In den ersten Lebenswochen ist das Kalb aufgrund seines noch nicht ausgereiften Immunsystems einem erhöhten Risiko ausgesetzt, an Infektionen zu erkranken. Die Nabelschnur ist dabei eine ideale Eintrittspforte für Bakterien, die so in die Bauchhöhle, in die Leber oder zur Harnblase gelangen können. 

Nabelentzündungen treten mit einer Häufigkeit von 5 bis 15 Prozent auf, so in einer Mitteilung des Schweizer Kälbergesundheitsdiensts (KGD) von 2018, wobei die Erkrankungs­rate zwischen den Betrieben erheblich variiert. Sie sind nach Lungenentzündung und Durchfall das häufigste Problem im Kälberstall. Zudem werden Nabelbrüche bei bis zu 8 Prozent der Kälber beobachtet. Beide Erkrankungen können potenziell tödlich enden. Umso wichtiger ist es, diese frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls den Tierarzt zu konsul­tieren. 

Kalb leidet deutliche Schmerzen bei Nabelinfektionen

In der Regel bleibt die Nabelschnur maximal vier Tage nach der Geburt feucht, trocknet dann ab und schrumpft zunehmend zusammen, um anschliessend nach ungefähr 14 Tagen abzufallen. Es bildet sich dann eine Kruste, und der gesunde Hautnabel vernarbt. Sind jedoch Keime eingedrungen, zeigen sich bei einer Nabelentzündung folgende Symptome:

  • das Kalb ist matt, frisst schlecht oder gar nicht,
  • der Nabelstrang ist verdickt, druckempfindlich und warm; im weiteren Verlauf fällt evtl. eitriger Ausfluss auf,
  • Fieber (über 39,5°C),
  • das Tier steht mit aufgekrümmtem Rücken, hat erkennbar Schmerzen, knirscht teilweise mit den Zähnen.
  • Nabelentzündungen werden mit einem Antibiotikum und Entzündungshemmer durch den Tierarzt über etwa eine Woche behandelt. 

Beste Vorsorge ist die frühe Verabreichung von Kolostrum

Treten gehäuft Nabelentzündungen auf, ist dies meist auf die zu späte oder nicht ausreichende Versorgung mit Kolostrum zurückzuführen, so Martin Kaske, Geschäftsführer und Tierarzt beim KGD. Die wichtigste Vorbeugungsmassnahme bei gehäuften Nabelentzündungen sei deshalb die frühe Verabreichung von sauber ermolkener Biestmilch zur freien Aufnahme. 

Zudem sollte auf Sauberkeit in der Abkalbebox und Hygiene bei der Geburtshilfe geachtet werden. «Im Unterschied zu früher gilt heute, dass der Nabel allenfalls von aussen mit einem Spray behandelt werden soll. Das Einbringen von Antibiotika in den Nabel gilt heute als obsolet», so Kaske.

Nabelbruch – Nabelring verrengt sich nach der Geburt nicht mehr

Nabelbrüche treten auf, wenn der physiologische Nabelring sich nach der Geburt nicht verengt und über 1 cm weit bleibt. Damit bildet sich eine Bruchpforte in der Bauchwand, durch die Eingeweideteile vorfallen können. Der sogenannte Bruchsack ist dabei innen durch das Bauchfell ausgekleidet und wird aussen durch die Haut gebildet. 

Angeborene Nabelbrüche:

  • werden meist in den ersten Tagen nach der Geburt bemerkt,
  • der Nabel ist hühnerei- bis kindskopfgross, nicht warm, feucht oder schmerzhaft,
  • wird das Kalb auf den Rücken gelegt, lassen sich die Eingeweide aus dem Bruchsack in Bauchhöhle zurückschieben.

Ausmästen ist problemlos möglich

Das Allgemeinbefinden der Kälber wird durch einen unkomplizierten Nabelbruch nicht beeinträchtigt, sagt Martin Kaske, Geschäftsführer und Tierarzt beim KGD. «Komplikationen können eintreten z. B. im Liegen durch Trittverletzung eines anderen Tieres. Diese sind aber selten.» Die Kälber können somit in der Regel problemlos ausgemästet werden, zumal sich die Bruchpforte innerhalb des ersten ­Lebenshalbjahres auch häufig spontan schliesst.

Lebensgefährlich sei jedoch die Einklemmung von Darmteilen in einem relativ kleinen Bruchsack. «Der Bruchsack ist dann schmerzempfindlich, und der Bruchinhalt kann nicht mehr in die Bauchhöhle zurückgedrückt werden. Das Tier zeigt aufgrund des mehr oder weniger ausgeprägten Darmverschlusses deutliche Koliksymptome», führt Kaske weiter aus. 

Operation statt Bruchbänder

Möglich ist eine Operation, um die Bauchwand zu verschliessen. Kaske rät zu einer Operation, wenn der Bruch auch nach vier bis sechs Wochen nach der Geburt noch vorhanden ist und dem Tier in Form von wiederholten kolikartigen Schmerzen Probleme bereitet.

Die alternativ zu einer Operation früher manchmal eingesetzten Bruchbänder um den Rumpf sind heute nicht mehr üblich, sagt er. Auch sei vom Auftragen reizender Mittel, um über eine Entzündung den Verschluss der Bruchpforte zu provozieren, nachdrücklich abzuraten – das gilt auch für das Absetzen des Bruchsacks durch die Anbringung hölzerner Kluppen.

Holstein ist vermehrt von Nabelbrüchen betroffen

Auf die Frage, ob bestimmte Rassen häufiger an Nabelbrüchen leiden, antwortet Martin Kaske: «Tiere der Rasse Holstein sind vermehrt von Nabelbrüchen betroffen im Vergleich zu Fleckvieh, Braunvieh und Kreuzungen. Zudem treten Nabelbrüche häufiger bei Kälbern mehrmaliger Kühe als bei Erstkalbinnen und häufiger bei weiblichen als bei männlichen Kälbern auf.»

Der deutliche genetische Einfluss kommt darin zum Ausdruck, dass bei einzelnen Stieren drastisch mehr Fälle (gemäss Literatur 9,7–37,5  %) auftreten als bei anderen. Stierkälber, die zur Zucht vorgesehen sind, müssten deshalb in den ersten Lebenswochen auf das Vorliegen eines angeborenen Nabelbruches untersucht werden. Bei Vorliegen des Defekts sollten sie von der Nutzung als Zuchttier ausgeschlossen werden – das gilt auch für weibliche Kälber, empfiehlt ­Kaske.