Die Mutterkuh-Schweiz-Mitglieder der Kantone Glarus, Schwyz und Zug trafen sich anlässlich ihrer Regionaltagung auf dem Betrieb Früebüel auf dem Zugerberg. «An einem schönen Samstag müssen wir die Maschinenarbeiten auf unserem Hof bereits zeitig am Morgen beendet haben, da es danach infolge der vielen Wanderer, Velofahrer und Spaziergängern aus der Region Zug kaum mehr ein Durchkommen gibt», erklärte Christoph Jenni, der Bereichsleiter Tierhaltung vom Agrovet-Strickhof. Dieses Problem hatten die zahlreichen Besucher der Regionaltagung nicht, die Zufahrt zum Betrieb war an diesem kühlen und nebligen Märzentag uneingeschränkt möglich.

Ehemalige Strafanstalt

Der Hof Früebüel war ehemals eine militärische Strafanstalt und ist heute einer von fünf Betrieben des Agrovet-Strickhofs. Die weiteren Standorte befinden sich in Lindau, Wülflingen und Uitikon und auf der Alp Weissenstein im Albulagebiet. Auf dem Früebüel bieten sich aufgrund seiner Höhenlage von 1000 m ü. M. Forschungsarbeiten zum Thema Berglandwirtschaft wie beispielsweise extensiv gehaltenen Mutterkühen und Schafen an. Von den total 60 Hektaren Fläche sind 32 Hektaren normales Wies- und Weideland. Dazu kommen 12 Hektaren Moorflächen, 3 Hektaren Wald, 6 Hektaren extensive Wiesen und 7 Hektaren Wildgehege. Je nach Versuchsarbeiten werde Futter mit den anderen Betriebsstandorten ausgetauscht. Aktuell stehen auf dem Früebüel 32 Mutterkühe und 50 Mutterschafe im Stall, den Sommer verbringt alles Vieh auf der Alp.

«Wir sind Dienstleister für die Forschung

Christoph Jenni, Bereichsleiter Tierhaltung von Agrovet-Strickhof.

Die Mutterkühe werden im umgebauten Milchviehstall auf Liegeboxen mit Kalkstrohmatratze gehalten. «Die Rassenfrage wird am Agrovet-Strickhof ganz oben entschieden», erklärte Christoph Jenni bei der Betriebsvorstellung. Die Strickhof-Führung setze aktuell auf eine OB-Herde mit graslandbasierter Fütterung. «Mit ausgewählten Tieren unserer Herde züchten wir mittels künstlicher Besamung rassenrein weiter, die anderen Tiere werden aktuell vom mitlaufenden Angus-Muni gedeckt», so Christoph Jenni. Auf dem Betrieb stehen hornlose Tiere, da sich im Stall viele Besucher und Forscher aufhalten und mit enthornten Tieren die Unfallgefahr gesenkt werden kann. «Hornlose Genetik wäre in der Mutterkuhhaltung für die Original-Braunvieh-Zucht aus meiner Sicht sehr interessant», erklärt Christoph Jenni. Optisch würden ihm zwar schöne OB-Kühe mit Horn sehr gefallen und er sei sich auch bewusst, dass die hornlose Genetik nur mit der Aufgabe der Reinrassigkeit möglich sei. Aber die Nachfrage nach hornloser OB-Genetik wäre auf den Mutterkuhbetrieben sicher vorhanden. «Das Enthornen ist auch immer ein Eingriff in das Tier.»

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Von Angus zu OB

Bis vor sieben Jahren habe auf dem Früebüel noch eine Angus-Herde gestanden, bevor man auf die Doppelnutzungsrasse umgestellte. Die Original-Braunvieh-Herde wurde mit zugekauften Tieren aus Milchkuhbetrieben aufgebaut. OB sei in diesem Gebiet sicher standortgerecht. Die Strategie 100 Prozent Original Braunvieh stimme heute, das könne sich aber schnell ändern. «Je nach Versuchsarbeiten kann es sein, dass plötzlich auf eine andere Rasse und eine neue Fütterungsstrategie gesetzt wird», so Christoph Jenni. Als Leiter des Bereichs Tierhaltung sei er in erster Linie ein Dienstleister für die Forschung und erst in zweiter Linie Landwirt.

Versuche mit Molke und Futterzusatz

In der Schweiz würden 70 Prozent der Flächen aus Grasland bestehen, entsprechend standortangepasst sei auch die Haltung von Raufutterverzehrern, erklärte Helena Luisier-Sutter, Projektleiterin am Agrovet-Strickhof an der Mutterkuhtagung. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten, den Methanausstoss bei Wiederkäuern zu mindern. So könne sich die Langlebigkeit, eine Leistungssteigerung, eine verbesserte Raufutterqualität oder auch die Genetik positiv auf die Methanminderung auswirken. Ein weiterer möglicher Weg seien Futterzusätze. Dazu führte Helena Luisier-Sutter ein Projekt am Agrovet-Strickhof durch. Es gäbe verschiedene Arten von Futterzusätzen, mit welchen sich eine Minderung realisieren lasse. Als Beispiele nannte sie Probiotika, ätherische Öle, Leinsamen oder Tannine. In ihren Untersuchungen konzentrierte sie sich auf wasserlösliche Kohlenhydrate in der Molke und den synthetischen Futtermittelzusatz Bovaer. Als positive Punkte beim Einsatz von Molke/Molkenpulver erwähnte Helena Luisier-Sutter den Preis, die Verfügbarkeit und dass diese bei gemeinsamem Einsatz auch die Wirkung von Bovaer zu erhöhen scheinen. Allerdings gebe es auch Herausforderungen wie die Fressbarkeit, die Hygiene und den Transport. Der Futtermittelzusatz Bovaer selber sei einfach anzuwenden und senke den Methanausstoss zuverlässig. Auch seien keine negativen Auswirkungen auf die Tiergesundheit bekannt. Allerdings führe Bovaer zu zusätzlichen Kosten und vor allem auf der Weide sei die Applikation kaum praktikabel.

Methanreduktion proaktiv angehen

«Es ist wichtig, unseren Partnern aufzeigen zu können, dass wir das Thema Methanreduktion proaktiv bearbeiten», erklärte Stefan Probst, Regionen-Vertreter und Vorstandsmitglied bei Mutterkuh Schweiz an der Regionaltagung der Kantone Glarus, Schwyz und Zug. Das sei der bessere Weg, als wenn strikte Vorgaben von Abnehmerseite umgesetzt werden müssten. Auch wenn es in der Mutterkuhhaltung infolge des hohen Weideanteils anspruchsvoll sei, die Emissionen zu reduzieren, sei es sinnvoll, in die Forschung zu investieren, um praktikable Lösungen zu finden. Entsprechend wertvoll seien Forschungsbetriebe wie das Früebüel.

Das Tierwohl sei die grosse Stärke der Mutterkuhhaltung. Der Markt habe den hohen Tierwohlstandard und die gute Fleischqualität bisher honoriert. Das hohe Tierwohl beisse sich allerdings teilweise mit der geforderten Reduktion des Klimagas-Ausstosses. Allfällige Mehrkosten, wie sie von der Methangasreduktion verursacht würden, müssten aber auf dem Markt wieder finanziert werden können – oder aber über Massnahmen der öffentlichen Hand entschädigt werden. Zu klären sei zudem auch die Frage, wer sich die Reduktionen anrechnen lassen könne. Trotz der Herausforderungen blickt Stefan Probst positiv in die Zukunft. «Ich bin überzeugt, dass, auch wenn die Kuh natürlich nachweislich Methan ausstösst, die Mutterkuhhaltung auch aus Klimasicht vieles richtig macht.»