Für viele Arbeitgebende gilt: «Wenn ich nichts sage, bin ich zufrieden. Bin ich nicht zufrieden, melde ich mich.» Und doch würde es sich lohnen, Mitarbeitende ab und zu zu loben. Denn: Durch Anerkennung werden ihre Leistungsreserven aktiviert. Eigeninitiative, Engagement und Arbeitsfreude entwickeln sich weiter.

Junge und Saisonkräfte

Besonders jüngere Personen und Saisonkräfte brauchen eine Bestätigung ihrer Leistung. Kritik bei Fehlern wird eher angenommen, wenn es für besondere Leistungen auch Lob gibt. Für Normalleistung gibt es keine Rückmeldung, das erwartet auch niemand. Ohne Lob für besondere Anstrengungen reduziert jeder seinen Einsatz bis auf «Dienst nach Vorschrift». Das gilt auch für mithelfende Familienmitglieder.

Lob dringt nach aussen

Wer durch Sorgfalt einen Fehler bei der Arbeit vermeidet, verdient bereits Anerkennung. Eine positive Bewertung ist angebracht, wenn jemand aufgepasst hat und einen Schaden abwenden konnte. Ein gelobter Mitarbeiter «revanchiert» sich meist, indem er sich bei seinen Kolleg(innen) und auch extern positiv über die Chefin oder den Chef und den Betrieb äussert. Aber: Wer beliebt ist, darf nicht mehr Anerkennung erhalten als ein Kollege. Es ist ungerecht, wenn Beliebtheit das Mass an Anerkennung bestimmt.

Über den Autor

Rolf Leicher aus Heidelberg (Deutschland) ist Betriebswirt, Berater und Fachautor 
mehrerer Bücher zum Thema Verkaufstraining.

Auch Familienmitglieder

Arbeitet jemand aus der Familie in der Landwirtschaft mit, z. B. die Schwiegertochter, Ehefrau, der Sohn oder Neffe, wird oft als selbstverständlich angesehen, dass die Leistung super ist. Sie wird dann leider nicht durch Lob honoriert.

Aber auch Familienmitglieder brauchen für besondere Leistung Anerkennung für ihr Selbstwertgefühl. Überstunden sollten wenigstens mit Lob «vergütet» werden, wenn es schon kein Geld dafür gibt. Wie selbstverständlich erledigen viele Frauen neben dem Haushalt den Job im Büro und entlasten ihren Mann. Und sie erfahren nur selten ein paar positive Worte.

Arbeiten Junior und Senior gemeinsam auf dem Hof, freut sich jede Generation, wenn die andere anerkennende Worte findet. Wer Anerkennung erfährt, wird das anerkannte Verhalten reproduzieren oder gar verstärken. Dieser Mechanismus ist wissenschaftlich gründlich untersucht und bestätigt worden. «Okay», «Einverstanden» oder «Passt schon» sind zu wenig und werden nicht als Anerkennung wahrgenommen.

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Ich-Botschaft ist optimal

Positive Bewertung einer Leistung sieht anders aus. Wirkungsvoll ist die Ich-Botschaft. «Ich finde, das hast du sehr gut gemacht» wirkt besser als «Gut gemacht». Die Wirkung kann weiter gesteigert werden, wenn man fragt, wie Mitarbeitende vorgegangen sind, was sie genau getan haben, um das Arbeitsergebnis zu erreichen. Ein Beispiel dafür könnte sein: «Wie hast du es denn geschafft, so schnell fertig zu werden?»

AboBitte recht freundlichMarzipan-Prinzip: Sympathisches Auftreten kann man lernenMittwoch, 29. November 2023 Feedback einer guten Leistung muss sofort erfolgen, kommt es zu spät, ist der Effekt halbiert. Bei positiver Leistungsbewertung kommt es auf die richtigen Worte an. 

So funktioniert es nicht

Diese vier Arten der Anerkennung gehen nicht:

  • Vergleichendes Lob: «Ja, das hast du wirklich sehr gut gemacht, Daniel, du arbeitest ja viel sorgfältiger als Sven.» Was macht nun Daniel? Kollege Sven fühlt sich zurückgesetzt, wenn Daniel ihm von diesem Vorfall berichtet oder er anderweitig davon erfährt.
  • Oberflächliches Lob: «Ja, das passt.» Mit diesen drei Wörtern fühlt sich der Mitarbeitende abgefertigt, die Worte werden nicht ernst genommen. Das ist kein Anreiz, sich weiterhin anzustrengen.
  • Vorwurfsvolles Lob: «Na, endlich klappt es auch bei dir, war ja auch höchste Zeit.» Das verunsichert Mitarbeitende, man fragt sich, was damit gemeint ist.
  • Ironisches Lob: «Na ja, du hast dich wenigstens bemüht.» Eingeschränktes Lob irritiert immer.

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Diese Punkte kann man anerkennen

Im Blickpunkt stehen die persönlichen Merkmale, mit denen jemand besondere Leistungen erbringt. Zuverlässigkeit und Belastbarkeit wirken sich auf Leistungserbringung aus. Aber auch Sorgfältigkeit und Arbeitstempo verdienen Anerkennung. Pünktlichkeit ist selbstverständlich und kein Anlass für ein Lob. Fachliche Merkmale, z. B. technisches Verständnis, perfekter Umgang mit Geräten und perfekte Fachkompetenz, verdienen auf jeden Fall eine positive Rückmeldung, vor allem bei jüngeren Mitarbeitern.

Unterschiedliche Herkunft

Die unterschiedliche Herkunft der Mitarbeitenden aus verschiedenen Kulturkreisen macht das Verteilen von Anerkennung für die Bäuerin oder den Landwirt nicht gerade leicht. Die gleichen Worte wirken auf Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern völlig anders, hinzukommen noch die sprachlichen Schwierigkeiten: Gesagt ist nicht immer verstanden. Es kommt darauf an, was der oder die Mitarbeiter(in) versteht, nicht, was die Bäuerin oder der Bauer meint. Mitarbeitende geben meist kein Feedback, zeigen nicht sofort, wie die Anerkennung bei ihnen ankommt.

Geld allein ist nicht ausschlaggebend

Fange man einmal mit Anerkennung an, wolle der Betreffende immer mehr und komme auch noch auf die Idee, mehr Gehalt zu verlangen, so rechtfertigen Landwirte gerne ihr sparsames Loben: «Wenn ich zu viel lobe, zieht das Lob nicht mehr.» Ein bekanntes Vorurteil lautet auch: Nichts motiviere besser als Geld. Motivation hängt zwar auch davon ab, aber eine Lohnerhöhung motiviert nicht dauerhaft, weil man sich schnell daran gewöhnt und neue Bedürfnisse entstehen.

Für den besonderen Einsatz sollte es deshalb nicht automatisch mehr Geld geben. In besonderen Fällen ist eine Prämie für Verbesserungen angebracht, wenn durch eine Idee die Einsparung von Kosten möglich wird.


Wie Anerkennung ankommt

Best Case                                                                                                                                                     Weniger gut

Anerkennung erfolgt direkt nach einer guten Leistung des Mitarbeitenden.

Nachträgliche Wertschätzung verliert an Bedeutung.

Die Anerkennung des Chefs  ist ausführlich und wirkt authentisch.

Durch Schlagworte («super», «toll»…) fühlt sich der Mitarbeiter abgefertigt.

Bei Anerkennung wird niemand bevorzugt.

Die Lieblingsmitarbeiter(innen) erfahren mehr Wertschätzung als die Kollegen.                                                            

Mitarbeitende erfahren, wie sich ihre Leistung auf den Betrieb auswirkt.

Die positive Bewertung zeigt nicht die positiven Konsequenzen für den Betrieb auf.

Blickkontakt und Gestik signalisieren die Echtheit der Anerkennung.

Fehlt die nonverbale Kommunikation, wirkt Lob aufgesetzt, nicht authentisch

Anerkennung von Kunden wird an   Mitarbeitende gleich weiter geleitet.

Lob von Kunden hat keine Priorität und wird nicht weiter gegeben.

Anerkennung wird in der Ich-Botschaft vermittelt.

Du-Botschaften wirken auch, aber schwächer.