Anfang Januar präsentierten Economiesuisse, der Gewerbeverband, der Arbeitgeberverband und der Bauernverband die Plakatkampagne und erläuterten die Schwerpunktthemen. Nachhaltigkeit in Ökologie, Ökonomie und Soziales wurden in den Fokus gerückt. Es stellt sich schon die Frage, wer diktiert die Nationalratswahlen? Gibt es ein neues Zeitalter, in dem die Verbände den Parteien sagen, was sie zu tun haben? Oder ist es jetzt einfach offensichtlich, wer das Sagen in Bern hat? Auf alle Fälle muss die Landwirtschaft im Kontext zu allen Themen gute Lösungen finden.
Schweinefleischexport und überhöhte Biomargen
Wenn der Paradigmenwechsel von der Agrar- hin zur Ernährungspolitik ein Schritt wäre, um ohne Rücksicht auf die Umwelt produzieren zu können, haben wir Biobauern das Nachsehen. Es wird nie möglich sein, neun Millionen Einwohner ernähren zu können, und muss auch nicht unbedingt angestrebt werden.
Den höchsten Selbstversorgungsgrad weist die Schweiz bei der Milch aus, was Käseexporte ermöglicht. Stabil ist auch die Fleischproduktion. Aufgeholt werden muss aber in Gemüse- und Früchteproduktion. Die Bauern betrieben immer schon Handel und verdienten gutes Geld. Die Landwirtschaft lebt vom Export wie auch vom Import.
Es macht schon Angst, wenn man liest, dass im Jahre 2022 322 Milchbetriebe aufgegeben haben. Bei der Überproduktion der Schweine wird von allen Seiten Unterstützung geboten. Der Export wird aufgegleist und eine Einfrieraktion wird finanziell unterstützt. Dass im Gegensatz dazu aber der Preisüberwacher bei den überhöhten Margen bei Bioprodukten eingreifen muss, macht stutzig. Man fragt sich, wie stark die Bioproduktion vom SBV noch gewünscht ist. Obwohl Frische, Regionalität, Nachhaltigkeit und Natürlichkeit gefragt sind.
Ritters Kampf gegen Grüne und Linke
Der Bauernpräsident Markus Ritter ruft zum Kampf gegen die Grünen und Linken auf. Da aber nur ein gesunder Boden auch ein guter Boden ist, dürfen die Ökothemen nicht ausgehebelt werden. 80 Prozent der jungen Leute haben Klimaangst. Sie sind die zukünftigen Wähler und bestimmen, was sie essen. Ihnen wird die Ressource Natur mehr am Herzen liegen als die Wirtschaft. Bis jetzt war es die Sympathie zur gelebten Kultur, der Jöh-Effekt, mit der Natur und den Tieren arbeiten zu dürfen. Geben wir diesen Faktor her, könnte die jetzige Politik auch mal zum Bumerang werden.
Die Äusserung, dass 20 Prozent über Direktzahlungen und 80 Prozent über das Produkt erwirtschaftet werden, mag für industrielle Betriebe im Flachland stimmen. Aber auf keinen Fall trifft das für die Bioproduktion im Berggebiet zu. Die grünen und sozialen Themen dürfen gerade in der Landwirtschaft nicht gegen die Wirtschaftlichkeit ausgespielt werden.
Neutralität des SBV infrage gestellt
Obwohl der SBV laut Statuten parteipolitisch neutral sein muss und Herr Ritter auch sagt, die kantonalen Verbände dürften Kandidaten für die Stände- und Nationalratswahlen aus allen Parteien aufstellen, zielt sein Engagement hin auf bürgerliche Parteien. Es ist ja sehr erstaunlich, dass es so wenige grüne Landwirte gibt.
«Aber wer gräbt sich schon sein eigenes Grab, wenn der Bauernverband genau gegen sie ankämpft?»
Anna Luchsinger prangert die mangelnde Unterstützung des SBV für Grüne Bauernpolitiker an
So ist es nicht verwunderlich, dass Kilian Baumann, Präsident der Kleinbauernvereinigung, sich nicht unterstützt fühlt. Die Landwirte, welche die Klimakrise und die der Biodiversität erkannt haben, haben beim SBV keinen Platz.
Vielfalt führt zu besten Lösungen
Wir dürfen gespannt sein, wer sich für die Wahlen im Oktober einspannen lässt. Sind es Vordenker, welche die nötige Weitsicht haben und mit zukunftsweisenden Vorstössen eine ökologische, wirtschaftliche Landwirtschaft unterstützen? Sind es junge Mutige oder ältere Erfahrene? Oder sind es einfach die mit der besten und teuersten Kampagne?
Aus Erfahrung weiss man, dass eine vielfältige Gemeinschaft die besten Debatten und Lösungen zustande bringt. Wie sonst wäre es zu erklären, dass bei verschiedenen Themen die SVP und die Grünen sich gegenseitig unterstützen wie z. B. beim Kriegsmaterialgesetz? Wir wissen, dass Bundesrätin Karin Keller-Sutter 56 Millionen bei der Landwirtschaft streichen will. Da nützt uns der Kampf nichts, im Gegenteil. Vielleicht brauchen wir dann von den Grünen und Linken Unterstützung, um die vielfältige Landwirtschaft im Sinne aller und nicht nur der Wirtschaft zu erhalten.
Zur Autorin
Anna Luchsinger ist Bäuerin und führt mit ihrem Mann in Schwanden GL einen Biobetrieb. Sie schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.