Er ist für ein Jahr der höchste Berner: der Meisterlandwirt Martin Schlup aus Schüpberg. Als Grossratspräsident darf er nun das Kantonsparlament für ein Jahr leiten. Politisch ist der Grossrat ein «alter» Hase, sitzt er doch schon seit 2010 für die SVP im Grossen Rat. «Ja, inzwischen weiss ich, wie die politischen Abläufe funktionieren», sagt der vierfache Familienvater am Küchentisch.

Seinen Einstieg in die Politik fand der Landwirt 2004, als er in den Gemeinderat von Schüpfen gewählt wurde und dort bis 2016 mitwirkte. Schüpfen scheint sowieso ein gutes Pflaster für aufstrebende Politiker zu sein, stellte das kleine Bauerndorf doch schon drei Bundesräte und mit Martin Schlup jetzt auch ihren ersten Grossratspräsidenten.

In zwei Jahren vier Kinder

Im Herzen ist Martin Schlup aber Bauer geblieben. Schon früh musste er auf dem elterlichen Betrieb mit anpacken. Bevor er den Betrieb übernahm, legte Schlup noch eine beachtliche Militärkarriere hin, die erst beim Major endete. «Beim Militär lernte ich nicht nur organisieren, sondern ich lernte auch, wie ich mich durchsetzen kann», sagt er. Als Nichtakademiker musste Schlup immer wieder beweisen, dass auch er als Landwirt auf gleicher Höhe wie ein «Gstudierter» agieren kann. «Das hat mich zusätzlich angespornt, um besser zu sein als die anderen», weiss er noch.[IMG 2]

Und noch eines hat ihn zum Organisationstalent gemacht: Innerhalb von zwei Jahren wurde der Meisterlandwirt und Lastwagen-Chauffeur Vater von vier Kindern. «Als unsere Tochter Martina zwei Jahre alt war, kamen unsere Drillinge Andrea, Beatrice und Christian auf die Welt und da musste man sich schon ziemlich organisieren, um an Schlaf zu kommen», weiss er noch. «Beim Windelwechseln hat mir damals keiner was vorgemacht», sagt er lachend.

Er fällt den Stichentscheid

Als Grossratspräsident darf Martin Schlup jetzt nicht nur die Sessionen leiten, sondern er muss auch die Sitzungen vorbereiten. Nur bei den Geschäften darf er als Grossratspräsident nicht mehr abstimmen, sondern, wenn nötig, nur noch den Stichentscheid fällen. Schlup, der einer von zirka 20 Landwirten im Grossen Rat ist, geniesst von rechts bis links eine grosse Akzeptanz im Parlament.

«Ich bin stolz, ein Landwirt zu sein, und ich kann von mir behaupten, dass ich gradlinig und ehrlich bin und meine Kolleginnen und Kollegen immer wissen, in welche Richtung ich politisiere», hält er fest. «Damit bin ich gut gefahren. Dank einer guten Gesamtsicht, welche Landwirte schon von Natur her für ihren Beruf benötigen, haben wir auch eine gute Akzeptanz im Grossen Rat», ist er überzeugt.

An vielen Anlässen

Als Grossratspräsident ist Martin Schlup jetzt auch viel mehr unterwegs als vorher. Zirka 50 Prozent Arbeit mache das Präsidium aus. «Natürlich wird man jetzt oft zu Anlässen eingeladen, aber ich geniesse es», freut er sich. Zum Glück sei er ein offener und kommunikativer Mensch, das mache die Sache viel einfacher, hätten doch viele Anlässe nichts mit der Landwirtschaft zu tun.

Während Schlup viel unterwegs ist und das Scheinwerferlicht geniesst, läuft der 30-ha-Betrieb zu Hause trotzdem weiter. «Mit meiner Lebenspartnerin Monika führe ich seit Januar 2018 mit meinem Sohn Christian und dessen Frau Sandra den Betrieb als Generationengemeinschaft, das macht die Sache viel einfacher», sagt er anerkennend. Und auch auf einen befreundeten Landwirten aus dem Dorf könne er jederzeit zählen.

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Ein vielseitiger Betrieb

Neben Mutterkuhhaltung und der Schweinemast wird auf dem Betrieb Schlup auch Ackerbau und Direktvermarktung betrieben. «Wir haben Kartoffeln, Raps, Zuckerrüben, Getreide und auch noch zwölf Hektaren Wald», hält der Meisterlandwirt fest. 2006 habe man in eine Schnitzelheizung investiert, wo das ganze Dorf Schüpberg im Wärmeverbund angeschlossen sei. Das Fleisch von seinen Jungrindern wird als Natura-Beef über die Direktvermarktung verkauft. Ein Teil auch in das nachbarschaftliche «Schüpbergbeizli», welches übrigens diesen Frühling an der europäischen Kochmeisterschaft teilnehmen konnte.

Zirka alle sechs Wochen wird ein Jungtier geschlachtet und der Kundenstamm angeschrieben. «Über das Internet oder über das Telefon erreichen wir unsere Abnehmer», erzählt Martin Schlup. Das gebe viel zu tun, aber für ihn sei es wichtig, den Kontakt zwischen der Land- und Stadtbevölkerung zu pflegen. «Nicht nur im Parlament, sondern auch im öffentlichen Leben müssen wir Bauern vermehrt aufzeigen, wie wir die Nahrungsmittel produzieren.» So biete auch der Hofladen, wo seine Partnerin Monika zuständig sei, viele interessante Gespräche. «Während der Corona-Zeit wurden wir regelrecht überrannt, jetzt ist der Ansturm leider wieder etwas abgeflacht», bedauert er.

Nicht ohne Grund machen Schlups auch am 1.-August-Brunch mit. «Wir sind einer von den sechs Betrieben, die schon von Anfang an, also seit 1993 dabei sind», sagt er stolz. Um die 500 Gäste bewirte man jeweils am 1. August auf ihrem Hof. «Der Brunch ist begehrt und wir sind immer ausgebucht», freut er sich. Natürlich könne man an diesem Tag keine grossen Reden halten, aber den Betrieb vorstellen und etwas über die aktuelle Landwirtschaftspolitik mitteilen, liege immer drin.

Kandidiert als Nationalrat

«Seit 2018 sind wir auch einer der fünf Volg-Erlebnishöfe der Schweiz. Pro Jahr werden zirka 20 Freizeitkurse zu verschiedenen Themen bei uns durchgeführt», erzählt der Landwirt. Dadurch gebe es viele neue Kontakte und man könne so die Landwirtschaft den Besucherinnen und Kursteilnehmern näherbringen. «Nicht nur zu Hause, sondern auch im Parlament ist es wichtig, sich für die Landwirtschaft einzusetzen», sagt Martin Schlup. Und dies möchte er auch weiterhin tun. Vielleicht schon bald als Nationalrat, denn Schlup will nächstes Jahr für den Nationalrat kandidieren.