AboBesichtigung der Bohnen und Hirsen (oben) Ende Juni, wo auch Komposttee eingesetzt wird. Die Parzellen wurden gestriegelt, später sei auch ein Hackdurchgang nötig, erklärt Betriebsleiter Adrian Rubi (r.).AckerbauAdrian Rubi belebt den Boden mit Wurzeln und die Kulturen mit TeeMontag, 17. Juli 2023 Der schnelle Wechsel von hohen Temperaturen zum kürzlichen Wintereinbruch bedeutete Stress für die Ackerkulturen. Wenn jetzt das Wetter wieder mitspielt, wäre der Zeitpunkt günstig für eine Blattspritzung mit Komposttee. «Ich werde auch spritzen gehen», sagt Adrian Rubi. Der Landwirt aus Ruswil LU hat vor acht Jahren die Firma Edapro gegründet und sich auf Komposttee spezialisiert.

Nicht für die Rettung kränkelnder Bestände

Dabei handelt es sich um ein Pflanzenstärkungsmittel (Biostimulans) und somit weder um ein Dünge- noch ein Pflanzenschutzmittel, stellt Adrian Rubi klar. Komposttee komme präventiv zum Einsatz und nicht, um beispielsweise bereits kränkelnde Bestände zu retten. Im Internet findet man diverse Anleitungen zum Selberbrauen, neben Edapro gibt es weitere Anbieter von passenden Sets und Anlagen. «Der Komposttee ist nicht haltbar und muss innert vier Stunden ausgebracht werden», erklärt Rubi. Edapro hat das Selbstbrauen quasi standardisiert und verkauft ein Mikrobensubstrat, das aus einem Gemisch von Wurm- und sehr reifen (einjährigen) Heissrottekompost hergestellt wird. «Damit erreichen wir eine grössere Diversität an Mikroorganismen, denn Analysen haben gezeigt, dass sie sich je nach Kompostart unterscheiden.» Er empfehle jedem Landwirt, einen Wurmkompost anzulegen, fährt Rubi fort. Dazu müsse man lediglich Mist – oder anderes kompostierbares Material wie Laub oder Rasenschnitt – in einen Behälter füllen, aus dem das Wasser auslaufen und Luft einströmen kann. «Würmer hat es eigentlich in jedem Miststock», sagt der Luzerner, «aber stehendes Wasser ist für sie ein Problem.»

(Vorsorgliche) Wartefrist beachten

Mit eigenem Kompost lasse sich die Aufwandmenge des zugekauften Substrats verringert, so der Firmengründer. Zu beachten sei aber, dass ein Wurmkompost – im Gegensatz zur Heissrotte – keine hygienisierende Wirkung hat und damit gebrauter Tee aus Mist daher nur in Ackerkulturen eingesetzt werden darf. «Für die geprüften Edapro-Produkte gilt eine vorsorgliche Wartefrist von 30 Tagen bei Blattapplikationen, obwohl sie keine Pathogene enthalten», ergänzt Adrian Rubi. Beim Einsatz von eigenem Kompost ist weniger klar, welche Mikroorganismen am Ende im Tee landen. Labore könnten aber entsprechende Analysen durchführen, so Rubi.

Genügend Sauerstoff spielt sowohl beim Kompostieren als auch beim Teebrauen eine wichtige Rolle. Bei ersterem sorgen entweder häufiges Wenden der Mieten oder die Kompostwürmer für die nötige Durchlüftung. In den Komposttee-Braugeräte sorge eine Luftpumpe für die Anreicherung mit Sauerstoff. «Zur Vermehrung nützlicher Mikroorganismen muss das Milieu beim Komposttee in aeroben Bereich sein», erklärt Andrian Rubi.  

Versorgung via Blattanalysen bestimmen

Die Mikroorganismen spielen beim Ausbringen auf den Boden die Hauptrolle. Bei Blattapplikationen kommen laut dem Luzerner die Substanzen zum Tragen, die sie während des Brauvorgangs produzieren. Dazu zählen Signalstoffe, Vitamine und Enzyme. Das Hauptziel des Komposttees sei eine Verbesserung der Photosyntheseleistung der Kultur, erläutert Adrian Rubi. «In Zusammenarbeit mit einem Labor in Holland bieten wir Blattsaftanalysen an, die direkt Aufschluss geben über die Versorgung der Pflanze mit Stickstoff und anderen Nährelementen», fährt er fort. Durch diese Analyse werde klar, ob der Stickstoff von der Pflanze auch in Proteine eingebaut werden kann, und es seien über die Versorgung mit Silizium oder Phosphor auch Rückschlüsse auf die Bodenfruchtbarkeit möglich. «Die Blattsaftanalyse zeigt, ob die Massnahmen der Regenerativen Landwirtschaft erfolgreich umgesetzt werden konnten», fasst Adrian Rubi zusammen.

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Einfacher via Brix-Wert

AboZurbuchen bringt den Komposttee mit der Feldspritze oder mit der Gülle zusammen aus. Einen positiven Effekt konnte er aber nur bei der Gülleausbringung feststellen.PflanzenbauWo und wie wirkt Komposttee?Dienstag, 16. April 2024 Schliesslich sei der Zustand der Pflanze ein Spiegel der Bodenverhältnisse. Noch einfacher und schneller geht eine Einschätzung der Photosyntheseleistung mit einem Refraktometer. Dieses bestimmt aus einem Tropfen Blattsaft den Zuckergehalt als sogenannten Brix-Wert, den man mit Referenzwerten vergleichen kann. Das Gerät ist handlich und in der Anwendung ähnlich wie ein einfaches Mikroskop. «Die Ursachen eines tiefen Brix-Werts sind meist schwer zu bestimmen – ausser, der Boden ist verdichtet oder es liegt an widrigem Wetter», gibt Adrian Rubi zu bedenken. Eine Blattdüngung mit Komposttee bringe keine direkte Abhilfe, sie werde aber bei einem Mangel z. B. an Eisen sinnvollerweise mit einem ensprechenden Düngemittel kombiniert. «Das Teuerste beim Komposttee ist die Ausbringung», sagt der Landwirt, «daher macht es Sinn, die Überfahrt auf diese Weise doppelt auszunutzen.»

Hauptargument: Ertragsstabilität und weniger Input

AboÜber Wurzelausscheidungen beeinflussen Pflanzen das Bodenleben. Biologie und Chemie spielen dabei zusammen, wenn es etwa um die Verfügbarkeit von Nährstoffen geht.Regenerative LandwirtschaftDie Chemie muss stimmen – auch im BodenSonntag, 3. März 2024 Als Biostimulans soll Komposttee die Kultur vitaler und somit robuster gegen Stress, Krankheiten und Schädlinge machen. Gleichzeitig geben gesunde Pflanzen mehr Wurzelexudate ab, die nützlichen Mikroorganismen und damit der Bodenfruchtbarkeit zugutekommen. «Es sind bis zu 20 Prozent höhere Erträge möglich», meint Adrian Rubi vorsichtig, «aber unser Fokus liegt vielmehr auf der Ertragsstabilität und der Reduktion des Inputs.» Durch die Ernährung bzw. Ausbringung von stickstofffixierender Mikroorgansimen und einem allgemein aktiveren Bodenleben sollen weniger Dünger und dank gesünderer Bestände weniger Pflanzenschutzmittel nötig sein. «Komposttee kann aber keine Verdichtungen lösen oder einen bestehenden Nährstoffmangel beheben», betont Rubi. Daher stellt er auch keinen Ersatz für Bodenschutz, Dünger oder die Behandlung allfälliger Krankheiten oder Schädlinge dar. Es sei das Gesamtpaket einer umsichtigen, minimalen Bodenbearbeitung, vielfältigen Fruchtfolge und guter Kulturführung, das stimmen müsse.

 

Komposttee fürs Saatgut

Bald steht die Saat von Mais und Sonnenblumen an. Durch die Behandlung des Saatguts mit Komposttee sollen dem Keimling nützliche Mikroorganismen direkt mitgegeben werden: «Wenn das Saatgut keimt, ist es ein Wettlauf, ob zuerst ausreichend nützliche oder zu viel pathogene Mikroben da sind», erklärt Adrian Rubi das Prinzip. Er selbst behandle jeweils 25 kg Saatgut mit 0,5 L eingespritztem Komposttee in einem Betonmischer, wobei unter der Zugabe von Steinmehl eine trockene, hausgemachte Beizung entsteht. Die Pflanzen bildeten anschliessend ein dichteres Wurzelwerk und dieses sei stärker mit Erde behangen, schildert der Luzerner Landwirt. «Das ist ein Zeichen für viel Wurzelexudate bzw. ein aktives Bodenleben.»