Buntbrachen und weitere gezielt angelegte Strukturen: Mit diesen Massnahmen werden seit mehr als drei Jahrzehnten auf den eher trockenen Böden zwischen den Schaffhauser Gemeinden Neuenkirch, Löhningen und Siblingen Ackerflora und Bodenbrüter gefördert. Der in dieser Region umgesetzte Naturschutz im Bereich Ackerbau und Bodenbrüter ist jedoch nicht selbstverständlich. Der Schaffhauser Regierungsrat Martin Kessler sprach auf einem kürzlich durchgeführten Rundgang von einem langen Weg, den es brauchte, um ein grosses Potenzial für neue Lebensräume schaffen.

Extensive Bewirtschaftung

Es habe jahrzehntelange Anstrengungen von Landwirtschaft und dem Schaffhauser Naturschutzamt gebraucht, um diese Lebensräume zu schaffen, sagte Martin Kessler. Der Kanton übernimmt in diesem Projekt die Kosten der Beratung, für das eingesetzte Saatgut oder auch für das Anlegen von Hecken. Für Kessler ist ausserdem wichtig, dass Landwirtschaft und Naturschutz miteinander und nicht gegeneinander auftreten. Mit im Boot sitzt ausserdem die Vogelwarte Sempach. Sie betreut seit den 90er-Jahren das Monitoring.

Petra Bachmann vom Ressort Naturschutz im Schaffhauser Planungs- und Naturschutzamt freut sich, dass ein Lebensraum mit hoher Artenvielfalt erhalten und wieder geschaffen werden konnte. Sie verwies auf die Startphase vor über 30 Jahren, in der die Buntbrache noch nicht bekannt war. Am Anfang des Projekts stand die Idee, die beiden Lebensräume im Norden und Süden des Randen mit einem Vernetzungsprojekt zu verbinden. Es zeigte sich dann aber bald, dass sich mit einer extensiven Bewirtschaftung von Ackerreservaten vieles erreichen lässt. Die beteiligten Landwirte machten freiwillig mit, in der Startphase noch ohne Direktzahlungen. Erst ab dem Jahr 2002 flossen erste Direktzahlungsbeträge. Heute übernimmt der Bund 90 Prozent der Kosten, die restlichen zehn Prozent trägt der Kanton. Petra Bachmann sprach mit Blick auf die Aufwertungsmassnahmen von einer einmaligen Vorzeigeregion. Diese werde auch von der Wissenschaft intensiv genutzt.

Feldlerche trumpft auf

Die weite Flur mit den teilweise eher lichten Buntbrachen, extensiv bewirtschafteten Wiesen, Hecken und weiteren ökologischen Strukturen sorgt dafür, dass etwa die Feldlerche wieder einen Lebensraum gefunden hat. Mit ihrem Gesang stellte sie auch während des Rundgangs ihre Anwesenheit unter Beweis. Einst war die Feldlerche in Getreidefeldern zu Hause. Doch diese sind heute für sie zu dicht angelegt. Buntbrachen in Kombination mit extensivem Ackerbau fördern den Bestand des Bodenbrüters. Heute findet man im Klettgau bis zu zehn Brutpaare pro Quadratkilometer. Aber auch weitere Vogelarten wie die Goldammer oder der Neuntöter, der auf dornige Pflanzen angewiesen ist, finden im Klettgau ideale Bedingungen vor, um zu überleben.

Das gilt auch für die bodenbrütende Wachtel oder die Grauammer, welche in der Schweiz nur noch im Welschland und im Kanton Schaffhausen anzutreffen ist. Das Schwarzkelchen oder die Dorngrasmücke sind weitere seltene Vogelarten, welche im Klettgau wieder vermehrt anzutreffen sind. Hier finden sie die für ihr Überleben notwendigen Lebensräume.

Auch Insekten profitieren

«Das Kornblumenblau ist der Ersatzhimmel für Insekten», führte Martin Bolliger vom Schaffhauser Naturschutzamt aus. Die Kornblume ist nur eine der vielen Pflanzenarten, welche sich auf den verschiedenen Flächen wieder verbreiten können. Es sind weitere sehr seltenen Arten zu finden: Etwa der Venusspiegel, das Adonis-Röschen oder der Acker-Steinsame. Martin Bolliger sieht in der Erhaltung solcher Pflanzen auch eine Investition in ein gewaltiges genetisches Potenzial und Archiv: Viele Wildpflanzen stehen am Anfang von heutigen Kulturpflanzenarten. «Was nicht ausstirbt, kann schon morgen wertvoll sein», so Bolliger. Er wies dabei auf Gräserarten hin, welche die Urform von Getreidearten sind. So hat für ihn beispielsweise auch die Roggentrespe grosses Potenzial für die Entwicklung neuer Getreidearten. Im Klettgau ist auch der Wilde Lattich mit seinem typischen Milchsaft zu finden, welcher der Ursprung des Kopfsalates bildet. Bolliger wies auch auf weitere wertvolle Pflanzenarten hin, etwa das Johanniskraut, den Ackerrittersporn oder den Saatleindotter.

Doch auch Insekten schätzen diese sehr unterschiedlich gestalteten und strukturierten Flächen im Klettbau. Bolliger wies dabei auf den Grashüpfer hin, auf Spinnenarten oder auch auf den Schachbrettfalter. Auch der Feldhase ist wieder vermehrt zu finden. Auch er profitiert von den verschiedenen Landschaftselementen.