Die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) hält die Branche auf Trab. Nur kurze Zeit, nachdem man in einer konzentrierten Abwehrschlacht die beiden Agrar-Initiativen gebodigt hat, folgt nun das Volksbegehren für verschärften Tierschutz.

Debatte morgen Dienstag

Am Dienstag, 14. Dezember 2021 wird sich nun die grosse Kammer mit dem Begehren beschäftigen. Im Vorfeld haben sich wie üblich zahlreiche Lobbyorganisationen schriftlich bei den Volksverteter(innen) gemeldet, um deren Meinung nach ihrem Gusto zu ändern.

Zu diesen Briefeschreibern gehört auch die Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie (VMI). In ihrem Bittschreiben empfiehlt sie den Volksvertreterinnen, die MTI selber und den direkten Gegenvorschlag des Bundes abzulehnen. Hingegen sei man «gegenüber der Ausarbeitung eines indirekten Gegenentwurfs offen», so das Schreiben.

«VMI handelt gegen Interessen der Produzenten»

Dieser Vorschlag kommt nun den Produzentenvertrertern in der Branchenorganisation Milch (BOM) in den falschen Hals. «Die Milchindustrie handelt damit gegen die Interessen der Produzenten», sagt BOM-Vizepräsident Ruedi Bigler. Es gebe in der Schweiz ohnehin keine Massentierhaltung und die Haltung von Rindvieh stehe nicht im Fokus der Initianten, so Bigler. «Zudem arbeiten wir gemeinsam mit der Milchindustrie an der Weiterentwicklung des Branchenstandards Swissmilk Green (auch grüner Teppich genannt, Red.), und zwar auch im Bereich Tierwohl», fährt er fort. Deshalb sei es unverständlich, wenn der VMI nun einen indirekten Gegenvorschlag unterstützt.» Ein solcher wird auch von den SMP und vom SBV klar abgelehnt.

AboSessionsvorschauMassentierhaltungs-Initiative: «Der indirekte Gegenvorschlag ist nur noch für die Galerie»Montag, 29. November 2021  Auf Nachfrage präzisiert VMI-Präsident Markus Willimann die Position der VMI: «Ja, wir sind gegenüber einem indirekten Gegenvorschlag offen, sofern sich dieser eng an den Branchenstandard (also den grünen Teppich, Red.) anlehnt». Zudem müsse er «die Eigenverantwortung der betroffenen Branche stärken und auch weitere bestehende Programme mit einbeziehen». Willimann betont, dass er sich von einem indirekten Gegenentwurf – also einer grundsätzlichen politischen Unterstützung – Rückenwind für die laufende Weiterentwicklung des Branchenstandards erhoffe. Auf dem «grünen Teppich» ist für 2023 ein nächster Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl geplant.      

Fromarte dafür, falls Initiative zurückgezogen wird

Auch der Käserverband Fromarte befürwortet im Grundsatz einen indirekten Gegenvorschlag, so Präsident Hans Aschwanden. Allerdings werde man, klassischer Kuhhandel, nur dann zustimmen, wenn die Initianten im Gegenzug ihre Initiative zurückziehen, sagt Aschwanden.

Rückenwind erhalten die Befürworter auch von einer Petition, die am Montag mit gut 8000 Unterschriften eingereicht worden ist. Schon am Wochenende war via «SonntagsBlick» publik geworden, dass die IG Detailhandel, ein politisches Lobbyvehikel von Migros, Coop und Denner einen indirekten Gegenvorschlag befürwortet.

Die Debatte zur MTI können Sie morgen Vormittag Dienstag, 14. Dezember hier live verfolgen. Wann genau die Debatte stattfindet ist aufgrund diverser anderer vorgängiger Geschäfte unbestimmt. Falls die Debatte morgen nicht abgeschlossen wird, kommt es am Mittwoch zu einer Fortsetzung. 

Noch kein Wortlaut für den indirekten Gegenvorschlag
Die Chance, dass ein indirekter Gegenvorschlag zur Massentierhaltungs-Initiative kommt, ist sehr gering. Erstens fehlt für ein solches Begehren die Unterstützung im Parlament. Und zweitens sind die Fristen derart eng, dass diese laut den Parlamentsdiensten nur mit sehr sportlicher Aktivität der Verwaltung zu realisieren wäre. 
Der indirekte Gegenentwurf ist eine Idee einer linken Minderheit der nationalrätlichen Wirtschaftskommission WAK-N, bestehend aus Mitgliedern von GP, GLP und SP, angeführt vom Grünen Kilian Baumann. Diese Minderheit verlangt eine
Rückweisung des Geschäfts an die Kommission, mit dem Auftrag eine parlamentarische Initiative für einen indirekten Gegenentwurf zu beschliessen. Dieser solle sich an folgenden Eckwerten orientiert: «Das Tierwohl soll unter Berücksichtigung einer standortangepassten, marktkonformen Produktion und der ökologischen Tragfähigkeit gestärkt werden. Die Eigenverantwortung der betroffenen Branchen- und Produzentenorganisationen sind dabei zu fördern und die Marktchancen zu nutzen. Im Weiteren sollen die Handelsbeziehungen so ausgestaltet werden, dass sie dem Tierwohl dienen.» Ein eigentlicher Wortlaut liegt aber Stefan Flückiger, der als Geschäftsführer Agrarpolitik beim STS fungiert, noch nicht vor. Vielmehr müsste die WAK-N nach einer wie erwähnt sehr unwahrscheinlichen Rückweisung, einen solchen Text ausarbeiten.