Zuletzt aktualisiert um 13:01 (Ergänzung mit dem Statement von Markus Ritter)

Der Bundesrat schaffte es am Freitag nicht, sich über die Ämterverteilung einig zu werden. Trotz zweistündiger Sitzung musste das Kollegium am Montag noch einmal über die Verteilung der Departemente diskutieren. Wie die «NZZ am Sonntag» schrieb, weil sowohl Simonetta Sommaruga (SP) als auch Guy Parmelin (SVP) und die neu gewählte Viola Amherd (CVP) das Verkehrsdepartement von Doris Leuthard (CVP) übernehmen wollten.

Parmelin wird WBF-Chef 

Am Montagmittag hat die Landesregierung nun ihre Lösung präsentiert: Simonetta Sommaruga wird ins Verkehrsdepartement wechseln, Parmelin wird Wirtschaftsminister. Das Justizdepartement übernimmt Karin Keller-Sutter; Viola Amherd wird Verteidigungsminsterin. Ueli Maurer (SVP) bleibt Finanz-, Ignazio Cassis (FDP)  Aussen- und Alain Berset (SP) Innenminister.

Guy Parmelin bedankte sich vor den Medien für die Arbeit der 12'000 Mitarbeitenden des VBS. Er sei irritiert gewesen, dass das VBS gewissermassen als Trostpreis bei der Ämterverteilung gehandelt wurde. Die Verteidigung sei seiner Meinung nach «leider» wieder wichtiger geworden. Trotzdem wird Parmelin nach drei Jahren im VBS wechseln; in das Wirtschaftsdepartement von Johann Schneider-Ammann. 

Der Wechsel könnte Parmelin durchaus als Fahnenflucht ausgelegt werden; im VBS ist es erst kürzlich zu Spesenskandalen gekommen. Ausserdem stocken seine Reformpläne; er selbst wird immer wieder kritisiert und muss sich entsprechend auch vor den Journalisten im Bundesmedienzentrum rechtfertigen. Wie Parmelin sagte, sei es nicht erstaunlich, wenn jemand nach drei Jahren das Departement wechselt. Hinzu kommt, dass die SVP seit 23 Jahren ohne Unterbrechung die Departementsführung inne hatte. Wie Parmelin sagte, sei es wichtig, dass auch andere Parteien die im VBS behandelten Dossiers übernehme. Er erhofft sich eine etwas offenere Sicht auf die Geschäfte im VBS.

Mit Parmelin sitzt ein «linientreuer Teilzeit-Bauer» im Bundesrat, der wenig internationale Erfahrung hat. Ob Parmelin über das Format verfügt, Wirtschaftsminister zu sein, wird gerne bezweifelt. Parmelin selbst widerspricht: «Englisch kann ich relativ gut», sagt er auf seine Schwächen angesprochen. Und offenbar reicht es ihm als Erfahrungsnachweis aus, dass er das VBS auf internationalem Parkett vertreten durfte.

Keine konkrete Vision für die Agrarpolitik  

Inwiefern Parmelin die Agrarpolitik prägen wird, ist noch offen. Er selbst sagte, dass die Agrarpolitik immer auch Thema im Bundesrat war. Mit der kürzlich eröffneten Vernehmlassung ist der Reformprozess schon von Johann Schneider-Ammann in Gang gesetzt worden, Parmelin selbst sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.

In Bezug auf die AP 22+ müsse man nämlich nicht von vorne beginnen, findet Parmelin. «Aber ich werde die Resultate der Vernehmlassung abwarten», sagte er. Danach würde er schauen, ob noch zusätzliche Lösungen erarbeitet werden müssten; Lösungen, die für alle betroffenen Kreise funktionieren. Eine konkrete Perspektive bietet Parmelin nicht. Auch in Bezug auf Freihandelsabkommen will Parmelin zuerst mit den Leuten sprechen, die in den Dossiers arbeiten, bevor er sich inhaltlich äussert.

Markus Ritter freut sich auf die Zusammenarbeit

Bauernverbandspräsident Markus Ritter (CVP) freut sich auf die Zusammenarbeit. «Es ist wichtig, dass wir über anstehende Aufgaben und politische Geschäfte frühzeitig gemeinsam diskutieren können und damit auch die Position der Landwirtschaft eingebracht werden kann», schreibt er auf Anfrage der BauernZeitung.

Dass kein SP-Vertreter zum Zug gekommen ist, ist nicht überraschend. Das WBF wurde nämlich noch nie von einem Magistraten von der linken Ratsseite geführt. Da es sich um ein Schlüsseldepartement handelt, ist es nur naheliegend, dass die bürgerliche Ratsmehrheit ihren Einfluss halten wollte.

Aus Sicht der Landwirtschaft und der bäuerlichen Interessen ist davon auszugehen, dass die Vertretung einfacher wird. Denn die Zusammenarbeit mit Guy Parmelin dürfte mindestens gleich gut, wenn nicht sogar einfacher sein, als mit Johann Schneider-Ammann. In diesem Sinne haben diese Woche nicht nur die Frauen gewonnen, sondern auch die Landwirte. Denn eine bessere Zusammenarbeit verspricht auch eine etwas sachlichere Debatte. 

Die Dossiers bleiben kompliziert

Inwiefern es die bäuerlichen Interessenvertreter tatsächlich einfacher haben werden, ist aber trotzdem noch offen. Denn die Arbeit in den einzelnen Dossiers, namentlich in den Bereichen Grenzschutz, Bodenrecht und Agrarpolitik, ist von Ziel- und Interessenkonflikten geprägt, die mit einer neuen Person an der Amtsspitze nicht verschwinden werden. Dass mit der Trinkwasser-, der Pestizid- und der in Ausarbeitung befindenden Massentierhaltungsinitiative die Debatte ruhiger wird, ist zudem nicht zu erwarten.

Wie Guy Parmelin sagte, will er den Übergang gut vorbereiten; das VBS sei schliesslich «vital» für die Zukunft des Landes. Er, Parmelin, werde mit dem jetzigen Wirtschaftsminister schauen, dass die Übergabe reibungslos funktionieren wird. Für Parmelin sei es eine neue Herausforderung, das WBF zu führen. Zu den konkreten Zielen, die er als Chef für das WBF und damit auch für die Landwirtschaft hat, äussert sich Parmelin nicht.

hja