Es ist das erklärte politische Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) bzw. die damit verbundenen Risiken zu reduzieren. Dafür muss man zuerst wissen, welchen Verhaltensmustern Landwirt(innen) in Sachen Pflanzenschutz folgen, wie Antonia Kaiser und Paul Burger von Agroscope bzw. der Uni Basel in einem Beitrag in «Agrarforschung Schweiz» erläutern. Anhand von Interviews mit Schweizer Landwirt(innen) und einer Umfrage konnten die beiden Forschenden fünf «Typen» von Praktiken unterscheiden:

Nach Plan: Konventioneller Pflanzenschutz

Im Falle dieser Praktik verlassen sich Landwirt(innen) auf bewährte Methoden. Zu Beginn des Anbaujahrs wird ein Behandlungsplan oder eine Strategie entwickelt, basierend auf eigenen Erfahrungen und einer – häufig privatwirtschaftlichen – Beratung, so die Beschreibung der Studienautoren. Häufig werde so auf Betrieben gearbeitet, die für den Grosshandel produzieren und daher strengen Anforderungen genügen müssen. Der Hof und dessen Produkte würden die persönliche Identität der Landwirt(innen) prägen. Auch das Streben nach «sauberen Feldern» und hohen Erträgen spiele eine Rolle.   

Marktorientiert: Low-Input-Pflanzenschutz

Hier ist der Leitgedanke laut den Forschenden, den eigenen Betreib strategisch und marktorientiert zu entwickeln. Meist werde für gefragte Labels wie Bio Suisse oder IP-Suisse produziert, dank deren Preisprämien der «ökologische Mehrwert auf dem Markt zu Geld gemacht werden kann», so das Zitat eines Umfrageteilnehmers. Schädlinge und Krankheiten werden in dieser Praktik bis zu einem gewissen Niveau toleriert, als Absicherung gegen Risiken durch reduzierten PSM-Einsatz seien Direktzahlungen aber wichtig. Landwirt(innen), die so arbeiten, tun dies auch aus dem Wunsch heraus, den Pflanzenschutz mit den eigenen und dem gesellschaftlichen Anspruch in Einklang zu bringen.

Kosten und Aufwand minimieren

Pflanzenschutz soll kosteneffizient und mit wenig Aufwand verbunden sein, so der Hintergrund bei dieser Praktik. Geringere Erträge als Folge extensiver Produktion werden durch eingesparte Arbeit und Direktzahlungen kompensiert. Oft werden Betriebe in diesem Schema im Nebenerwerb geführt und es steht der Erhalt des Landes von Vorfahren im Vordergrund.

Andere Hauptinteressen: Pflanzenschutz ausgelagert

Bei Betrieben, die diesen Pflanzenschutztypus vertreten, liegen die Hauptinteressen und die Kompetenzen der Betriebsleitenden nicht im Pflanzenbau. Stattdessen konzentrieren sie sich auf Viehzucht oder Milchwirtschaft und beschäftigen daher Lohnunternehmer für den Pflanzenschutz. Diese setzen, so die Studienautoren, meist auf chemisch-synthetische PSM. Da die Auslagerung des Pflanzenschutzes für die Landwirt(innen) mit hohen Fixkosten verbunden ist, wäre es wirtschaftlich riskant, den PSM-Einsatz zu verändern.

Gesunde Böden: Agrarökologischer Pflanzenschutz

Bei dieser Praktik orientiert man sich an agrarökologischen Prinzipien und der Regenerativen Landwirtschaft. Die Befragten hätten oft erklärt, es gehe ihnen um einen ganzheitlichen Ansatz und gesunde Böden als Grundlage einer umweltschonenden Landwirtschaft. Sie sehen sich als «Verbündete der Natur», schreiben Kaiser und Burger. Typisch sei hier die Aussage, man wolle aufbauend und nicht tötend arbeiten.

Finanzielle Anreize, Bildung und Beratung wirkt

«Den» Pflanzenschutz gebe es in der Schweizer Landwirtschaft nicht, schlussfolgern die Studienautoren. Je nach Typ von Pflanzenschutzpraktik sei zu erwarten, dass politische Massnahmen unterschiedlich wirken. Wirtschaftliche Überlegungen und Kompetenzen würden aber in praktisch allen Gruppen eine Rolle spielen. Daher glaubt man bei Agroscope und der Uni Basel, dass zielgerichtete finanzielle Anreize, Massnahmen in Aus- und Weiterbildung sowie die Beratung wichtige Instrumente zur Reduktion des PSM-Einsatzes wären.

Andere Faktoren nicht vergessen

In unterschiedlicher Weise kommen zu Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit auch «weiche» Faktoren hinzu. Darunter laufen soziale Normen, persönliche Wert oder die Identität als Landwirt(in). Es sei möglich, dass diese Faktoren andere überlagern, weshalb sie bei der Bewertung der Wirksamkeit von Massnahmen mitberücksichtigt werden sollten, so das Fazit.