Der grausame Riss einer trächtigen Mutterkuh auf der Bündner Alp Nurdagn am Schamserberg hat bei landwirtschaftlichen Organisationen harsche Reaktionen hervorgerufen.

«Neue Dimension»

Die Angriffe auf gealpte Nutztiere nehme eine neue Dimension an, schreibt der Schweizer Bauernverband (SBV) in einer Mitteilung. Die exponentiell wachsende Wolfspopulation bringe exponentiell wachsende und inzwischen für alle unübersehbare Probleme mit sich. «Die zunehmende Zahl der Wölfe und Wolfsrudel gefährdet die Alpwirtschaft», so der SBV weiter. Mit den Angriffen stiegen auch die Gefahren für Wanderer.

Es brauche nun neue Lösungen und eine rasche Revision des Jagdgesetzes, fordert der SBV. Letztere müsse nun «im Schnellzugstempo durch die Räte». Die vorberatende Kommission des Ständerats habe bereits die Vorarbeit geleistet. Zudem sei es elementar, dass die zuständigen Behörden die Abschussgesuche rasch genehmigten.

Mutterkuh Schweiz erklärt in einer Mitteilung, der Wolf sei schneller als die politischen Mühlen. Die für den Sommer 2022 beschlossenen Notmassnahmen seien nur ein Tropfenauf den heissen Stein, so der Verband der Mutterkuh-Halter. Die stark wachsende Wolfspopulation müsse nun auch proaktiv reguliert werden können. Der Verband warnt auch vor indirekten Auswirkungen der zunehmenden Wolfspräsenz: «Die absolut grösste Unberechenbarkeit sind Rinderherden, welche nach einem Wolfkontakt sehr unruhig sind und teilweise aggressiv gegen betreuende Personen und Wandernde reagieren», so Mutterkuh Schweiz. Der Bundesrat werde umgehend aufgefordert, Notmassnahmen zu beschliessen.

Beverin-Rudel schlägt erneut zu

Der Bündner Bauernverband und der Bündner Älpler(innen)-verband haben unterdessen eine Petition lanciert. «Bund und Kanton müssen unverzüglich den Wolfs-Notstand erklären», fordert diese. Namentlich müsse «der Rüde M92 zusammen mit dem fehlgeprägten und fehlgeleiteten Beverin-Rudel entfernt werden, um weitere grosse Schäden zu verhindern», so die Petition. Das Beverin-Rudel wird u. a. für den Riss der erwähnten Mutterkuh verantwortlich gemacht. 

Dieses hat nun offenbar erneut zugeschlagen und eine weitere Kuh gerissen. Laut einer Whatsapp-Mitteilung, die heute Donnerstag im Umlauf kam ist auf Alp Nera am Schamserberg eine weitere Mutterkuh angefallen worden, diese habe anschliessend eingeschläfert werden müssen, so die Nachricht. 

Landesübergreifende Alpenraum-Resolution

Ebenfalls am Donnerstag traf eine Mitteilung von Interessenvertreter der Alp-und Berglandwirtschaft aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Italien auf der Redaktion ein. Die 14 Organisationen haben eine gemeinsame Resolution verabschiedet, die die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes fordert. Die Wolfspopulation hab sich in den letzten Jahren im ganzen Alpenraum exponentiell vermehrt und stellt damit die Existenz der traditionellen Alpwirtschaft in Frage. Ein staatenübergreifendes Monitoring soll die Grundlage für eine wirksame Bestandesregulierung sein. 

Die Resolution wurde im Rahmen der Internationalen Alpwirtschaftlichen Tagung, die vom 29. Juni bis am 1. Juli in Visp stattgefunden hat verabschiedet. Die Schweizer Unterzeichner sind die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für das Berggebiet (SAB) und der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband (SAV) gehört zu den Mitunterzeichnern. Als Vertreter der Schweizer Alpbewirtschafter habe der SAV das Papier heute dem Gesamtbundesrat übergeben.