«Die Bevölkerung hat mehr Vertrauen zu den Bauernfamilien als zu den Juristen. Das hat sich bei den Wahlen im Herbst 2023 gezeigt», sagte Regierungsratspräsident Mario Fehr schmunzelt in seinem Grusswort an der Delegiertenversammlung des Zürcher Bauernverbands. Er outete sich als Freund der Landwirtschaft. Schliesslich sei seine Frau auf einem Bauernbetrieb aufgewachsen und sie hätten mit der Familie immer Ferien auf dem Bauernhof verbracht.

Regierungsratspräsident für faire Preise

«Ich kaufe als Konsument einheimische Lebensmittel und will, dass ihr faire Preise habt» fuhr er fort und weiter: «Ihr seid mehr als nur Produzenten von Nahrungsmitteln, sondern Ihr steht für die Grundwerte unserer Gesellschaft. Euer Engagement ist immer auch ein Einsatz für das Gemeinwohl.» Dem Bauernstand sei Sorge zu tragen, rief den Bäuerinnen und Landwirten in der Irchelhalle zu.

Ritter fordert Produktion statt Ökologie

An Appellen fehlte es auch beim Referat von Bauernverbandspräsident Markus Ritter nicht. Er nahm das Stichwort Wahlen von Mario Fehr gerne auf. «Wir müssen auch die nächsten Wahlen gewinnen. Die AP 2030 wird jetzt aufgegleist. Das Parlament entscheidet 2027 darüber», sagte Ritter. 30 Jahre lang hätte die Ökologie im Fokus der Agrarpolitik gestanden. In der AP 2030 gelte es aber die landwirtschaftliche Produktion, Wertschöpfung und das bäuerliche Einkommen zu stärken. Er forderte die Bauernfamilien auf, sich im Abstimmungskampf gegen die Biodiversitätsinitiative zu engagieren.

«Puure-Höck» für Parlamentarier(innen)

Der Zürcher Bauernverband startete seine Kampagne gegen die Initiative bereits im März. Das ist aber nicht das einzige Thema, das den ZBV beschäftigt. Ein Dorn im Auge ist Ferdi Hodel, ZBV-Geschäftsführer, wie die Fachplanung Ökologische Infrastruktur im Kanton aufgegleist ist. Dort will der ZBV mehr Einfluss. Auch zur Ausscheidung der Gewässerräume stellt der ZBV Forderungen. Um das Verständnis der Politiker(innen) zur Landwirtschaft zu fördern, organisiert der ZBV im Juni einen «Puure-Höck» für Zürcher Parlamentarier. Dieser wird im Juni auf dem Betrieb von Andreas Buri in Ossingen stattfinden.

Res Buri hatte die DV in Buch am Irchel zusammen mit dem ortsansässigen Landwirt Lukas Holderegger organisiert. «Unser Bezirk Andelfingen ist die am dünnsten besiedelte Region des Kantons. Hier hat die Landwirtschaft eine grosse Bedeutung. Es hat hier mehr Nutztiere als Einwohner», stellte Andreas Buri seine Heimat im Grusswort vor.

ZBV startet Projekt «Vision 2025»

Der Zürcher Bauernverband organisiert aber nicht nur Puure-Höcks, sondern verstärkt unter dem Projekt «Vision25» seine Kommunikation. In Planung ist eine Erneuerung der Homepage. Auch sollen die redaktionellen Inhalte des «Zürcher Bauer» sollen ab 2025 auch digital verfügbar sein und das ZBV-Logo mit der Getreideähre soll modernisiert werden. Auf die Beine gestellt wird diese Vision zusammen mit Markus Studer vom Entlebucher Medienhaus.

Es war eine Delegiertenversammlung, die unterhaltsam und effizient vonstatten ging.  Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Jahresrechnung schliesst mit Gewinn ab.
  • Einstimmig wählten die Delegierten Susanne Fuster, Marco Hirt und Markus Bopp in den ZBV-Vorstand.
  • Martin Haab, ZBV-Präsident, verdankte die zurücktretenden Theres Weber und Beni Bühler.
  • Zusammen Christian Mathys, Präsident ZBV-Kommission Bildung und Soziales, ehrte Haab die frisch diplomierten Meisterlandwirte und Agrotechniker.
  • Auch bedankte sich der ZBV-Präsident bei den #farmfluencer. Neu zu den Farmfluencern wird 2024 Philipp Ogg aus Watt stossen.
  • Einen riesigen Applaus erntete der ebenfalls geehrte Markus Angst, der im vergangenen Jahr Vize-Gesamtweltmeister im Wettpflügen wurde.

«Es braucht Durchsetzungsvermögen»

An der Delegiertenversammlung des Zürcher Bauernverbands (ZBV) begrüsste Präsident Martin Haab nicht nur seine Delegierten, sondern auch viele offizielle Kantonsvertreter, und es ging auch nicht nur um ein Nein zur Biodiversitäts-­Initiative.

Wo setzt der ZBV im laufenden Jahr seine Schwerpunkte?

Martin Haab: Die eidgenössische Abstimmung über die Biodiversitäts-Initiative wird wohl eine besondere Aufmerksamkeit benötigen. Unsere Geschäftsstelle ist bereits in der Vorbereitungsphase. Wir sind überzeugt, dass auch unsere Mitglieder sich im Abstimmungskampf gegen diesen erneuten Angriff auf die produzierende Landwirtschaft mit voller Kraft einbringen werden.

Es scheint manchmal, als sei der Kanton immun gegenüber den Forderungen der Landwirte, was Schutzverordnungen und PPF betrifft. Wie kann der ZBV die Betriebsleiter und ihre Interessenvereinigungen unterstützen?

Die Verbandsführung ist in ständigem Austausch mit den Fachstellen der Verwaltung. Wir sind bestrebt, die Interessen unserer Mitglieder bestmöglich zu vertreten. Dazu braucht es vielmals auch Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen. Die Entwicklungen zum Besseren benötigen in der Tat viel Zeit und Nerven.

Viele Zürcher Bäuerinnen und Landwirte schlossen sich Protestbewegungen an, die ausserhalb des ZBV organisiert wurden. Öffnet sich da allmählich eine Kluft zwischen der Basis und dem Verband?

Nein, wir stehen in engem Kontakt mit den Veranstaltern und deren Protesten, welche aus der Basis entstanden sind. Solange diese Aufmärsche gesittet vonstattengehen, sind sie unserer Arbeit nützlich.

In der Wintersession reichten Sie als Nationalrat einen Vorstoss ein, wo Sie ein Auflagenmoratorium im Agrarbereich bis 2030 fordern. Ist das nicht etwas illusorisch, da die 3,5 Prozent Acker-BFF und Digiflux aufgeschoben, aber nicht aufgehoben wurde?

Politische Vorstösse werden oft in der ersten Beurteilung als illusorisch betitelt. Wer die Messlatte der Forderungen nicht hoch ansetzt, hat schlechte Chancen, etwas zu erreichen. Die beiden oben erwähnten Geschäfte sind nicht nur aufgeschoben, sondern müssen auch vom Bundesrat in der Ausgestaltung sowie in deren Wirkung nochmals überarbeitet werden.

Die nächste Reform des Landwirtschaftsgesetzes wird 2030 in Kraft treten. Der ZBV fordert Neustart statt Pflästerli-Politik. Wie denken Sie, dass sich dabei eine höhere Wertschöpfung für die landwirtschaftliche Produktion realisieren lässt?

Die Wertschöpfung unserer Produktionen hängt bei weitem nicht nur vom erzielten Marktpreis ab. Unser Aufwand in administrativer sowie produktionstechnischer Hinsicht ist mindestens so stark am finanziellen Erfolg oder Misserfolg eines Betriebs beteiligt.

Was haben Sie gegen die Zusammenlegung von Landschaftsqualitäts- (LQ) mit Vernetzungsbeiträgen?

Seit mehr als zehn Jahren sind die LQ-Beiträge Teil der Direktzahlungen. Der ZBV hat in Zusammenarbeit mit dem Kanton und mit Umweltbüros fünf Projekte erarbeitet, welche eine Stange Geld sowie viel Aufwand benötigten. Unsere Bauern haben sich auf diese LQB eingerichtet. Auch die Vernetzungsbeiträge haben sich an der Basis etabliert und sind respektiert. Nun will der Bund ein neues Instrument mit der Zusammenlegung von LQB und Vernetzung kreieren unter dem Titel «Regionale Biodiversität und Landschaftsqualität». Dies würde wiederum einen grossen Aufwand für das Erstellen mit sich bringen und vor allem die Umweltbüros beschäftigen.

Was erwarten Sie nach Ihrem Vorstoss im Parlament?

Wenn wir ab 2030 über eine neue AP sprechen, so macht es keinen Sinn 2027 ein neues Element einzuführen, das sich zuerst die Akzeptanz der Basis erkämpfen muss. Ich erwarte vom Bundesrat, dass er die Fusion von LQ und Vernetzung stoppt, bevor es neuen Unmut bei den Bauern erzeugt. Die LQB-Programme sowie die Vernetzungsbeiträge sind bis 2030 weiterzuführen.