Es ist kurz vor Feierabend. Die Sonne geht langsam unter. Die sechsköpfige Familie Ziegler hat einen grossen Moment vor sich, auf den sie lange gewartet hat. Die Schafe scheinen zu merken, dass es sich um sie handelt. Die ersten Tiere halten bereits neugierig am Gatter Ausschau. Mit Besen ausgerüstet stehen die Jungmannschaft und Ehefrau Gabriela Ziegler am Wegrand bereit, um den Tieren die richtige Richtung zu weisen, zum neuen Stall, der direkt nebenan liegt. Der grosse, lichtdurchflutete und freistehende Holzbau bietet für knapp 600 Lämmer Platz.

Es war ein steiniger Weg

Der 40-Jährige öffnet den alten Stall, der am Bauernhaus angebaut ist und lässt die jungen Schafe hinaus. Schnell begreifen die rund 180 Tiere, wo sie hinmüssen. Alle sind drin. Das Tor ist zu. Arthur Ziegler strahlt über das ganze Gesicht. Er schaut zufrieden in die Tierherde und meint erleichtert: «Jetzt bin ich angekommen – angekommen am Ziel nach einem langen, steinigen Weg.» Skeptiker, die ihm die Umsetzung erschwerten, verzögerten die Durchführung seines Bauvorhabens. Doch daran will er jetzt nicht mehr denken müssen. Er lehnt mit dem Rücken an der Wand. Das Holz riecht noch frisch. Ziegler blickt auf die vergangenen Jahre zurück.

Vom Hund zum Schaf

Seit über 3 ½ Jahren ist er am Planen für einen tiergerechten Lämmerstall. Der gelernte Zimmermann ist in der Landwirtschaft ein Quereinsteiger. Persönliche Umstände zwangen ihn vor Jahren dazu, seinen erlernten Beruf an den Nagel zu hängen. Mehr durch Zufall ist er auf das Schaf gekommen. Mit der Aufzucht von Lämmern öffnete er einer Nischenproduktion die Tore. Ziegler erinnert sich noch gut, wie alles begann. Vor über 12 Jahren fand ein Hund bei der jungen Familie ein Zuhause. «Border Collies sind Arbeitshunde und unser Rasti liebte Schafe», sagt Ziegler. Er absolvierte mit ihm Hirtekurse, und beide hatten grossen Spass. Es ging nicht lange, da zogen auf dem ehemaligen Bauernbetrieb vier Skudden-Schafe ein. «Platz war genug vorhanden und mit diesen Tieren von Pro Specie Rara konnten wir zum Erhalt einer speziellen Rasse beitragen», sagt Ziegler. Die Freude an der Landwirtschaft sowie die Herde wuchsen. Ziegler lernte Schafskäse herzustellen und vermarktete das Fleisch. Der Wunsch, die Meisterprüfung in der Landwirtschaft zu absolvieren, stieg.

Aus Utopie wird Realität

Er erzählt, wie er auswärts auf einem Bauernbetrieb arbeitete, der immer wieder überschüssige Milch hatte. Nebenan führte ein Landwirt ein Milchschafbetrieb und wusste zum Teil nicht wohin mit den Lämmern, die nicht für die Zucht geeignet waren. «Das Wegleeren der Milch machte mir Mühe, und so entstand die Idee, sie für die Lämmer aufzubereiten.» Die Idee funktionierte. Das machte die Runde und er erhielt immer mehr Anfragen für die Lämmeraufzucht. Aus dem Hobby wurde ein Betrieb. Dieser umfasst unterdessen 4,5 Hektaren Land und zirka 580 Lämmer von Lacaune- und ostfriesischen Milchschafen.

Hochwertiges Produkt

Ziegler erhielt von Coop eine Anfrage, um Osterlämmer aufzuziehen. «So ein Angebot erhält man nicht alle Tage», sagt er. Doch damit er die gewünschte Menge an Tieren liefern konnte, musste er Platz für 400 Tiere schaffen. Nebst den Osterlämmern kamen von Coop an Weihnachten weitere Bestellungen ins Haus. Der Platz auf dem Hof wurde enger, die Nachfrage stieg. Mit den verschiedenen Provisorien war Ziegler nicht glücklich. «Es war ein ‹Gebastel›, für die Tiere sowie den ganzen Betriebsablauf einfach nicht ideal», sagt er.Durch verschiedene Gespräche und nach langen Überlegungen entstand die Idee mit einem neuen Stall für das Nischenprodukt Lämmeraufzucht. Aus einer Idee wurde Realität. Viel Licht, genügend Platz, gute Luft, aber kein Durchzug waren für ihn bei der Planung massgebend.

Am Ziel angekommen

Durch den steinigen Weg verzögerte sich seine Ausbildung mit der Meisterprüfung. «Es war ein langer Weg, vielmals fast zu viel, streng und oft ein ‹Morx› – aber jetzt stimmt es für mich», sagt er. Den neuen Lämmerstall konnte er für seine Diplomarbeit als Betriebsstudie nutzen. Darauf ist er stolz. «Diese bereitete mir einige schlaflose Nächte. Es war eine grosse Arbeit und nicht geschenkt», sagt er und ist erleichtert, auch dies abgeschlossen zu haben. Rund 700 000 Franken investierte Arthur Ziegler in seinen neuen grosszügigen, lichtdurchfluteten Stall mit Photovoltaikanlage. Ziegler ist wichtig, dass die Tiere gesund aufwachsen können und er damit ein qualitativ hochwertiges Produkt weitergeben kann. Die Sonne ist bereits untergegangen. Er steht immer noch da mit Blick in den Stall auf die Schafherde. Das Blöken ist fast verstummt. Einige Tiere haben bereits die Futterkrippe entdeckt, andere den Ausgang in den Aussenbereich und wenige stehen da und schauen sich einfach um. Das neue Zuhause scheint allen zu gefallen. Ziegler ist angekommen und glücklich.

Daniela Ebinger

 

Dieser Artikel ist aus der Printausgabe

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