Präsident Markus Gerber zeigte sich in seinen einleitenden Ausführungen erfreut, dass die Versammlung nach zwei Jahre Unterbruch wieder in ihrer üblichen stattlichen Grösse im Berner Kursaal stattfinden konnte. Die 322 Delegierten und die rund 70 Gäste füllten den grossen Saal anlässlich der 132. Durchführung gut. Damit waren rund 20 Prozent der Delegierten vertreten.

Potenzial für bessere Zellzahlen bei Holstein

Gerber äusserte Besorgnis über den Krieg in der Ukraine. Dieser zeige auf, wie bedeutsam die Lebensmittelversorgung global sei. Die Schweizer Milchproduktion betrachte er vor diesem Hintergrund als standortgerecht und auf gutem Weg. Er betonte, dass die von der Branchenorganisation Milch beschlossene Preiserhöhung dringend nötig sei und das Preissignal auch vor dem Hintergrund der steigenden Produktionskosten sofort umgesetzt werden müsse.

Direktor Matthias Schelling erklärte in seinem Jahresbericht, dass der Verband auch das zweite Corona-Jahr gut überstanden habe. Der Mitgliederbestand nahm im Jahr 2021 leicht ab auf 8613 (-113 gegenüber dem Vorjahr). Erfreut zeigte er sich darüber, dass sich der Bestand der weiblichen Herdebuchtiere leicht erhöht hat (um 433 auf 229'397).

Besamungs- und Ausstellungs-App in der Pipeline

Weil Holstein in der Zukunft ebenfalls mit Qualitas arbeitet, habe ein neues Zeitalter für die Züchter bezüglich Online-Dienstleistungen angefangen, sagte Schelling. Alle Züchter dürften auf die Resultate dieses enormen Projekts gespannt sein. Nächster Schritt seien Apps für Besamungen und für Schauen. Dieses Katalog- und Ausstellungsapp soll auch den Schauexperten die Arbeit erleichtern. Sie sollen künftig nicht mehr mit Papier arbeiten müssen.

Für die umfangreichen Programmierarbeiten und die Zusammenführung der Datenmengen bei Qualitas suche man immer Spezialisten. «Wenn Sie jemanden kennen, der programmieren kann sowie einigermassen weiss, wo bei der Kuh hinten und vorne ist, dann soll sich die Person bei mir melden», sagte Schelling.  

Von Ueli zu Ueli

Im Traktandum Wahlen wurde Ueli Bach aus Turbach ersetzt. Er hat die Amtszeitbeschränkung von 12 Jahren erreicht und ist kürzlich zum neuen Präsidenten von Swissgenetics gewählt worden. Markus Gerber rühmte die gute Zusammenarbeit mit seinem Vizepräsidenten. Mit Applaus wurde Bach zum Ehrenmitglied ernannt. Er bedankte sich seinerseits für die gute Zusammenarbeit auf allen Stufen.

Als Nachfolger wählten die Delegierten einstimmig Ueli Schärz aus Aeschi bei Spiez im Kanton Bern. Er werde nicht nur ein Vertreter des Wahlkreises 3, sondern auch des gesamten Berggebiets sein, sagte Stefan Schumacher, welcher den Kandidaten präsentierte.

Schärz ist 44-jährig, ist verheiratet mit Brigitte und hat vier Kinder. Seine Hobbies oder besser gesagt Leidenschaften seien Viehzucht und Schwingen. Er sei der totalen Überzeugung, dass als Kontrast zu den Hochleistungszüchtern aus dem Flachland auch das Berggebiet und die Rasse Simmentaler einen Vertreter im Vorstand brauchten. Er sehe einen starken Trend zur Robotisierung und Digitalisierung, sagte Schärz. Präsident Gerber würdigte ihn als starken Züchter und erinnerte an den Senior-Missen-Titel, den Schärz am vergangenen Wochenende mit seiner Kuh Azelea an der SVS-Reinzüchter-Ausstellung erreicht hat.    

Die bisherigen Vorstandsmitglieder Erich Walder (Buch am Irchel, Kt. Zürich), Ronny Schweizer (Buus, Baselland), Adrian Weber (Niederried, Bern), Samuel Brönimann (Onnens, Freiburg), Olivier Chambaz (Duillier, Waadtland) und Markus Gerber (Bellelay, Bern) wurden für eine nächste Amtszeit wiedergewählt. Präsident Markus Gerber wurde per Applaus für eine weitere vierjährige Amtszeit gewählt.

Umstrittene Statutenänderung

Einziger umstrittener Punkt der Versammlung war eine vom Vortrag beantragte Statutenanpassung. Dieser möchte künftig die Stellvertretung von Delegierten ermöglichen. So soll künftig ein Delegierter insgesamt 5 Stimmrechte ausüben können.

Dem Viehzuchtverein Tägertschi ging dies zu weit. Mit fünf Stimmrechten pro Delegiertem drohe die demokratische Tradition des Verbands verloren zu gehen. Das dafür notwendige elektronische Abstimmungsverfahren sei ausserdem sehr teuer. Der Verein beantrage maximal 3 Stimmen pro Delegiertem, sagte dessen Vertreter Jürg Küng. Stefan Schumacher unterstützte namens des Bernischen Teilverbands den Antrag aus Tägertschi. Damit könne auch künftig mit Stimmkarten gearbeitet und auf elektronische Hilfsmittel verzichtet werden.

Der Antrag des Vorstands wurde mit 163 zu 137 Stimmen (22 Enthaltungen) abgelehnt. Besser erging es dem Antrag aus dem Emmental, diesem erteilten die Delegierten hauchdünn die nötige Zweidrittelsmehrheit von 215 Stimmen für eine Statutenänderung. Das Verdikt lautete auf 216 Ja zu 78 Nein (28 Enthaltungen).  Somit kann künftig ein einzelner Delegierter maximal 2 Kollegen vertreten.

Martin Rufer will ein klares Nein zur MTI

«Alle Jahre wieder», sei man versucht zu sagen, so Martin Rufer, Direktor des  Schweizer Bauernverbands (SBV). Er kam ohne Umschweife auf die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) zu sprechen. Die Rindviehhalter seien zwar weniger stark betroffen, als die Hühner- und Schweinebetriebe, allerdings käme es auch hier zu markanten Konsequenzen, namentlich ein RAUS-Obligatorium, womit auch die entsprechenden Direktzahlungen wegfallen würden. 

Er warnte vor einer Einschränkung der Wahlfreiheit und einer Verteuerung der Schweizer Produktion um 20 bis 40 Prozent. Dadurch würde als direkte Folge auch der Einkaufstourismus verstärkt, so Rufer. Das sind Argumente, welche bereits im Kampf gegen die Agrar-Initiativen verfingen.  Es sei wichtig, dass ein klarer Sieg resultiere, sagte Rufer. «Es braucht ein klares Nein als Signal an die Politik», so der SBV-Direktor.