Nationalrat Philipp Bregy begründet seine Parlamentarische Initiative damit, dass «viele moderne, innovative» Pflanzenschutzmittel (PSM) nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Zahlreiche Mittel seien verboten und nur wenige neue bewilligt worden, kritisiert Bregy. Der Nationalrat hat seinem Anliegen bereits zugestimmt. Die nächste Hürde war die Kleine Kammer.
Wirkstoffe und Produkte unterschiedlich behandelt
In der Debatte betonten Vertreter(innen) der ablehnenden Minderheit ein aus ihrer Sicht grundlegendes Problem von Bregys Vorstoss. Denn Wirkstoffe und Produkte (fertig formulierte PSM) würden unterschiedlich gehandhabt: «Bei den Wirkstoffen haben wir bereits eine weitgehende Angleichung – was in der EU zugelassen ist, ist es auch in der Schweiz», sagte Tiana Moser (GLP, ZH). Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider bestätigte dies in ihrem späteren Votum. Hingegen würden PSM eine Beurteilung durchlaufen, bei der spezifische Vorschriften für die Anwendung erstellt werden. Das machten auch sämtliche EU-Mitgliedstaaten so, gab Moser zu bedenken. «Eine automatische Übernahme wäre ein Blindflug», meinte sie weiter, denn die Schweiz habe als Nicht-EU-Land keinen Zugang zum Zulassungsdossier aus dem Ausland.
«Demokratisch problematisch»
Sowohl Moser als auch Céline Vara (Grüne, NE) erinnerten an die Parlamentarische Initiative zu den Absenkpfaden, die als faktischer Gegenvorschlag zu den Pflanzenschutz-Initiativen für die Abstimmung als Argument für ein Nein genutzt worden sind. «Das Problem der chemischen PSM hat sich mit der Ablehnung der Initiativen nicht in Luft aufgelöst», betonte Vara. Der Fachverband für Wasser, Gas und Wärme habe mit einem eigenen Schreiben an die Ratsmitglieder ebenfalls darauf hingewiesen, dass mit der künftig potenziell notwendigen Behandlung des Trinkwassers wegen Verunreinigungen hohe Kosten und grosser Aufwand verbunden wäre.
«Es ist kompletter Nonsens, in der Schweiz PSM ohne vorgängige Prüfung zu nutzen, wenn selbst EU-Mitgliedstaaten dieses Risiko nicht eingehen», doppelte die grüne Ständerätin nach. Sie und Tiana Moser hielten es beide für «demokratisch problematisch», den Absenkpfad durch die Annahme dieses Vorstosses zu untergraben.
Kosten von 40'000 Franken
Als Präsident des Schweizerischen Gemüseproduzentenverbands (VSGP) plädierte Werner Salzmann (SVP, BE) dafür, die schwierige Lage zu bedenken: «Die Kulturen können wir nur noch dank Notfallzulassungen retten». Der VSGP rechne 2024 wegen der Gebührenerhöhung mit Kosten für Notfallzulassungen in der Höhe von 40'000 Franken. Auch brauche es gleich lange Spiesse für die Inlandproduktion, da Importware unabhängig von den für deren Herstellung eingesetzten PSM eingeführt und verkauft werden dürften.
Ebenfalls für eine Annahme der Parlamentarischen Initiative von Matthias Bregy argumentierte Peter Hegglin (Mitte, ZG). Der Bundesrat wolle nämlich automatisch, unbesehen nach einem Zulassungsentzug in der EU PSM vom Schweizer Markt nehmen, er biete aber keine Alternativen zu verbotenen Wirkstoffen. Hier brauche es ein Signal an den Bundesrat.
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider machte klar, der Bundesrat sei nicht untätig. Wie bereits einige Vorredner erinnerte sie an die laufende Revision der Pflanzenschutzmittelverordnung. Ausserdem habe man beim zuständigen Bundesamt sechs neue Stellen für eine Beschleunigung der Zulassung geschaffen.
«Wo nötig» Bewilligungen anpassen
Die Abstimmung im Ständerat fiel deutlich aus: Mit 27 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung schloss sich die Kleine Kammer dem Erstrat an. Damit wird der Bundesrat beauftragt, dafür zu sorgen, dass die Schweiz Zulassungsentscheide der EU für Wirkstoffe und PSM übernimmt. Matthias Bregy verlangt aber ausdrücklich auch, dass «wo nötig» die Produktbewilligungen an die schweizerischen Anwendungsvorschriften anzupassen seien. Trotzdem sollen allerdings, so Bregy, «in umliegenden Ländern zugelassene PSM ohne Verzögerung für den Schweizer Markt zur Verfügung gestellt werden können».

