Es sei ein weiteres erfolgreiches, aber auch herausforderungsreiches Geschäftsjahr gewesen, sagte Präsident Mathias Gerber anlässlich der Vereinsversammlung von Mutterkuh Schweiz im aargauischen Brunegg. Knapp 200 der gut 6000 Mitglieder sind der Einladung gefolgt.
Klimaeffekte um 3 bis 10 Prozente reduziert
Gerber erwähnte unter anderem die steigende Regulierungsdichte, die zunehmende Bedrohung durch den Wolf und die extremen Witterungsbedingungen. Zwar hätten späte Regenfälle noch für Entspannung gesorgt, die Betriebe müssten aber klimatechnisch resilienter werden.
Derweil stehe die Kuh mitten in der Klimadiskussion, meist als Schuldige. Dabei seien die Potenziale für den Abbau des Schadstoffausstosses aber relativ gering, unterstrich Gerber. Geschäftsführer Urs Vogt erklärte aber später, den Mutterkuhhaltern sei durch die Anstrengungen in den letzten Jahren gelungen, die Klimaeffekte der Haltung um 3-10 Prozent zu senken.
Vogt erläuterte einige wichtige Zahlen. Die Mitgliederzahl sorgt für leichte Sorgenfalten im Verband. Zwar hat deren Zahl 2022 noch minim zugenommen (um 2 auf 6003), die Betriebszahl war im vergangenen Jahr aber bereits leicht rückläufig (um -8 auf 5829). Jedes Jahr brauche man 50 bis 100 neue Betriebe, um diejenigen zu ersetzen, die altershalber austreten oder den Betrieb aufgeben, so Vogt.
76 Sanktionen auf 2500 Kontrollen
Derweil hat die Zahl der Kühe weiter zugenommen. Sie lag Ende 2022 bei 102'281 Stück, das sind 881 mehr als im Jahr zuvor. Auch die Zahl der vermarkteten Schlachttiere hat zugenommen. Diese bezifferte Vogt auf 66’573, für 2023 sei mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Die Arbeit des Vereins sei erfolgreich, so Vogt, den Produzenten habe kumuliert über alle Produzenten 2022 eine Differenz von 30 Mio Fr. gegenüber dem normalen QM-Preis ausbezahlt werden können.
Meike Wollenberg Martínez, Leiterin von Beef Control gab einen kurzen Überblick zur Sanktionierung. 2500 Betriebe wurden kontrolliert, deren 76 erhielten eine Sanktionierung, davon 57 befristete Anerkennungen, 18 Liefersperren und ein Ausschluss. Dies sei ein hervorragendes Ergebnis, sagte sie anerkennend.
Agrarallianz in der Kritik
Die Liefersperren erfolgten in sechs Fällen wegen Einsatz von sojahaltigen Futtermitteln, viermal wegen der Trennung von Kälbern und Müttern, je dreimal wegen fehlendem Auslauf und zu wenig Tiersauberkeit. Punkto Trennung von Mutterkühen und Kälber sagte sie, wenn sie zwei Tage daure, sei dies kein Problem, wenn sie aber zwei Wochen oder mehr betrage und dies auffliege, könne dies zum Vereinsausschluss führen.
Einen freiwilligen Austritt wollte Mitglied Jürg Bärtschi der Versammlung schmackhaft machen, nämlich denjenigen aus der Agrarallianz. Dieser Vorschlag stiess allerdings auf wenig Resonanz. Mathias Gerber erklärte, man arbeite bei der Organisation eng mit IP-Suisse und Bio Suisse zusammen.
So könne man die bäuerlichen Standpunkte einbringen. Das sei vorteilhaft, auch wenn man oft nicht einig sei mit den ebenfalls vertretenen Umweltorganisationen. Diese Präsenz habe mit dazu beigetragen, dass die Agrarallianz bei den jüngsten Volksabstimmungen keine inhaltlichen Stellungnahmen abgegeben habe.
Die Herausforderungen und Chancen
Der Präsident der Landwirtschaftsdirektorenkonferenz (LDK) Stefan Müller hielt nach den traktandarischen Geschäften ein Referat. Der Appenzeller Regierungsrat aus Innerrhoden ist selber Mutterkuhhalter und erläuterte den Kolleg(innen) die agrarpolitische Situation kombiniert mit der Aufzählung der wichtigsten Herausforderungen.
Als Stärken der Schweizer Landwirtschaft sieht Müller:
- Die gute Ausbildung
- Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen
- Die robuste Nachfrage nach Qualitätsprodukten
- Der Agrarvollzug funktioniert grundsätzlich gut
Die Schwächen aus Sicht des LDK-Präsidenten:
- Teils schlechte Wirtschaftlichkeit auf den Betrieben
- Anteil am Konsumentenfranken ist zu tief
- Teils fehlende Markttransparenz in den Wertschöpfungsketten
- Zu geringer Beitrag der Ernährungswirtschaft
- Zu viele Detailvorschriften beim agrarpolitischen Instrumentarium
Grosse Chancen sieht Müller auch in der guten Ausbildung der Bäuerinnen und Bauern, bei der hohen Innovationskraft und bei einem nach wie vor grossen Rückhalt bei der Bevölkerung. Ebenso positiv beurteilt Müller die Produktepalette und die Bereitschaft, für heimische Produkte etwas mehr auszugeben. Als Herausforderungen nannte er die Versorgungslage national und international, sowie die Klimaerwärmung und gesellschaftliche Entwicklungen, die möglicherweise das Einkommensniveau und die Zahlungsbereitschaft mindern könnten.