Agroforst wird als Lösung zahlreicher Probleme angeschaut. Er soll Mikroklimata schaffen, die Biodiversität fördern, den Ertrag der Kulturen steigern, den Kohlenstoffeintrag verbessern und zusätzlichen Lebensraum für die unterschiedlichsten Tiere schaffen. Ein offensichtlicher Nebeneffekt des Systems ist der Schatten, den Herdentiere je nach Witterung suchen. Dieses Problem expandiert zunehmend auch in höhere Lagen.

Es stellt sich also die Frage, ob Agroforstsysteme auch in Sömmerungsgebieten angedacht werden. Die BauernZeitung hat diesbezüglich bei Agroscope nachgefragt:

Herr Mariotte, die Vorzüge des Agroforsts sind bekannt. Wird dieser Ansatz auch in Sömmerungsgebieten untersucht?

Pierre Mariotte: Stand heute wird die Agroforstwirtschaft in den Sömmerungsgebieten nicht untersucht. Einerseits werden diese Systeme zunehmend aufgegeben, die Grünlandflächen werden immer kleiner. Ausserdem ist es aufgrund der klimatischen Bedingungen – kurze Vegetationsperiode, starke Schneelage während eines grossen Teils des Jahres – schwierig, Bäume in Höhenlagen anzupflanzen, und die Bäume wachsen sehr langsam. Das ist agronomisch nicht rentabel. Die meisten Alpweiden umfassen Waldgebiete, in denen die Tiere Schatten finden können, aber das ist nicht immer der Fall. Ich denke, die Lösung besteht darin, Weiden zu schaffen, die diese Waldgebiete umfassen, anstatt neue Bäume zu pflanzen, die aufgrund der klimatischen Bedingungen nur schwer anwachsen würden.

Wäre das Risiko einer potenziellen Verbuschung bei mangelnder Pflege des Agroforstsystems zu gross?

Ja, durchaus. Auf den Alpen haben wir viele Probleme mit der Verbuschung, insbesondere mit der Grünerle Alnus viridis. Das Risiko der Verbuschung ist bei den in den Alpen und im Jura verbreiteten Baumarten, mit Ausnahme der oben genannten Grünerle, jedoch gering, da diese auf den Alpweiden nur sehr langsam wachsen.

Gibt es Bestrebungen, das System hinsichtlich der Klimaerwärmung vermehrt auch in höhere Lagen zu bringen und wäre auch auf Alpweiden ein positiver Effekt des Agroforsts zu erwarten?

In den Alpen, speziell im Jura, werden Anstrengungen unternommen, um die Waldweiden zu erhalten, die eine Form der Agroforstwirtschaft darstellen – diese Systeme haben einen hohen agronomischen und kulturellen Wert. Sie sind durch das allmähliche Verschwinden der Fichte Picea abies aufgrund des Klimawandels bedroht. Mehrere Studien haben jedoch gezeigt, dass Waldweiden, also der Teil mit Grasflächen, widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel sind als offene Wiesen ohne Bäume. Dies ist eher Teil der Forschung zur Erhaltung dieses Ökosystems als zur Schaffung neuer Agroforstsysteme.

Wo steht Agroscope in Bezug auf die Entwicklung von Agroforstsystemen?

Bei Agroscope setzen wir eher auf Agroforstwirtschaft in tieferen Lagen – 350 bis 800 m – und haben ein Agroforstprojekt zur Futtermittelproduktion entwickelt. In diesem Projekt dienen die Baumhecken eher dazu, im Sommer, wenn der Ertrag der Wiesen aufgrund von Trockenheit geringer ist, zusätzliches Blattfutter zu liefern, als Schatten zu spenden. Eine Kombination aus Futterhecken und Hochstammbäumen könnte jedoch eine Ergänzung darstellen.

Zur Person
Pierre Mariotte ist stellvertretender Leiter der Gruppe Weidesysteme bei Agroscope.

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