei», sagt Hanspeter Fuss, der unheimlich gerne in einen Saal läuft, hinsteht und seinen Bass erklingen lässt, wie er erzählt. Das wäre auch am 1. April in der grossen Reithalle von Thun BE geplant gewesen. An diesem Datum hatte das Quartett seine CD-Taufe angesetzt. 1500 bis 2000 Personen hätten im Saal Platz gefunden. «Das hätt e riesä Chiubi gä», sagt Fuss. Doch die Hoffnung, die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie könnten bis dahin genügend gelockert werden, haben die Sänger alsbald begraben. Der Anlass ist abgesagt. «Wir hatten das Glück, dass wir überhaupt einen Tonträger aufnehmen konnten», erzählt Fuss. Für einen grösseren Klub sei ein solches Vorhaben derzeit undenkbar. Ein Rad, das stillsteht. Stimmen, die verstummen. Dabei wäre es so wichtig, gerade in dieser Zeit, dass gesungen würde, sind sich die drei Landwirte einig.

In Erinnerung schwelgen

Und dann erzählen sie von früher, aus der Zeit vor Corona. Von Auftritten, von Proben, von Liedern, die sie für sich ausgesucht hatten und von Freundschaften und gemeinsamer Zeit. Und wenn sie erzählen, dann hört es sich so an, als ob das alles gestern passiert wäre. «Wann hatten wir eigentlich unseren letzten Auftritt», fragt Aebersold. «Das weiss ich nicht mehr», antwortet Fuss. «Leg die CD ein», sagt Ferdinand Oehrli. Und dann hören die drei aus ihrem Werk. «Konnten wir das wirklich so gut singen?», fragt Aebersold nach einem Moment schalkhaft. Fuss und Oehrli lachen. In die stets fröhliche und so lebensbejahende Art der Männer ist in den vergangenen Monaten Wehmut getreten. Und ein wenig davon ist in den Liedern ihrer neuen CD auch hörbar. «Ja, da sind auch traurige Lieder drauf», sagt Oehrli. «Aber auch moderne», ergänzt Aebersold, der den Eindruck hinterlässt, als ob er jeden Moment mitsingen wird.

Lieder, die berühren

Es sind Lieder, die den vier Sängern gefallen, die sie berühren, und mit denen sie berühren wollen. «Jetzt erst recht», sagt Ferdinand Oehrli mit Blick auf eine schwierige Zeit, in der das Verbindende noch viel wichtiger sei, als es das noch vor Corona war. «Jetzt erst recht», wiederholt Oehrli. Hanspeter Fuss schweigt. Seine Augen richten sich nach unten. Und Werner Aebersold rutscht auf der Bank hinter dem Tisch hin und her. Er will singen.

 

Männertreu Teuffenthal und ihre neue CD

Das Quartett Männertreu Teuffenthal ist seit rund 30 Jahren zusammen, allerdings nicht seit Beginn in der aktuellen Konstellation. Hans-
peter Fuss aus Teuffenthal b. Thun BE und sein Schwager Ferdinand Oehrli, Sigriswil BE, sind Gründungsmitglieder. Der Stimmgewaltige und Jüngste im Bunde, Werner Aebersold aus Fahrni b. Thun BE, stiess erst später zum Quartett. Ebenso Simon Zmoos, Boltigen  BE, der ein Beratungsunternehmen in der Tourismus- und Sportbranche führt. Sein Talent «entdeckte» Oehrli während eines WK. Zmoos ist zwar in einer singenden Familie aufgewachsen, dass er aber eines Tages in einer Formation auf der Bühne stehen würde, und das noch im Mutz, hatte er anfänglich nicht geglaubt.

Sie singen aus dem Stegreif

In der heutigen Zusammensetzung gibt Männertreu Teuffenthal die zweite CD heraus. Ihre Spezialität ist das Singen aus dem Stegreif. «Wir können keine Noten lesen», sagt Ferdinand Oehrli, «wir singen nach Gefühl und Gehör.» Sie haben auch keinen Dirigenten, der sie formt und das soll auch so bleiben. So sei es zwar nicht immer einfach, dem anderen zu sagen, wenn er nicht richtig singe, aber «das sind dann einfach wir und das ist echt», stellt Werner Aebersold klar. Stimmlich ist nur eines fix: Hanspeter Fuss ist der 2. Bass. Die anderen Stimmen, also 1. und 2. Stimme, 1. Bass und Bauernstimme, teilen Simon Zmoos, Werner Aebersold und Ferdinand Oehrli untereinander auf. Und das ist nicht immer gleich. Auch hier muss es einfach passen, wie so vieles beim Quartett.

Zweite CD war schon länger geplant

Die Aufnahmen zur CD sind in Thun BE entstanden, ganz in der Nähe, wo die vier auch zu Hause sind. Dass es irgendwann eine zweite CD geben soll, stand schon seit einigen Jahren fest. Als Gastmusik hat zudem das Trio Dubach-Haldi-Teuscher auf dem Tonträger mitgewirkt. Mit dieser Musik-Formation wären auch Konzerte eingeplant gewesen, die Corona-bedingt allerdings alle abgesagt werden mussten. Wann Auf­tritte wieder möglich sind, ist nicht klar.

Unterschiedliche Emotionen machen es aus

«Lieder tragen die emotionalsten Schwingungen aller Menschen, von denen sie gesungen werden, in sich», steht auf dem Booklet der CD «Uf em Grat» geschrieben. Dass Emotionen ganz unterschiedlich sein können, wissen die Teuffenthaler gut. Während Werner Aebersold beim Singen etwas sieht, das Bild einer Landschaft beispielsweise, ist Ferdinand Oehrli mehr der akustische Typ, der es hört, wenn es gut ist und für ihn stimmt. Hanspeter Fuss und Simon Zmoos sind hingegen die gefühlsbetonten Sänger. «Man fühlt es. Singen ist etwas, da passiert etwas», hat Simon Zmoos bereits in einem früheren Bericht gegenüber der BauernZeitung erklärt. Diese unterschiedliche Wahrnehmung der vier Männer, die in den vielen Jahren, in denen sie zusammen sind, prägend auf ihren Gesang wirkte, nehmen sie als Herausforderung, aber auch als Chance wahr. «Die CD-Aufnahmen waren auch mit Strapazen verbunden», erklärt Hanspeter Fuss. Aber da hätten sie stets viel Unterstützung von Familien und Freunden erhalten.  «Anita Zmoos allen voran», ergänzt Fuss. Sie unterstützt das Quartett in allen gestalterischen Belangen unterwegs auf dem Grat, wohl dem Gipfel entgegen.